Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
Jahre lang versteckt worden sein kann.«
    »Ich glaube es auch nicht. Aber lassen Sie mich jetzt auf die Sache mit diesem Nair kommen. Ich bin sicher, dass da etwas am Denkmal passieren wird. Schauen Sie sich doch mal an, wie der Mann sich im Internet darstellen lässt.«
    Nickenich überflog die Blätter. »Na gut, das ist ein alter Militarist. So was gibt’s. Nicht nur in Amerika. Sie werden lachen, sogar hier in Koblenz. Aber das ist kein Beweis. Tut mir Leid, Herr Engel. Ihrer Geschichte über die Morde gehen wir nach. Aber dieser Kaiser-Anschlag …«Er schüttelte den Kopf.
    Mike dachte nach. Der Mann wollte noch einen Beweis. Hatte er einen? Was konnte ein Beweis sein? »Ich habe mit seiner Tochter gesprochen«, sagte er. »Nair hat noch eine E-Mail bekommen, die erst nach seiner Abreise nach Deutschland ankam. Darin geht es darum, dass er eine Gimlet oder Igla kaufen will. Das ist ein Waffensystem. Eine Fliegerfaust.«
    »Moment mal«, sagte Nickenich. »Haben Sie gerade Igla gesagt?«
    Mike nickte.
    Nickenich griff nach dem Telefonhörer und tippte eine Nummer ein. »Ja hallo, Dirk hier. Habt ihr schon raus, was der Irre in Mayen für eine Waffe hatte?«
    Am anderen Ende der Leitung wurde gesprochen. Mike hörte nur Stimmengemurmel, ohne etwas verstehen zu können.
    »Könnte das vielleicht eine Gimlet gewesen sein? Oder eine Igla?«
    Wieder murmelte es. Nickenich hörte genau zu. »Was kann man damit anstellen?«, fragte er zwischendurch. Wieder folgte ein kurzer Vortrag. »Danke«, sagte er schließlich und legte auf.
    »Sie haben Recht«, sagte er.
    »Na und?«, sagte Mike sarkastisch. »Es wurde doch schon im Radio erklärt, womit der geschossen hat.«
    Nickenich sah Mike scharf an. »Nein, nicht so detailliert. Eben erfahre ich, dass die Rakete genau zu der Waffe passt, die Sie genannt haben. Es ist eine Fliegerfaust.«
    »Dann nichts wie hin.«
    »Dass er ausgerechnet auf das Kaiserdenkmal schießt, ist mir doch zu verrückt.«
    »Das darf nicht wahr sein!«, rief Mike. »Worauf soll er sonst schießen?«
    Nickenich wurde ärgerlich. »Lassen Sie das mal unsere Sorge sein. Wir kennen uns mit so was besser aus.« Er stand auf. »Bleiben Sie noch in Koblenz? Es wäre gut, wenn Sie uns sagen, falls Sie abreisen. Wir wüssten gern, wo wir Sie erreichen können.«
    »Aber …«
    »Bitte benachrichtigen Sie uns sofort, wenn sich Frau Hoffmann bei Ihnen melden sollte.«
    »Sie machen einen großen Fehler, glauben Sie mir!«
    Der Hauptkommissar öffnete die Tür. »Sie können gehen«, sagte Nickenich, doch Mike stand wie vom Donner gerührt da. Ein Uniformierter hetzte den Flur entlang. »Müller«, sagte der Hauptkommissar, »wir müssen eine Fahndung einleiten.«
    »Erst das hier«, sagte der Polizist, »wir haben einen wichtigen Anruf gekriegt.«
    »Kann das nicht warten?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Um was geht’s denn?«
    »Der Irre aus Mayen. Sie wissen schon – der mit dem Kontrabass. Den haben welche in Koblenz gesehen. Sagen sie zumindest. Und wissen Sie, wo?«
    »Sie werden’s mir gleich sagen.«
    »Am Deutschen Eck. Mitten im Touristenrummel.«
    *
    Auf der anderen Seite des Flusses werden die Straßen eng, die Häuser wirken verwahrlost. Der Weg führt an einem Sportplatz vorbei und wird immer schmaler, bis er in einen weitläufigen Kiesplatz mündet. Daneben liegt der Eingang des Campingplatzes – abgesperrt mit einer weiß-roten Schranke. Ein paar Leute in Shorts und Sandalen lungern in der Einfahrt herum.
    Das Deutsche Eck mit dem Kaiser auf der anderen Moselseite scheint nur einen Steinwurf entfernt zu sein. Ein kleines Boot reißt die dunkle Wasserfläche auf.
    Der alte Mann hat von drüben gesehen, dass ein Fußweg am Ufer entlangführt. Dort muss er hin.
    Er sieht sich um. Dann nimmt er die Decke von dem schwarz glänzenden Kasten, zieht den Koffer heraus und schließt die Heckklappe des Wagens.
    Der Weg am Fluss entlang ist asphaltiert. Der alte Mann kann bequem den Kontrabasskasten hinter sich herziehen. Vom Ufer trennen ihn von Gebüsch durchsetzte Bäume. Dazwischen erkennt er ab und zu ein Stückchen Strand mit großen Kieseln, dahinter den breiten Rhein, darüber auf dem mächtigen Felsen die Festung Ehrenbreitstein.
    Dann führt der Weg wieder ein Stück vom Fluss weg; der Strandabschnitt wird breiter. Der alte Mann biegt in das Gelände ein. Schlagartig versagen die Räder an seinem Kontrabasskasten. Mühsam schleift der alte Mann seine Last über die dicken Kiesel, vorbei an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher