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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
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kleinen Wassersenke, die am Ufer von mattem Grün überzogen war, gesäumt von einem leise raschelnden Palmenhain, ging das Tuch nieder. Es lag halb am Ufer, halb im Wasser und saugte sich voll, bis sein Gewebe schwarz glänzte.
    Eine unscheinbare graubraune Schlange züngelte aus einem Sandloch nahe dem Wasser hervor und glitt auf das im Schatten liegende Tuch zu. Die gespaltene Zunge tastete über den Stoff, der mehrmals kurz zuckte. Die Schlange versenkte ihr Ende im Sand, öffnete den Rachen, dass die mächtigen Giftzähne hervorsprangen, und hauchte ihren kalten Atem über das Tuch. Eine milchige Flüssigkeit tropfte von den Zähnen herab und sickerte zischend in das Gewebe ein. Dampf stieg daraufhin auf. Ein rotes Glühen umgab Tuch und Schlange, bis es sich schließlich in glitzernden Nebel auflöste.
    Nachdem dieser sich verzogen hatte, lag der Schattenmann am Ufer. Er war nicht ganz körperlich, wirkte eher durchscheinend, aber sein Brustkorb hob und senkte sich bereits. Noch war er nicht viel mehr als eine dunkle Kontur, kaum greifbar, ohne erkennbare Strukturen. Ein diffuser Schatten ...
    Die Schlange zischelte leise, dann glitt sie lautlos zurück in ihr Loch.
    Der Schattenmann verharrte still. Er war sich seiner selbst noch nicht bewusst und konnte nur fühlen. Die Ader, die tief unter ihm glutrot pulsierte. Seine Erinnerungen, die bruchstückhaft, in Lichtblitzen durch seine Finsternis huschten. Sie ergaben keinen Sinn, konnten sich nicht zusammensetzen. Doch sie waren wichtig, jede einzelne von ihnen.
    Er empfand keinerlei Schmerz. Ebenso wenig konnte er eine Verbindung zu dieser stofflichen Hülle aufbauen, die versuchte, sich zu stabilisieren. Wofür war sie da? Um ihn aufzunehmen? Er wusste es nicht mehr.
    Er spürte die Feuchtigkeit des Wassers, das durch seine Hülle strömte und ihr half, sich aufzubauen. Er wusste von der Schlange, die ihm geholfen hatte, und von dem Sandteufel, der in der Nacht auf sie lauern würde. Er fühlte den Wolkenschatten, der eilig über ihn hinwegglitt, und hörte das Flüstern des Windes. Doch er konnte ihn nicht verstehen.
    War es denn überhaupt von Bedeutung? Weshalb blieb er? Warum waren die Erinnerungen wichtig?
    Halte dich fest
, flüsterte etwas in ihm.
    Warum?
    Nur du kannst es.
    Was bedeutet Festhalten?
    Du musst verstehen.
    Was bedeutet Verstehen?
    Begreife den Sinn.
    Wie kann ich das?
    Das Flüstern verstummte. Was brauchte es einen Schatten zu kümmern? Er war nur ein Umriss, eine leere Hülle. Etwas, das überflüssig war. Er war es zuvor niemals gewesen ... ein Schatten.
    Wieder eine Erinnerung, die er nicht verstand.
    Das Wasser beschwerte ihn, schien ihn in einen tiefen Abgrund zu ziehen. Unmöglich, sich dagegen zu wehren; er würde einfach verschwinden, für immer.
    Ein sandfarbenes Wesen kam herangetrippelt, winzig, mit riesigen Hinterfüßen und großen Ohren. Es hüpfte mehr, als dass es lief, und würde wahrscheinlich in den Rachen der Schlange passen, wenn sie das Maul weit genug aufriss. Eine kleine schwarze Nase zuckte. Das Wesen schnüffelte den Schattenmann ab, leckte Wassertropfen auf. Welch eine Erleichterung! Er spürte die zarten Füßchen, als das kleine Tier über ihn hinweglief und die Tropfen aufnahm. Dann war es plötzlich verschwunden, doch er fühlte sich viel besser. Leichter.
    Die Helligkeit ließ nach. Er spürte die Wanderung der Sonne und die Veränderung ihrer Farben. Der Zustand um ihn herum änderte sich. War das ... Kälte?
    Ja. Kälte war ihm vertraut, ebenso wie ihr Gegenteil, die Wärme, ihm jetzt begreiflich wurde. Sie war etwas Ursprüngliches, ein Teil seiner selbst.
    Das Licht war fort, Dunkelheit hüllte ihn ein. Sie war nicht so tief wie die Finsternis in ihm und mit glitzernden Punkten durchsetzt. Kleine Funken, die er wahrnahm und die ebenfalls ein Teil von ihm waren.
    Die Kälte kroch in das Gewebe, ließ das Wasser erstarren und vermittelte ihm Eindrücke, die er lange vergessen geglaubt hatte.
    Dann ruhte der Schattenmann.
    Am Morgen stand ein Mensch neben ihm, der ein weißes Dromedar am Zügel führte. Er ließ den Strick los und kniete bei dem Schattenmann nieder. Nachdem er ihn ausgiebig in Augenschein genommen hatte, griff er in eine Tasche seines dunkelblauen Übergewandes und förderte ein Döschen zutage, das er behutsam öffnete. Hauchfeiner Staub befand sich darin, von dem der Fremde eine Prise zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und diese über die schemenhafte, wie Nebel wabernde Gestalt
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