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Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Titel: Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)
Autoren: Meike Nilos
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nach unten.
    „Ich kenne dich nicht mehr, Em.“
    Em. So hatte er mich schon eine Ewigkeit nicht mehr genannt. „Ich bin die gleiche Frau wie gestern. Deine Frau, erinnerst du dich?“
    Der Kellner brachte mir den Kaffee. Er fragte, ob wir noch einen Wunsch hätten. Walter fiel ihm barsch ins Wort und verscheuchte ihn mit einer Handbewegung wie eine lästige Fliege. Ich hasste es, wenn mein Mann sich wie arrogantes Arschloch benahm. Aber ich schwieg, so wie ich das immer tat.
    „Was ist los mit dir, Emilie?“ Walter leerte sein Glas in einem Zug. „Was ist denn nur in dich gefahren?“
    „Ich lebe“, sagte ich und presste meine Hände auf meine Brust. „Mein Herz schlägt.“ Ich schloss die Augen. „Das ist ein unglaubliches Gefühl.“
    Walter schnaubte, er hatte eine Alkoholfahne.
    „Herr Richter?“ Ein Hotelpage hielt einen Strauß weißer Orchideen im Arm.
    „Ja, das bin ich.“ Walter klopfte ungeduldig mit den Fingern auf den Tresen, und der Kellner zog die Augenbrauen hoch. „Was ist denn?“
    Der Hotelangestellte überreichte mir die Blumen und meinem Mann einen schlichten Briefumschlag. Er öffnete ihn, ohne sich zu bedanken. Der Junge trat unschlüssig von einem Bein auf das andere, und zog schließlich, ohne Trinkgeld, ab.
    „Masud und Jafar laden uns zu einem Ausflug ein. Morgen früh holen sie uns vor dem Hotel ab.“ Walter stierte auf meine Brüste. „Denkst du, du kannst dich zusammen reißen und uns nicht blamieren?“
    Tränen brannten hinter meinen Augäpfeln. Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen. Ich sprang vom Barhocker und riss Walters Hand an meine Brust. „Du kannst mich ignorieren. Du kannst mich aufpolieren und mich auf den Kamin stellen. Aber du kannst nicht verhindern, dass mein Herz schlägt.“
    Ich rannte zwischen dem üppigen Grün entlang, das mir plötzlich zu aufdringlich erschien. Tränen nahmen mir die Sicht. Ich stolperte und verlor eine Sandale.
    „Was willst du denn, Emilie?“, schrie mein Mann hinter mir her. Ich warf die zweite Sandale in den Papierkorb vor dem Eingang, lief in unser Zimmer und warf mich aufs Bett. Wie konnte ich nur so blöd sein, zu glauben, dass ich Walter ändern könnte, nach all den Jahren?
    Eine einzelne Mücke tanzte an der Zimmerdecke. Ein kleines unbedeutendes Lebewesen. Wahrscheinlich war sie Morgen schon tot. Ich hatte keine Ahnung, wie hoch die Lebenserwartung Osmanischer Mücken war. Sie hätte jederzeit verschwinden können, die Balkontür stand offen, aber sie blieb. Sie blieb und tanzte und summte.
    Ich sprang vom Bett, ging ins Bad und hielt meinen Kopf unter den kalten Wasserstrahl, bis meine Kopfhaut prickelte. Meine Augen waren rotgeweint. Mein Make-up verschmiert.
    „Was willst du, Emilie?“, flüsterte ich meinem Spiegelbild zu. Und es lächelte. Ja, es lächelte wirklich. Ich war die Mücke und die Tür stand offen. Ich musste einfach aufhören im Kreis zu tanzen und fliegen.
    Kurzentschlossen zog ich meinen Bikini an und schnappte mir ein Handtuch.
    Ich suchte mir eine freie Liege an einem der kleineren Pools, die weit entfernt von der Bar lagen, an der Walter sicher immer noch in Cognac und Selbstmitleid badete. Ein junger Kellner war sofort zur Stelle und spannte mir den Sonnenschirm auf. Ich räkelte mich in seinen Blicken, die immer wieder verstohlen zu meinem Busen wanderten, und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Ich genoss es, dass er errötete als ich meine Finger über meinen Bauch gleiten ließ. Ein wohliges Gefühl breitete sich zwischen meinen Beinen aus. Offenbar gab es genug Männer, die nicht so ignorant und verbohrt waren wie Walter.
    Ich kehrte erst spät in unser Hotelzimmer zurück. Walter lag angezogen auf dem Bett und schnarchte leise. Ich nahm mir einen Piccolo aus der Minibar und ging auf die Terrasse. An Schlaf war ohnehin nicht zu denken. Die Himmel war von vereinzelten Federwolken durchzogen. Ich legte mich in einen Liegestuhl und zählte die Sterne. Das hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr getan. Ich prostete dem Mond zu, der träge in einer milchigen Wolke döste, und lächelte.
    Gelegentlich drang ein alkoholseliges Grunzen aus dem Schlafzimmer. Und während die ersten Vögel zu zwitschern begannen, fasste ich einen Entschluss.
    Ich schnappte meine Tasche und warf ein paar Sachen hinein. Auf dem Nachttisch lag ein kleiner Block und ich überlegte, ob ich eine Nachricht hinterlassen sollte.
    „Nein“, flüsterte ich zu mir selbst. „Soll er sich ruhig Sorgen
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