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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers
Autoren: Joseph Delaney
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Vor zwei Tagen war der Spook nach Süden aufgebrochen, um sich mit einem Boggart zu befassen. Es ärgerte mich, dass mein Meister zum zweiten Mal in diesem Monat ohne mich zu einem Auftrag aufgebrochen war. Er behauptete jedes Mal, es sei nur Routine und nichts, was ich in meiner Lehre nicht schon einmal gesehen hätte. Ich sollte lieber zu Hause bleiben, Latein lernen und mich meinen Studien widmen. Ich widersprach nicht, aber es gefiel mir auch nicht, denn ich glaubte, er hatte einen anderen Grund, um mich zurückzulassen – er versuchte, mich zu beschützen.
    Gegen Ende des Sommers hatten die Hexen von Pendle den Teufel in unsere Welt geholt. Er war die fleischgewordene Dunkelheit, der Leibhaftige persönlich. Zwei Tage lang hatte er unter ihrem Befehl gestanden, und der lautete, mich zu vernichten. Ich hatte in einer speziellen Kammer Zuflucht gesucht, die meine Mutter für mich vorbereitet hatte, und das hatte mich gerettet. Jetzt verfolgte der Teufel seine eigenen dunklen Ziele, doch es gab keine Garantie dafür, dass er nicht erneut Jagd auf mich machen würde. Ich versuchte, möglichst nicht daran zu denken. Eines war jedenfalls sicher: Jetzt, wo der Teufel in die Welt gekommen war, war das Land zu einem wesentlich gefährlicheren Ort geworden, besonders für die, die die Dunkelheit bekämpften. Doch das bedeutete nicht, dass ich mich auf ewig vor der Gefahr verkriechen konnte. Noch war ich nur ein Lehrling, aber eines Tages würde ich der Spook sein, und dann musste ich die gleichen Risiken eingehen wie mein Meister, John Gregory. Ich wünschte nur, dass er das ebenso sehen würde.
    Ich ging ins Nebenzimmer, wo Alice hart daran arbeitete, eines der Bücher aus der Bibliothek des Spooks zu kopieren. Alice kam aus einer Pendle-Familie und war von ihrer Tante Knochenlizzie, einer malignen Hexe, die jetzt sicher in einer Grube im Garten des Spooks verwahrt wurde, zwei Jahre lang in schwarzer Magie unterrichtet worden. Sie hatte mich in alle möglichen Schwierigkeiten gebracht, doch schließlich war sie meine Freundin geworden und wohnte jetzt bei meinem Meister und mir und verdiente sich ihren Lebensunterhalt dadurch, dass sie seine Bücher abschrieb.
    Da er fürchtete, sie könnte etwas lesen, was nicht für ihre Augen bestimmt war, ließ der Spook sie nie in die Bibliothek gehen und sie bekam auch immer nur je ein Buch ausgehändigt. Dabei schätzte er ihre Fähigkeiten als Kopistin. Seine Bücher waren ihm heilig, denn sie beherbergten eine Fülle von Informationen, die über Generationen hinweg von Spooks gesammelt worden waren, daher fühlte er sich bei jedem sorgfältig abgeschriebenen Buch ein wenig sicherer, dass dieses Wissen weiterleben würde.
    Alice saß mit dem Stift in der Hand am Tisch und hatte zwei Bücher aufgeschlagen vor sich liegen. Sorgfältig übertrug sie den Inhalt des einen in das andere. Lächelnd sah sie mich an. Ich hatte sie nie hübscher gesehen: Das Kerzenlicht schimmerte auf ihrem dichten dunklen Haar und den hohen Wangenknochen. Doch als sie sah, dass ich meinen Umhang trug, war das Lächeln wie weggeblasen, und sie legte den Stift weg.
    »Ich gehe ins Dorf, um Vorräte zu holen«, verkündete ich.
    »Das musst du nicht tun, Tom«, protestierte sie mit offensichtlicher Besorgnis in der Stimme. »Ich kann doch gehen, dann kannst du weiterlernen.«
    Sie meinte es nur gut, aber ihre Worte machten mich zornig, sodass ich mir auf die Lippe beißen musste, um nichts Unfreundliches zu entgegnen. Alice war genau wie der Spook – sie wollte mich zu sehr beschützen.
    »Nein, Alice«, antwortete ich daher bestimmt. »Ich bin jetzt seit Wochen in diesem Haus eingesperrt, und ich brauche einen Spaziergang, um die Spinnweben aus meinem Kopf zu vertreiben. Vor Einbruch der Dunkelheit bin ich wieder zurück.«
    »Dann lass mich wenigstens mitkommen, Tom. Ich könnte gut selbst eine Pause brauchen. Ich kann diese staubigen Bücher nicht mehr sehen. In letzter Zeit mache ich nichts anderes mehr als schreiben!«
    Ich runzelte die Stirn. Alice war nicht ehrlich und das ärgerte mich.
    »Du willst doch nicht wirklich ins Dorf hinuntergehen, oder? Es ist ein kalter, eklig feuchter Abend. Du bist wie der Spook, du glaubst, dass ich draußen nicht sicher bin. Dass ich nicht allein klarkomme …«
    »Darum geht es doch gar nicht, Tom. Es ist nur so, dass jetzt der Teufel hier ist.«
    »Wenn der Teufel mich finden will, kann ich sowieso nicht viel dagegen unternehmen. Und dann würde es auch keinen
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