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Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)

Titel: Scham und Schamlosigkeit: Die wahre Geschichte der Marianne Dashwood (German Edition)
Autoren: Meike Nilos
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erlagen wir noch immer einem kindlichen Entdeckerdrang.
    Ich schluckte Staub und mein Hintern schmerzte, als wäre ich auf einem Bullen geritten. Aber die Umgebung entschädigte mich für alle Strapazen. Ich war froh, dass mein Mann den Wagen wortkarg und vorsichtig durch die immer trister werdende Landschaft steuerte. Walter hatte keinen Blick für die unverfälschte Schönheit des Landes übrig. Er hatte nur sein Ziel vor Augen; wollte seinen Plan abarbeiten und alles besichtigen, was auf seiner Liste stand. Ich fragte mich, warum er dieser Reise zugestimmt hatte. Wollte er mir einen Gefallen tun, oder ging er einfach den konfliktlosesten Weg? Dachte er tatsächlich, er könne mich ruhig stellen, indem er mir diese Reise zugestand und dann könnten wir zur Tagesordnung übergehen? Zurück nach Deutschland in unser eingefahrenes Leben. Er, der Geschäftsmann, dem es nur darum ging noch mehr Geld zu verdienen, noch mehr Güter anzuhäufen. Und ich, die immer adrette Gattin, die ihn mit einem Lächeln empfing, wenn er spät nach Hause kam; ihm das Essen wärmte und neben ihm einschlief, die ihre Träume in Cocktails ertränkte und ihren ebenso gutsituierten Freundinnen von ihrer neuen Einbauküche oder dem kleinen Cabriolet vorschwärmte, wenn wir uns sonntags im Club trafen. Ich hatte dieses Leben gewählt; hatte mich in Walters Arme geflüchtet, in der Hoffnung Geborgenheit zu finden. Anzukommen. Und doch sehnte mich nach Abwechslung, nach etwas, das mein Herz schneller schlagen ließ. Ich sehnte mich danach frei atmen zu können, ohne dass mich teure Kleider, Schmuck oder die Konventionen einer Gesellschaft erstickten, zu der ich nicht gehörte; zu der ich nicht gehören wollte. Die Lüge, die mein Leben war, begann zu zerbröseln. Ich konnte die Krümel nicht einfach wegkehren, aber ich konnte auch nicht zwischen ihnen leben.
    Vielleicht war es nicht Walters Schuld, ich hätte um meine Eigenständigkeit kämpfen müssen, hätte meinen Beruf nicht aufgeben müssen, als er mich darum bat, ihn in der Firma zu unterstützen. Aber was brachte es jetzt noch, sich den Kopf darüber zu zerbrechen? Es war, wie es war, ich konnte die Vergangenheit nicht ändern, aber ich war noch zu jung, um auch meine Zukunft einfach kampflos aufzugeben.
    Das Auto rumpelte durch ein Schlagloch und ich klammerte mich an der Halteschlaufe fest. Sand, wohin das Auge blickte. Nur Gräser und Dattelpalmen hatten sich ihren Platz in der Trockenheit ergattert. Schweißbäche rannen meinen Rücken und zwischen meinen Schenkeln hinab. Ich hätte am liebsten die Arme in die Höhe gerissen und laut geschrien. So lebendig hatte ich mich schon seit langem nicht mehr gefühlt. Ich liebte dieses Land vom ersten Augenblick an.
    „Reiter!“ Walter starrte in den dreckigen Rückspiegel und wäre fast von der Straße abgekommen.
    Ich drehte mich um und sah eine zweite Staubwolke hinter der, die unser Wagen zurück ließ.
    Es knallte. Ich wurde zur Seite geschleudert und stieß mir den Kopf am Seitenholm. Der Jeep schlingerte und hüllte uns in eine undurchdringliche Staubwolke.
    Schmerz und Sand trieben mir Tränen in die Augen. Ich krallte mich in das Polster meines Sitzes. Das Auto schlidderte in eine Gruppe Dornenbüsche und kam endlich zum Stehen.
    Mein Mann keuchte und umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Seine Muskeln waren angespannt. An seiner Schläfe pulsierte eine Ader im Takt seines Atems, der stoßweise ging und Sandkörner von den Armaturen blies. Ich hätte Walter am liebsten geküsst, so verwegen wie er in diesem Augenblick aussah.
    „Alles okay?“ fragte er und ließ seine Blicke über mein Gesicht gleiten. „Du bist verletzt!“ Er beugte sich zu mir herüber und sein Atem streifte meine Lippen. Ich presste meine Hand an meine Stirn und ein blutiges Rinnsal floss zwischen meinen Fingern hindurch. Das Adrenalin schoss durch meinen Körper und ich zitterte.
    „Es ist nichts weiter“, sagte ich. „Nur ein Kratzer.“
    Die beiden Kamelreiter erreichten unseren Wagen. Walter schwitze. Sein Hemd haftete wie eine zweite Haut an seinem Oberkörper.
    „Bleib im Auto!“ befahl er, öffnete die Fahrertür und stieg, mit erhobenen Händen, aus.
    Die Fremden glitten von ihren Kamelen. Sie bewegten sich langsam, gewohnt mit ihren Kräften hauszuhalten. Schon nach kurzer Zeit nahm Walter seine Arme herunter. Ich konnte nicht hören, was die Männer redeten, bemühte mich aber kein Detail der Nomaden zu
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