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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer
Autoren: Karl May
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geheime, diplomatische Mission unterschob. Das prachtvolle Gebäude lag etwas vom Ufer zurück in einem Garten, welcher an den Fluß stieß und sich längs desselben zu einem wohlgepflegten Parke verbreiterte. Ein kleiner Landeplatz lag dem Gartenthor gegenüber; Max legte eine Strecke oberhalb desselben an.
    »Bleib hier halten, Thomas, bis ich wiederkomme!«
    »Der Zutritt ist hier verpoten, Herr Doktor!«
    »Ich weiß es.«
    Trotz dieser Antwort aber stieg er aus und stand nach einem raschen Sprunge über das eiserne Staket hinweg im Garten. Es trieb ihn keine bestimmte Absicht an diesen Ort, und wäre er gefragt worden, so hätte er über sein Thun nicht die mindeste Rechenschaft zu geben vermocht. Das Menschenherz ist der unbegreiflichste Motor unserer Handlungen und verträgt keine Kontrole, als nur die eigene.
    Er näherte sich dem Hause, von welchem nur wenige Fenster erleuchtet waren. Er beobachtete eines nach dem andern, doch kein Schatten wollte ihm die Anwesenheit Derjenigen zeigen, deren Bild ihn magnetisch herbeigezogen hatte. Da ließen sich Schritte im Kiese des Ganges vernehmen; er trat hinter ein Bosket. Zwei Damen nahten, in eifriges Gespräch vertieft. Sie waren Beide hell gekleidet, und ihre Gestalten hoben sich von dem dunklen Grunde des Gartens ab.
    »So laß uns gegen diese Politik konspiriren, meine gute Asta,« meinte die eine. »Du sollst ihr nicht zum Opfer fallen, denn dieser Prinz, er ist auch mir unsympathisch.«
    Mehr konnte er nicht vernehmen; aber er wußte nun, ohne darnach getrachtet zu haben, welcher Grund die königlichen Gäste herbeigeführt hatte. So lange er die Damen mit den Augen verfolgen konnte, blieb er stehen; dann kehrte er auf demselben Wege, den er gekommen war, zum Kahne zurück.
    »Weiter hinunter?« frug Thomas.
    »Ja.«
    Wieder begann die Wasserfahrt. Max saß still und träumte. Er sah wohl kaum irgend eine Parthie der beiden Ufer, welche im lichten Sternenscheine hüben und drüben lagen; er sah nur die lichte Gestalt, die an der Seite der fremden Kronprinzessin an ihm vorübergegangen war. Was hatte er mit ihr? Sie war die Tochter eines Königs und er der Sohn eines einfachen Schmiedes. Aber eine solche Reflexion gab es nicht in ihm. Er war ihr gefolgt wie dem Sterne, von welchem das Auge nicht lassen kann, obgleich er Billionen von Meilen hoch über der Erde steht.
    So waren sie eine ziemliche Strecke abwärts gelangt, ehe er wieder umkehren ließ und mit zu dem Ruder griff; diese Arbeit that ihm wohl, es war, als wolle er das, was in ihm vorging, durch äußere Anstrengung zur Klärung bringen, und so flog der Kahn, von vier kräftigen Händen getrieben, mit genügender Schnelligkeit wieder stromaufwärts.
    Sie hatten eben den Palast des Herzogs von Raumburg passirt, als ihnen ein kleineres Fahrzeug begegnete. Max hätte wohl nicht sehr auf dasselbe geachtet, wenn nicht Thomas ihn darauf aufmerksam gemacht hätte.
    »Dort kommt ein Engländer, Herr Doktor. Das ist einer vom Ruderklupp in seiner Nußschale. Wo mag der noch hinwollen?«
    Es war einer jener kleinen Wellenstecher, welche mit Paddelruder fortbewegt werden und, wenn der Mann darin sitzt, kaum zwei Zoll Bordhöhe haben. Er kam vom andern Ufer herüber und konnte die beiden Männer, welche im Schatten der dichtbelaubten Bäume ruderten, nicht leicht bemerken.
    »Ein eigenthümlicher Kerl,« meinte Thomas, als ein zufälliger Lichtstrahl von drüben herüber auf das kleine Fahrzeug fiel. »Der sieht ja fast wie ein Türke aus: ein gelper Kaftan und ein plauer Turpan!«
    Jetzt blickte Max genau hin. Seine Vermuthung bestätigte sich, es war die Zigeunerin, welche sich ein Boot vom Ruderklubb losgekettet hatte und jedenfalls auf einer geheimnißvollen Parthie begriffen war.
    »Laß sie vorüber!«
    »Zu Pefehl, Herr Doktor!« meinte Thomas, ein wenig befremdet über das »sie«.
    »So. Wir müssen unbemerkt folgen. Umgelenkt!«
    Der verfolgte Kahn fuhr an dem Palaste vorüber und landete eine Strecke unterhalb desselben im Ufergesträuch, welches an den Garten stieß. Max befand sich mit seiner Gondel noch oberhalb des Gebäudes. Er legte das Steuer nach links herüber und landete auch.
    »Thomas, willst Du ein Abenteuer mitmachen?«
    »Ein Apenteuer? Ich pin allemal dapei!«
    »Die dort im Kahne saß, ist kein Mann, sondern eine Frau.«
    »Eine Frau? Potz Tausend; was hat die hier zu suchen? Es muß doch pereits elf Uhr vorüper sein!«
    »Es ist eine Zigeunerin. Sie will jedenfalls in das herzogliche
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