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Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Titel: Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)
Autoren: Meike Nilos
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nicht zugetraut hätte. Sein Gesicht war gerötet und ein Jungengrinsen spannte sich von einem Ohr zum anderen. Er winkte mir zu, als er mich erblickte und löste das Abschleppseil.
    Aus dem silbernen Geländewagen stieg der große, schweigsame Fremde. Langsam, fast tonlos schloss er die Fahrertür, als wollte er die Natur nicht stören. Seine weiße Dishdasha vermischte sich mit dem wogenden Sandmeer. Seine Bewegungen fügten sich nahtlos in die Umgebung ein, so dass seine Gestalt fast mit dem Wüstensand verschwamm. Nur sein gebräuntes Gesicht und seine Augen stachen von der Umgebung ab und ließen ihn greifbar und real werden. Er half Walter das Auto zwischen zwei Zelte zu schieben, so dass die Auffahrt zur Straße frei blieb. Mein Mann drückte sein Kreuz durch und wischte sich mit einem Taschentuch über das Gesicht. Der Fremde nickte, als Walter sich an die Stirn tippte und auf mich zu schlenderte.
    „Masud fährt mich nach Nizwa, um einen neuen Reifen zu besorgen“, sagte er und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn, die schon wieder glänzte. Seine Hände waren ölig, seine Haut von einem Sandfilm überzogen. Er sah glücklich aus und jung. In seinen blauen Augen konnte man das Meer erahnen, das früher einmal darin getost hatte. „Soll ich dir etwas mitbringen?“
    „Nein“, antwortete ich. „Ich habe alles.“
    Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und lachte, als ich mir den Sand aus den Haaren schüttelte, den seine Finger dort hinterlassen hatten.
    Masud hupte, winkte uns zu und Walter stieg, mit einem flüchtigen „Bis später“ in den silbernen Toyota. Sie fuhren die Straße zurück, auf der wir gekommen waren.
    Walter hatte nicht einmal gefragt, ob ich mitkommen wollte. Vielleicht war es nur Gedankenlosigkeit, aber vielleicht war ich ihm auch einfach egal. Ich starrte dem Wagen nach. Und obwohl mich Walters Verhalten ärgerte, war ich froh, dass er nicht gefragt hatte, denn ich wollte in der Nähe des Fremden bleiben. Der Gedanke erschreckte mich, aber ich musste mir eingestehen, dass es mir gefiel wie er mich anstarrte, ganz direkt und lüstern. Ich wollte seine Blicke auf meiner Haut spüren, wollte dass er mich wieder so ansah, als wäre ich etwas Besonderes.
    Ich spazierte zwischen den Zelten umher, nickte und lächelte, wenn mir jemand begegnete und landete, wie zufällig, bei unserem Jeep. Der große Fremde hatte die Ärmel hochgekrempelt und prüfte den Ölstand. Er hatte eine Tätowierung an der Innenseite seines Unterarms. Es sah aus, wie eins dieser modernen Tribals, aber dann erkannte ich, dass es zwei ineinander verschlungene Körper darstellte. Zwei Menschen umschlangen sich beim Liebesakt und doch strahlte die Szene etwas Gefühlloses aus.
    Der Mann war jünger, als seine Augen es hatten vermuten lassen. Ebenmäßige Gesichtszüge, eine hohe Stirn und ein markantes Kinn, das durch eine zwei Zentimeter lange Narbe betont wurde.
    Ich lehnte mich an den Kotflügel. Meine Schenkel glühten an dem erhitzten Metall, aber ich wollte auf keinen Fall weitergehen, eher sollte meine Haut verbrennen, so wie ich innerlich verbrannte. Die Unterarmmuskeln des Nomaden spannten sich. Ich beobachtete fasziniert, wie sich die schwarzen Härchen dabei bewegten. Gelegentlich ließ er seine Blicke über meinen Körper wandern. Aus den Augenwinkeln und aufreizend langsam. Er hatte Zeit. Und ich stellte mir vor, wie viel Zeit er sich wohl lassen würde, mich zu lieben. Die Haut an den Innenseiten meiner Oberschenkel begann zu prickeln und ich zwang mich, an etwas anderes zu denken, was mir nur schwer gelang.
    „Hallo“, sagte ich und schlang meine Arme um meine Schultern, die heute bedeckt waren. Ich hatte eine lange naturfarbene Bluse gewählt. Dann streckte ich ihm spontan meine Hand entgegen. Er ignorierte sie, lächelte mich nur an und sagte kein Wort.
    „Du sprichst kein Englisch?“
    Wieder bekam ich nur ein Lächeln als Antwort, das wie Eiswürfel über mein Gesicht glitt und mir eine Gänsehaut verursachte.
    „Schade“, sagte ich. „Mein Name ist Emilie. Emilie Richter. Ich hätte zu gerne gewusst wie du heißt.“ Ich seufzte und strich mir eine aufsässige Strähne aus der Stirn. „Hätten wir uns vor fünfzehn Jahren getroffen, ich hätte dich auch gern näher kennengelernt.“
    Er wischte den Ölstab an einem Lappen sauber und ließ die Motorhaube vorsichtig zufallen.
    „Ich lege mich ein bisschen hin“, sagte ich, „die Hitze hier ist kaum zu ertragen.“
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