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Sascha - Das Ende der Unschuld

Sascha - Das Ende der Unschuld

Titel: Sascha - Das Ende der Unschuld
Autoren: Andy Claus
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erholt, hatte zugenommen und einen gesünderen Teint als vor drei Monaten, als er ihm ungewöhnlich bleich, unrasiert und mit Wunden übersät zum letzten Mal gegenüberstand.
    Der Professor schickte die beiden Pfleger hinaus und setzte sich zu den beiden. Einen winzigen Augenblick sagte niemand etwas. Dann begann der Arzt:
    „Nun, Herr David, wie geht es Ihnen jetzt, wo Sie ihren Freund wiedersehen?“
    Claus schaute Sascha an, der unter diesem Blick förmlich zu spüren glaubte, wie sich das Blut seiner Adern in Eis verwandelte. Es war ein eigenartiger Augenausdruck, er hatte gar nichts von der Wärme und Zuneigung, mit der Claus ihn früher angeschaut hatte. Saschas Gefühl Lügen strafend antwortete Claus jedoch:
    „Es ist alles in Ordnung, kein Problem.“
    Es schloss sich ein oberflächliches Gespräch an. Auch wenn Claus sich mit Sascha unterhielt, das Gespräch fast eine halbe Stunde vor sich hin plätscherte, wurde es nicht intensiver. Genauso hätten sie sich gegenseitig dreißig Minuten lang über die Wetteraussichten befragen können. Claus blieb die ganze Zeit über vollkommen friedlich und diszipliniert, fast schon locker. Trotzdem wurde Sascha dieses negative Gefühl nicht los, dass in Claus noch immer etwas extrem Destruktives schwelte, an das niemand rühren durfte.
    „Gut.“
    Professor Albrecht wollte diese Unterhaltung beenden.
    „Ich denke, wir konnten vermerken, dass sich kein pathologischer Relaps zeigte. Ich glaube, Herr David, wir haben die größte Strecke des Weges erfolgreich zurückgelegt. Wie fühlen Sie sich jetzt?“
    Claus lächelte gewinnend.
    „Gut, um nicht zu sagen – sehr gut. Ich bin froh, dass Sascha hier ist. Zugegeben, ich hatte Angst vor diesem Termin. Ich fürchtete mich davor, dass dieser Schalter in meinem Kopf wieder umschlagen würde, ohne dass ich das irgendwie kontrollieren könnte. Dem war aber nicht so. Es gibt allerdings noch eine Sache, die mir auf dem Herzen liegt. Ich bin nicht sicher, wie Sie dazu stehen werden.“
    „Um was genau geht es?“
    „Ich möchte mit Sascha allein sprechen.“
    Sascha erschrak aufgrund dieses Wunsches, während auch der Professor seine Zweifel äußerte.
    „Tja, ich weiß nicht recht. Wir sollten beim ersten Mal doch etwas vorsichtig bleiben und ...“
    „Nein, nein, Herr Professor – es ist mir schon klar, dass Sie Zweifel haben. Aber das müssen Sie nicht.“
    Claus stand auf und setzte sich demonstrativ neben Sascha, der sitzen blieb, als habe er einen Stock verschluckt und seinen Freund nicht anzusehen wagte.
    „Sehen Sie ...“
    Claus legte seinen Arm um Sascha.
    „Ich habe keine Berührungsängste mehr. Ich habe es geschafft. Bitte, nur zwei Minuten, wir haben uns so lange nicht gesehen und ich habe einiges gutzumachen.“
    Der Professor sah immer noch skeptisch von einem zum anderen, entschied sich aber dann dafür, Claus’ Wunsch nachzugeben und dessen Genesung nicht durch offensichtliche Bedenken zu behindern. Bevor er den Raum verließ, schaute er noch einmal zurück. Claus saß neben Sascha, er machte noch immer einen durchaus natürlichen, gelösten Eindruck. Trotzdem verabschiedete sich der Arzt mit den gemeingültig gehaltenen Worten:
    „Wenn Sie meine Hilfe brauchen, ich bleibe direkt vor der Tür.“
    Dann waren die beiden Freunde allein. Sascha sah Claus nicht an, er glaubte beinahe körperlich so etwas wie Feindseligkeit zu spüren. Es war, als stellten sich die feinen Härchen auf seinem Rücken auf, er hatte eine Gänsehaut und wartete unsicher auf das, was da kommen sollte. Aber Claus blieb noch immer ruhig und begann:
    „Es war eine schwere Zeit. Es ist eine Menge passiert inzwischen, ich weiß nicht mehr alles. Der Professor hat mir gesagt, was in Marienburg vorgefallen ist und dass ich wirklich sehr krank war. Aber das ist vorbei. Ich bin jetzt wieder ich selbst.“
    Er fasste nach Saschas Kinn, zog sein Gesicht zu sich heran und erkannte den ausgesprochen wachsamen Ausdruck in dessen großen, schwarzen Augen. Er lächelte und es war dieser Moment, in dem Saschas innere Zerrissenheit, die Einsamkeit und der Kummer der letzten Monate sich in ihm Bahn brachen. Er gab alle Vorsicht auf, als er in Claus’ Gesicht sah. Er liebte diesen Mann noch immer, da gab es keinen Zweifel. Fast war es, als sei er ihm in der letzten Zeit, während er in seine Fußstapfen getreten war, noch nähergekommen.
    Er ließ seine Stirn auf Claus’ Schulter sinken, seine Finger klammerten sich um die Hände des
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