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Sascha - Das Ende der Unschuld

Sascha - Das Ende der Unschuld

Titel: Sascha - Das Ende der Unschuld
Autoren: Andy Claus
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ausgestreckte Hand. Vor der Klinik setzte er sich auf den Rasen, weil ihn einfach die Kräfte verließen. Er machte sich erst viel später auf den Weg nach Marienburg.
    ✵
    Wieder hatte Sascha einen Menschen verloren, an dem sein Herz hing und den er liebte. Aber diesmal war etwas in ihm gestorben, das bisher trotz allem irgendwo in seinem Herzen überleben konnte. Sascha war schlagartig erwachsen geworden. Das Kind in ihm, das trotz all der Narben noch immer glauben und träumen konnte und das ihn irgendwo aus seinem Unterbewusstsein von Zeit zu Zeit wieder aufgerichtet hatte, gab es nun nicht mehr. Mit den Überresten dieses letzten Funkens naiver, kindlicher Zuversicht begrub er auch seinen Lebensmut. So wusste er von dem Moment an, als er die Klinik verließ, dass es kein Zurück zu Claus mehr geben konnte. Er würde nicht mehr kämpfen und er wollte auch nicht mehr auf eine Wende seines Schicksals hoffen. Er hatte resigniert. Noch am gleichen Tag verließ er mit seinen wenigen Sachen für immer das Haus in Marienburg.
    ✵
    Inzwischen wurde es Juli. Der Sommer war genauso trostlos wie Saschas Stimmung. Zwei Wochen lebte er nun schon bei Guido, der ihn ohne viele Fragen kurzfristig aufnahm. Die Unterkunft sollte jedoch nur vorübergehend sein, bis er eine eigene Wohnung gefunden hatte. Er gab sich bei der Suche keine große Mühe und Guido drängte ihn auch nicht. Trotzdem zeichnete sich ab, dass die Stimmung zwischen ihnen immer gereizter wurde.
    Es gab zwischen den beiden eine unausgesprochene Vereinbarung. Sie hatten keinen Sex, Sascha wollte nicht angefasst werden und diese Tatsache ärgerte Guido mit jedem Tag mehr. Er war nicht der Mensch, der über einen längeren Zeitraum ohne Sex auskam und statt dessen versuchte, einen anderen aus seiner Niedergeschlagenheit zu holen. So bekam Sascha keine Chance, sich ihm zu öffnen, und Guido hatte in kurzen Worten lediglich die Vorgänge in der Klinik erfahren.
    Sascha schwieg über seine Gedanken und Gefühle, verschloss seine Emotionen tief in sich, wie er es quälend gelernt hatte. Wenn er wieder einmal ein paar Telefonate führte, um einen Job oder eine Wohnung zu finden, wenn er vor dem Fernseher saß und Nachrichten von einer Überschwemmung im Osten Deutschlands hörte oder einen Film sah, der ihn ohnehin nicht interessierte, blieb stets die Erkenntnis, dass diese Anstrengung sinnlos war und im Grunde nur dazu dienen sollten, die Zeit schneller verstreichen zu lassen.
    So stellte er sich immer wieder die Frage, warum er sich überhaupt diese Mühe gab. Er konnte sich diese Frage nicht beantworten, machte vielleicht nur aus Gewohnheit weiter, ohne sich wirklich für seine Zukunft zu interessieren.
    Er fand im August einen Job als Kellner in einer Kölner Schwulenkneipe und ein günstig liegendes, zu teures, möbliertes Appartement, für dessen Kaution und erste Miete Guido ihm das Geld vorstreckte.
    ✵
    Claus machte keinerlei Fortschritte. Er sah nun keinen Sinn mehr darin, die Ärzte zu täuschen und konnte nur mit starken Sedativa zur Ruhe gezwungen werden.
    So vergingen zwei Wochen, in denen sich Professor Albrecht intensiv mit der Anwendung und Wirkung von Clopazin beschäftigte und zu dem Entschluss kam, dass er das Medikament ausprobieren wollte. Um die Schwierigkeiten dabei zu umgehen, ließ er Claus mit Zustimmung der privaten Krankenkasse seines Patienten in das Sanatorium eines befreundeten Chefarztes in Belgien verlegen, wo das Präparat bereits zugelassen wurde. Nach Claus’ Überführung dorthin ließ er sich regelmäßig von dort Bericht erstatten, der Fall beschäftigte ihn persönlich und er hatte es sich zur ureigenen Aufgabe gemacht, Claus zu helfen. So wie es aussah, sprach Claus nach anfänglichen Problemen immerhin auf das Arzneimittel an und kam inzwischen bereits ohne Beruhigungsmittel aus. Immer wieder versuchte Professor Albrecht, Sascha zu erreichen, um ihm von den kleinen Fortschritten zu berichten. Ihm ging die Traurigkeit in den Augen des jungen Mannes nicht mehr aus dem Kopf. Aber in Marienburg ging niemand an den Apparat. Und so gab er es irgendwann auf. Die Behörden, die wegen eines gesetzlichen Vormundes bei ihm vorsprachen, da Claus keine Familie hatte, die Ansprüche am Besitz erhoben, vertröstete er und wirkte dabei überzeugter, als er tatsächlich war.
    ✵
    Mittlerweile waren knapp vier Monate vergangen und heute sollte der Tag sein, an dem Claus zurückkam. Es war erst November, aber bereits ungewöhnlich kalt, als
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