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Schatten der Angst (German Edition)

Schatten der Angst (German Edition)

Titel: Schatten der Angst (German Edition)
Autoren: Lena Diaz
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lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. »Danke«, war alles, was sie herausbrachte. So nahe, wie er vor ihr stand, konnte er jede Einzelheit der furchtbaren Narbe sehen, die sich quer über ihr Gesicht zog. Sie wartete auf die übliche Reaktion des Abscheus.
    Doch nichts passierte.
    Stattdessen wanderte sein warmer Blick, einer sanften Berührung gleich, über ihr Gesicht und ihr Haar. Er setzte sich in den Stuhl, der dem ihren gegenüberstand, und strich geistesabwesend mit dem Daumen über die tränenfeuchte Serviette.
    »Kommen Sie mit aufs Revier.« Seine tiefe Stimme brachte eine Saite in ihr zum Klingen, und plötzlich sehnte sie sich nach dem Leben, das sie verloren hatte, das sie niemals haben würde. »Erzählen Sie mir, was passiert ist. Helfen Sie mir, herauszufinden, wie ich diesen Mann daran hindern kann, weiteren Menschen wehzutun.«
    Wie hypnotisiert folgte ihr Blick der Bewegung seines Daumens, der über die Serviette strich, und sie stellte sich vor, dass er ihr auf genau dieselbe Art über die Wange streichelte. Dann brachten seine Worte sie in die Realität zurück. Mit ihm über das reden, was passiert war? Wusste er, was er da von ihr verlangte? Sie hatte Jahre damit verbracht, sich ein neues Leben aufzubauen und die Vergangenheit zu vergessen. Sie konnte dieses grauenvolle Martyrium nicht noch einmal durchleben. Sie konnte es einfach nicht.
    Sie erhob sich und ging hinüber zum Spülbecken. Dann öffnete sie den Wandschrank, holte ein Glas heraus und füllte es mit Wasser. Nachdem sie einen großen Schluck getrunken hatte, ließ sie das Glas sinken und starrte aus dem Fenster in den hellen, sonnigen Morgen hinaus, um Licht und Wärme aufzusaugen, um die Dunkelheit zu vertreiben, die sich niemals ganz verzog.
    »Ist alles in Ordnung?« Riley stand in dem Durchgang, der Küche und Foyer trennte. Sein Blick wanderte fragend zwischen ihr und Richards hin und her.
    Amanda wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie hatte nicht ein Mal geweint, seitdem sie nach Shadow Falls zurückgekehrt war, und jetzt weinte sie schon den zweiten Tag in Folge. Sie wirbelte herum und sah Richards in die Augen. »Es wäre wirklich sehr freundlich, wenn Sie beide gehen könnten. Jetzt.«
    Er sah so aus, als hätte er am liebsten widersprochen, doch dann nickte er nur kurz. »Kommen Sie, Riley.«
    Amanda folgte den beiden Männern in die Eingangshalle.
    Riley trat hinaus, doch Richards blieb auf der Türschwelle stehen, so nah, dass sie sich beinahe berührten. Zu ihrer Überraschung schrie alles in ihr nach seiner Berührung – als könnte er mit seinen starken Armen die Vergangenheit auslöschen.
    Als könnte er sie retten.
    »Amanda.« Seine maskuline Stimme löste etwas in ihr aus, erinnerte sie an das, was sie niemals haben würde. »Wenn Sie jetzt nicht kämpfen, dann werden Sie den Rest Ihres Lebens auf der Flucht sein. Sie brauchen Polizeischutz, und wir brauchen Ihre Hilfe. Kommen Sie aufs Revier. Sprechen Sie mit mir über das, was Ihnen zugestoßen ist. Helfen Sie mir, herauszufinden, wer dieser Mann ist. Helfen Sie mir, ihn dingfest zu machen, bevor er weiteren Menschen Schaden zufügt.«
    Der Ärger rettete sie, trocknete ihre Tränen und verlieh ihr die Stärke, die sie brauchte. Dieser Mann hatte ihre lange unterdrückten Gefühle an die Oberfläche geholt. Gefühle, mit denen sie nicht umgehen konnte. Und dort stand er, in ihrem Refugium, und verlangte von ihr, zur Polizei zu gehen, als wäre sie eine Verbrecherin.
    »Ich habe bereits mit der Polizei über meine Entführung gesprochen. Sie haben mich so häufig befragt, dass ich irgendwann nicht mehr mitgezählt habe. Glauben Sie wirklich, dass ich ein Detail auslassen würde, mit dessen Hilfe der Mann überführt werden kann, der meine Freundin abgeschlachtet hat?«
    Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Meinen Sie den Mann, der Ihnen ebenfalls wehgetan hat? Sie waren ebenso sein Opfer wie sie.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf, ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Gehen Sie.«
    Beim Hinausgehen zeichnete sich Mitleid in Richards Miene ab. Wütend warf sie die Tür hinter ihm zu. Sie legte die Stirn gegen das kühle Holz und sog kühle Luft in ihre brennende Lunge. Sie wollte Logan Richards ’ Mitleid nicht, und ganz bestimmt verdiente sie es nicht, dass er sich um sie sorgte. Denn wenn er glaubte, dass sie ebenso das Opfer des Mörders gewesen war wie Dana, dann lag er falsch.
    Er wusste nicht, was sie getan hatte.

3
    Der größte und
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