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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer
Autoren: Karl May
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vorhin. Hatten ihre Worte vielleicht den Zweck, ihm die Ueberlegenheit eines Stallmeisters begreiflich zu machen? Dann war das zarte Frauengebild vor ihm allerdings mehr erwachsen und gereift, als er angenommen hatte. Seine äußern Augenwinkel zeigten einige leichte Fältchen, als er fortfuhr:
    »Könnten diese Dienste doch von ewiger Dauer sein, meine gnädige Prinzeß! Aber man wird in Angst um Euer Hoheit sein. Ich muß den Wagen hier zurücklassen und einen anderen requiriren.«
    Er wandte sich an die Frau des abwesenden Schmiedes, welche, Auskunft ertheilend, bisher unter dem Eingange gestanden hatte.
    »Also der Meister kommt erst am Abende zurück?«
    »Ja.«
    »Und Sie haben Niemand, der die sofortige Reparatur ausführen könnte?«
    »Nein. Der Lehrjunge, welcher beim Nägelschlagen ist, bringt das nicht fertig.«
    »So giebt es vielleicht in der Nähe einen anständigen Wagen, den man sich leihen kann?«
    »Allerdings. Aber – Grüß Gott, Herr Doktor!« unterbrach sie sich. »Prächtiges Wetter zum Spazieren. Nicht?«
    Diese Worte waren an den mittlerweile herangekommenen Fußgänger gerichtet, welcher im Begriffe gestanden hatte, grüßend vorüberzuschreiten, jetzt aber, den Hut ziehend, näher trat. Die Frau streckte ihm halb vertraulich, halb respektvoll die Hand entgegen.
    »Der Herr Pathe wollte wohl gar vorübergehen?«
    »Um nicht zu stören.«
    »Stören? Es findet ja das gerade Gegentheil statt! Diese Herrschaften haben die Achse zerbrochen; mein Mann ist nicht da, und drüben der Sommergast, der Engländer, borgt seinen Wagen keinem Menschen als nur dem Herrn Doktor. Da könnte der Herr Pathe helfen, wenn er so gut sein wollte.«
    »Mein Freund, Lord Halingbrook, ist leider nach der Stadt gefahren; er begegnete mir, und in der Nähe wird es einen Wagen weiter nicht zur Verfügung geben. Doch wenn herzogliche Hoheit« – er verbeugte sich höflich aber gemessen vor dem Generale – »gestatten, werde ich Dero Wagen in kurzer Zeit gebrauchsfähig herstellen. Hat der Herd Feuer?«
    »Ja; der Junge braucht es zum Nägelmachen.«
    »So mach die Frau Pathe es den Herrschaften bequem. Ich werde sofort an die Arbeit gehen.«
    Er trat an die Schmiede, zog den Gehrock aus, streifte die Aermel empor und band sich das dort hängende Schurzfell des Meisters vor. Nachdem das Feuer gehörig angefacht war, untersuchte er den schadhaften Theil des Wagens.
    »In einer halben Stunde werden Durchlaucht fahren können,« lautete seine Entscheidung.
    Beide, sowohl der General als auch die Dame, hatten den Vorgang mit sichtlicher Verwunderung verfolgt. War dieser so distinguirt aussehende Mann, welcher den Doktortitel führte, wirklich im Stande, eine zerbrochene Wagenachse zu repariren? Die Schmiedin hatte ihn Pathe genannt; er konnte also von keinem ungewöhnlichen Herkommen sein, und doch war er Freund des Lord Halingbrook, eines stolzen, exklusiven Engländers, welcher als Gesandter seiner Königin Zutritt beim Hofe hatte. Das war ein Räthsel, für welches sich besonders die Dame zu interessiren schien.
    Sie beobachtete jede seiner Bewegungen mit Aufmerksamkeit und machte dabei die Bemerkung, daß er eine ungewöhnliche Körperstärke besitzen müsse. Die Pferde waren im Nu aus gespannt, und dann hantirte, hob und schob er an dem Wagen, als ob er ein leichtes Kinderspielzeug in den Händen habe. Dann ertönten aus der Schmiede mächtige Hammerschläge, so daß die Funken durch den Eingang auf die Straße stoben.
    Die Schmiedefrau hatte ein Tischchen mit zwei Stühlen, auf welchen die Herrschaften Platz nahmen, vor das Haus gesetzt.
    »Wie nennt sich der Herr, welcher sonderbarer Weise Arzt und Schmied zu gleicher Zeit ist?« frug die Dame.
    »Arzt? Nein, das ist er nicht, sondern Doktor der Jurisprudenz,« antwortete die Gefragte mit sichtlichem Stolze.
    »In seinem Alter? Welche Stellung bekleidet er?«
    »Keine; er hat das nicht nothwendig und sagt, es hindere ihn am Weiterlernen. Er ist der Sohn vom Hofschmied Brandauer; ich habe mit dem König und dem Lord Halingbrook Pathe bei ihm gestanden.«
    »Ah, die gewöhnliche Bettelei durch Gevatterbrief, der man leider so oft ausgesetzt ist!« dehnte der General geringschätzig.
    Das Gesicht der Schmiedefrau röthete sich ein wenig.
    »Darf ich fragen, wer der Herr Offizier ist?«
    »Ich bin der Prinz von Raumburg und General. Diese Dame ist die Prinzeß Asta von Süderland, königliche Hoheit.«
    Er schien mit dieser Vorstellung einen dominirenden Eindruck
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