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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut
Autoren: Rebecca Abrantes
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nach Hause packte Julie das Kleid nebst Zubehör mindestens dreimal aus und wieder ein und gab einen Laut der Begeisterung nach dem anderen von sich. Ich konnte mir ein schiefes Lächeln kaum verkneifen. Allerdings fragte ich mich insgeheim, woher sie die finanziellen Mittel für die Designerklamotten nahm, mit denen sie seit einiger Zeit herumlief. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass ihr neuer Job als Anlageberaterin in der Bank of England so viel abwarf. Auf der anderen Seite ging es mich aber auch nichts an.
    Wann immer ich in London war, ob beruflich oder privat, bewohnte ich ein Zimmer im Appartement meiner Schwester. Ich hatte es auf meine eigenen Bedürfnisse abgestimmt, es mit einem einfachen Bett, einem zweitürigen Kiefernschrank, sowie einem 2er Sofa aus rostbraunem Leder, einem kleinen Couchtisch und einem Fernseher als auch Stereo-Kompaktanlage eingerichtet. Ebenso wie ich wenig Wert auf erlesenes Interieur nebst Komfort legte, war auch meine Garderobe recht spärlich ausgefallen. Lediglich das Nötigste füllte meinen Schrank. Jeans, Shirts, Pullis, zwei Jacken, ein Sommerkleid und zu besonderen Anlässen ein taubengraues Business-Kostüm. Notfalls konnte ich mir etwas von Julie leihen. Wir hatten nahezu die gleiche Größe, zumindest, was die Kleidung betraf. Ihre Schuhe aber waren nichts für mich, denn ab 5 cm Höhe bekam ich das Gefühl von Gleichgewichtsverlust und der Ruf nach einer Trapezstange wurde laut. Und da fast alle Pumps von Julie die 5 cm Marke bei Weitem überschritten und von einem Nobel-Label stammten, verkniff ich mir akrobatische Übungen damit.
    »Meinst du, ich sollte noch beim Friseur reinschauen.« fragte sie mich, kaum dass die Haustür hinter uns ins Schloss gefallen war.
    Ich kickte die Dockers in die Ecke und drehte mich zu ihr um. »Reinschauen kannst du da schon. Aber vielleicht solltest du erst mal auf die Uhr sehen. Dein Einkaufsanfall hat uns mehr Zeit gekostet als geplant. Und eine einfache Hochsteckfrisur tut es allemal. Ich weiß allerdings nicht, wen du becircen möchtest.«
    »Hochstecken«, sinnierte sie leise, rollte das lange Haar zusammen und betrachtete sich im Flurspiegel. Sie nickte zufrieden. »Ich glaube, du hast Recht. Schlichte Eleganz ist perfekt.« Dann sah sie mich wieder an und zwinkerte mir zu. »Wenn es soweit ist, werde ich dir meinen Traummann vorstellen. Lagat ist einfach fantastisch.«
    »Wow.« rief ich ihr nach, als sie in ihrem Schlafzimmer verschwand und die Taschen aufs Bett warf. »Ein ungewöhnlicher Name.«
    Ihr Blondschopf erschien in der Tür und sie lächelte mich breit an. »Genau so ungewöhnlich wie der ganze Mann.« Dann verschwand sie erneut im Zimmer und ich hörte sie die Taschen auspacken.
    Schmunzelnd und leicht mit dem Kopf schüttelnd ging ich in die Küche, öffnete den Kühlschrank und holte eine Flasche Orangensaft heraus. Und schon erklang Julies Stimme: »Nimm dir doch bitte ein Glas und trink nicht wieder aus der Flasche.«
    Es gibt einfach Angewohnheiten, die man nicht so schnell ablegt. Meine war unter anderem das Trinken direkt aus den Saftflaschen, die meiner Schwester das Gucken durch Wände.
    Lachend nahm ich aus dem Regal ein Glas und goss die orangefarbene Flüssigkeit hinein. Ich stellte sogar die Flasche zurück in den Kühlschrank, bevor ich in mein Zimmer ging.
    Wenn ich mir einen freien Tag gönnte, wollte ich auch für niemanden erreichbar sein. So kam es, dass mein Pager auf dem Couchtisch lag und laut vor sich hin piepte. Ein Blick darauf zeigte, dass Peter mich sprechen wollte.
    »Ich brauche mal das Telefon, Julie«, rief ich nach vergeblicher Suche aus dem Wohnzimmer. Schnurlose Telefone können sowohl Segen als auch Fluch sein. Einerseits erlauben sie eine Privatsphäre, andererseits sind sie dauernd verschwunden. Bei uns schien das Bermudadreieck für schnurlose Telefone, Handys und Kugelschreiber zu sein. Und ich hatte keine Lust, mein Handy zu bemühen, um anhand eines Anrufes auf das Festnetz über das Klingeln jenes verschollene Teil zu finden.
    »Wenn du mir den Verschluss zumachst, gebe ich es dir freiwillig.« Die blonde Femme fatale wedelte mit dem Apparat vor meiner Nase herum. Ich musste lachen. Schnell war der Reißverschluss zu und ich wählte Peters Nummer.
    Es klingelte dreimal, dann erklang Peter McKeans tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung. »Hallo?«
    »Faye hier. Du wolltest mich sprechen.«
    »Oh, ja klar. Die Bilder sind fertig. Habe sie hier auf dem
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