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Saukalt

Saukalt

Titel: Saukalt
Autoren: Oskar Feifar
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Monaten hatte der
Strobel eine Beziehung mit der Frau, die mehr als Freundschaft war. Man könnte
sagen, die zwei waren verliebt wie die Teenager. Eine Entwicklung, die dem Mann
wirklich gut tat. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte er sich glücklich.
Die beiden hatten sich während der Ermittlungen im Mordfall Höllerer
kennengelernt. Der Strobel hatte sich sofort zu ihr hingezogen gefühlt. Es
brauchte deshalb nur zwei oder drei Verabredungen, bis er sein Herz an die Frau
verlor. Trotzdem übertrieb er die Sache mit der Beziehung nicht. Er wollte auf
keinen Fall etwas überstürzen. Meistens sah er seine Angebetete nur am
Wochenende. Und das, obwohl sie gar nicht so weit weg wohnte. Eine halbe Stunde
Fahrzeit war es mit dem Auto bis nach Hollabrunn. Nur, dass der Strobel halt
kein Auto hatte. Deshalb musste er auf ein Verkehrsmittel zurückgreifen, das er
hasste. Den Bus. Ja wirklich, der Strobel mochte Busfahrten gar nicht. Zug ging
gerade noch, aber Bus unmöglich. Begründen konnte er das nicht. Es war eben
einfach so. Auf der anderen Seite hätte er genug Geld gehabt, um sich ein Auto
zu kaufen. Allerdings dachte er, dass es keinen Sinn machte, ein Fahrzeug
anzuschaffen, nur um einmal in der Woche, oder dann vielleicht auch öfter, nach
Hollabrunn fahren zu können. In Wirklichkeit waren die wirtschaftlichen
Argumente aber nur vorgeschoben. Der wahre Grund war nämlich, dass der Strobel
einen Vorwand suchte, nicht zu oft zur Frau Doktor zu fahren. Ich weiß, dass
sich das blöd anhört und du denkst, was das soll, wenn er doch in die Frau
verliebt war. Und da hast du auch recht. Aber er haderte eben noch mit seiner
Vergangenheit. Zum einen hatte er fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen
gegenüber seiner toten Frau und zum anderen auch Angst, er könnte die Frau
Doktor auch wieder verlieren. So ist es halt gekommen, dass er versuchte, ihre
Beziehung auf kleiner Flamme zu halten. Freilich war das der volle Blödsinn.
Und funktioniert hat es auch nicht, weil der Strobel mit seinen Gedanken die
ganze Zeit bei der Frau war. Die Frau Doktor wiederum war eine intelligente
Frau und ließ dem Strobel so viel Zeit, wie er eben brauchte. Sie hatte nämlich
ein Auto und hätte ihn jederzeit besuchen können. Getan hat sie es aber nicht.
Sie wollte ihn auf keinen Fall bedrängen. So ist sie eben brav daheim geblieben
und hat sehnsüchtig auf das Wochenende gewartet. Auch neu im Leben vom Strobel
war seine Freundschaft zum Pfarrer Römer. Diese Entwicklung überraschte ihn
selbst sehr, weil er grundsätzlich mit der Kirche und ihren irdischen
Vertretern nicht viel am Hut hatte. Diese Institution war ihm mehr als suspekt.
Er bezeichnete die Kirche oft als scheinheiligen Verein, und das komische
Gerede der meisten Priester ging ihm fürchterlich auf die Nerven. Vor allem
weil er der Meinung war, dass viele von ihnen Wasser predigten und Wein
tranken. Von daher ging er den Gottesdienern üblicherweise aus dem Weg. Jetzt
fragst du dich wahrscheinlich, wie es dann kommen konnte, dass sich der Strobel
ausgerechnet mit dem Pfarrer Römer anfreundete. Ganz einfach. Der Strobel war
zwar Gendarm, aber trotzdem natürlich auch Mensch. Deshalb hatte ihn die
Geschichte mit dem Missbrauch an den Kindern vom Bürgermeister ganz schön arg
mitgenommen. Zum Reden hatte er aber niemanden. Als er dann eines Nachts auf
Streife war, ist ihm der Pfarrer Römer mit einem Vollrausch untergekommen. Der
Gottesmann torkelte mitten auf der Straße herum und sang Lieder, die sich der
Strobel von einem Vertreter der Kirche eher nicht erwartet hätte. Der Römer war
damals nämlich auch nicht gut drauf wegen der ganzen Geschichte. Vor allem der
Umgang der Dorfbewohner mit der Situation und ihre Herzlosigkeit hatten ihn
schockiert. Am schwersten hatte ihn getroffen, dass die Bande am Sonntag zwar
immer brav in die Kirche kam, ihm aber offensichtlich nie zuhörte. Eine
Tatsache, die den Gottesmann in eine Sinnkrise stürzte. Das wieder hatte zur
Folge, dass er sich danach ziemlich lange weigerte, seine Messen zu lesen. Er
war eben furchtbar enttäuscht von der Unbelehrbarkeit seiner Schäfchen, die
nichts Besseres zu tun hatten, als mit ihrem Tratsch und Klatsch die Situation
für einige der Betroffenen nur noch viel schlimmer zu machen. Aber wie dem auch
sei. Jedenfalls sammelte der Strobel Hochwürden auf und brachte ihn nach Hause.
Ganz diskret, versteht sich. Wobei ich mir natürlich die Frage stellen muss,
wie diskret es wohl sein kann,
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