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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten
Autoren: Oliver Buslau
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einem Schlag spuckte das Rohr eine längliche Rakete aus. Das Geschoss raste nach oben. Mike verfolgte seine Bahn. Sie führte weit am Denkmal vorbei, irgendwohin auf die andere Rheinseite, auf Ehrenbreitstein zu. In den wenigen Sekunden, in denen sie unterwegs war, versuchte Mike sich vorzustellen, wo sie aufschlagen würde.
    Er verfolgte den Bogen und sah drüben am Felsen, oberhalb des Pagenhauses, etwas Merkwürdiges am Hang, was ihm noch nie aufgefallen war. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als das Geschoss gegen die Steilwand prallte. Mike sah nach allen Seiten weggesprengtes Gestein und die Rauchwolke, bevor der dumpfe Knall herüberkam.
    Der Fährmann hatte die Mütze abgenommen und kratzte sich am Kopf. »Wat war dat dann?«, fragte er fassungslos.
    »Das war der Ertrinkende«, sagte Mike.

21
    Es hatte fast eine Viertelstunde gedauert, bis Nickenich und seine Leute eintrafen. Der Hauptkommissar hatte gestaunt, als er durch das Gebüsch brach und tatsächlich einen alten amerikanischen Soldaten fand, neben dem eine Fliegerfaust lag.
    Mike spürte erst in diesem Moment die Anstrengung und die Angst. Er hatte die ganze Zeit neben Nair gesessen, der plötzlich niedergesunken war und halb im Wasser lag. Mike, der immer noch vor sich hin starrte, wurde gebeten, den Platz zu räumen.
    Ein Polizeiwagen brachte Mike ins Hotel, und auf einmal fühlte er sich unendlich müde. Er musste eingeschlafen sein, denn als im Zimmer plötzlich das Telefon klingelte, war es hinter dem Fenster dämmrig geworden.
    »Engel?«
    »Hauptkommissar Nickenich. Wie geht’s Ihnen?«
    »So weit ganz gut.«
    »Fühlen Sie sich fit genug für eine Befragung im Präsidium? Wir haben jetzt alle Fakten so weit zusammen.«
    »Ist gut, ich komme.«
    Minuten später rief ein Oberwachtmeister Rother an und sagte, er stünde an der Hotelrezeption und solle Mike ins Präsidium bringen. Dort empfing ihn Nickenich. Voller Tatendrang. Er klatschte in die Hände.
    »Sie freuen sich ja so«, sagte Mike. »Haben Sie Anita Hoffmann gefunden?«
    Nickenich nickte. »Wir haben sie auch schon vernommen.«
    »Ist sie weit gekommen?«
    »Nicht besonders. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gern Ihre Aussage zu Protokoll nehmen lassen, dann haben wir den Papierkram hinter uns. Ich wäre froh, wenn Sie mir dann auch noch in einigen Einzelheiten auf die Sprünge helfen könnten.«
    »Kein Problem«, sagte Mike.
    »Erzählen Sie noch mal alles von vorn, auch wenn Sie das bei Ihrem letzten Besuch schon getan haben. Es geht jetzt ums Protokoll.«
    Ein Polizeibeamter schrieb am Computer mit. Jedes Mal, wenn Mike nach Worten suchte oder kurz überlegte, sah er durch das Fenster das kreisende Zifferblatt der Sparkasse. Was sollte das eigentlich bedeuten? Dass Zeit Geld war?
    Als Mike mit seinem Bericht am Ende war, lehnte sich Nickenich zufrieden zurück. »Ein ganz schönes Puzzle«, sagte er, »aber eigentlich ganz einfach. Anita Hoffmann und Wilfried Ramann sind Anfang der Achtziger ein Paar. Ramann sucht aus finanziellen Gründen seinen Vater in Amerika, findet ihn und merkt ziemlich schnell, dass er diesen Spleen mit dem Denkmal hat. Da Nair nicht gerade arm ist, beschließen Ramann und seine Freundin Anita, daraus Kapital zu schlagen. Sie tun so, als hätten sie das Denkmal entdeckt. Ramann behauptet, er würde Geschichte studieren, was natürlich Blödsinn war, denn er war Berufssoldat. Mit Hilfe des Künstlers Wenzes basteln sie eine Fotomontage, die die Überreste des Denkmals zeigen soll. Sie schicken das Foto Anfang 1982 als angeblichen Beweis für die Existenz des Denkmals nach Amerika, und Nair beißt an. Er wiederum lässt einen Geldboten mit einer Million Dollar im Koffer nach Deutschland reisen. Anita Hoffmann und Wilfried Ramann locken den Boten in den Hafen nach Wallersheim, wo die Übergabe des Denkmals stattfinden sollte. Sie behaupten, die Einzelteile des Denkmals seien auf einem Schiff. Es ist aber nur wertloser Schrott. Als der Bote merkt, dass die Metallteile keinen Kaiserkopf und auch sonst kein Stück des Denkmals enthalten, nehmen sie ihm gewaltsam das Geld ab und fliehen. Sie fahren in Richtung Güls. Unterwegs bekommen sie Streit. Anita Hoffmann will das Geld für sich allein.«
    »Mir hat sie gesagt, Ramann hätte es allein haben wollen«, unterbrach Mike. Nickenich erzählte weiter.
    »Ramann gelingt es, in Güls an der Uferstraße mit dem Geldkoffer in der Hand den Wagen zu verlassen und zu Fuß zur Brücke weiterzulaufen. Er rennt
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