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Scarpetta Factor

Scarpetta Factor

Titel: Scarpetta Factor
Autoren: Patricia Daniels Cornwell
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Scarpetta trat ein und schloss die Tür.
    »Es kann doch auch ein Irrtum sein.« Mrs. Darien wich vom Fenster zurück. Ihre Hände zitterten heftig. »Ständig sage ich mir, dass es nicht wahr ist. Es ist unmöglich. Gewiss handelt es sich um eine andere Frau. Was macht Sie so sicher?« Sie setzte sich an den kleinen Holztisch neben dem Wasserspender. Ihre Miene war stumpf und wie betäubt, ihre Augen funkelten ängstlich.
    »Wir haben Ihre Tochter auf der Grundlage ihrer persönlichen Habe, die von der Polizei sichergestellt wurde, vorläufig identifiziert.« Scarpetta zog sich einen Stuhl heran und nahm ihr gegenüber Platz. »Außerdem hat Ihr ehemaliger Mann sich ein Foto von ihr angesehen.«
    »Das hier gemacht wurde.«
    »Ja, ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen.«
    »Hat er Ihnen auch verraten, dass er sie nur ein- oder zweimal im Jahr zu Gesicht bekommt?«
    »Wir werden, wenn nötig, auch die zahnärztlichen Unterlagen und die DNA vergleichen«, erwiderte Scarpetta.
    »Ich schreibe Ihnen die Adresse ihres Zahnarztes auf. Sie geht noch immer zum selben Zahnarzt wie ich.« Als Grace Darien in ihrer Handtasche wühlte, fielen ein Lippenstift und eine Puderdose klappernd auf den Tisch. »Wie hieß noch mal die Polizistin, mit der ich gesprochen habe, als ich nach Hause kam und die Nachricht erhielt? Später hat ein anderer Detective angerufen. Ein Mann. Mario. Marinaro.« Ihre Stimme bebte, und sie musste die Tränen unterdrücken, während sie einen kleinen Notizblock und einen Stift hervorkramte.
    »Pete Marino?«
    Sie kritzelte etwas auf den Block und riss die Seite heraus. Ihre Bewegungen waren ungeschickt, fast als litte sie an Schüttellähmung. »Die Telefonnummer unseres Zahnarztes weiß ich nicht auswendig. Hier sind Name und Adresse.« Sie schob den Zettel zu Scarpetta hinüber. »Marino, ja, ich glaube, das war sein Name.«
    »Er ist Detective beim New York Police Department und dem Büro von Staatsanwältin Jaime Berger unterstellt. Die Staatsanwaltschaft wird in dieser Sache ermitteln.« Scarpetta verstaute den Zettel in der Akte, die Rene für sie hinterlegt hatte.
    »Er sagte, sie würden Tonis Haarbürste und ihre Zahnbürste aus ihrer Wohnung holen. Wahrscheinlich haben sie es schon getan, keine Ahnung. Seitdem habe ich nichts mehr gehört«, fuhr Mrs. Darien stockend und mit zitternder Stimme fort. »Die Polizei hat sich zuerst an Larry gewandt, weil ich nicht zu Hause war. Ich habe meine Katze zum Tierarzt gebracht. Ich musste sie einschläfern lassen, können Sie sich einen ungünstigeren Zeitpunkt vorstellen? Damit war ich gerade beschäftigt, als man versuchte, mich zu finden. Der Detective von der Staatsanwaltschaft meinte, man könne ihre DNA von Gegenständen aus ihrer Wohnung abnehmen. Ich begreife nicht, wie sie ohne diese Tests so überzeugt sein können, dass sie es ist.«
    Scarpetta hatte nicht die geringsten Zweifel an Toni Dariens Identität. Ihr Führerschein und ihre Wohnungsschlüssel waren in einer Tasche der Vliesjacke gewesen, die die Leiche trug. Röntgenaufnahmen der Toten hatten verheilte Brüche des Schlüsselbeins und des rechten Arms gezeigt, alte Verletzungen, die Toni sich vor fünf Jahren zugezogen hatte, als sie auf ihrem Rad von einem Auto angefahren worden war. So stand es wenigstens im Polizeibericht.
    »Ich habe sie immer davor gewarnt, in der Stadt zu joggen«, sprach Mrs. Darien weiter. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft. Und sie hat es auch nie bei Dunkelheit getan. Deshalb verstehe ich nicht, warum sie im Regen draußen herumgelaufen ist. Sie hat es gehasst, im Regen zu joggen, insbesondere wenn es dazu auch noch kalt ist. Es ist ganz bestimmt eine Verwechslung.«
    Scarpetta schob eine Schachtel mit Papiertaschentüchern zu ihr hinüber. »Bevor wir sie uns anschauen, würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Einverstanden?« Nachdem Grace Darien ihre Tochter gesehen hatte, würde sie nicht mehr in der Lage sein, ein Gespräch zu führen. »Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit Ihrer Tochter?«
    »Am Dienstagvormittag. Die genaue Uhrzeit weiß ich nicht mehr, es muss so gegen zehn gewesen sein. Ich habe sie angerufen, und wir haben uns ein bisschen unterhalten.«
    »Also vor zwei Tagen, am 16. Dezember.«
    »Ja.« Sie tupfte sich die Augen ab.
    »Seitdem nicht mehr? Keine Telefonate, Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, E-Mails?«
    »Wir haben nicht jeden Tag telefoniert oder gemailt. Aber sie hat mir eine SMS geschickt.
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