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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen
Autoren: Karin Slaughter
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Coldfield es getan hatte. Er war ihnen gefolgt, hatte ihre intimsten Momente ausspioniert. Und keine von ihnen hatte gemerkt, dass er es tat.
    Pauline fragte: » Geht es der anderen Frau gut? Diejenige, mit der ich zusammen war?«
    » Ja.« Olivia Tanner ging es so gut, dass sie sich weigerte, mit der Polizei zu reden.
    » Sie ist ein zähes Ding.«
    » Das sind Sie auch«, entgegnete Faith. » Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie mit ihr reden.«
    » Ich brauche keine Hilfe.«
    Faith ging erst gar nicht darauf ein.
    Pauline sagte: » Ich wusste, dass Tom mich irgendwann finden würde. Ich trainierte die ganze Zeit dafür, um sicherzustellen, dass ich ohne Essen auskam und dass ich durchhalten konnte.« Sie erklärte: » Als ich und Alexandra es waren, misshandelte er immer diejenige, die am lautesten schrie, die als Erste zusammenbrach. Ich sorgte dafür, dass ich es nicht war. So half ich mir selbst.«
    Will fragte: » Fragte Ihr Vater nie, warum Ihre Mutter den Namen ändern und wegziehen wollte?«
    » Sie sagte ihm, sie wolle es, um Tom einen Neuanfang zu ermöglichen – um uns allen einen Neuanfang zu ermöglichen.« Sie lachte humorlos auf und richtete die nächsten Worte an Faith: » Es geht immer um die Jungs, nicht? Mütter und ihre Söhne. Scheiß auf die Töchter. Nur ihre Söhne lieben sie wirklich.«
    Faith legte sich die Hand auf den Bauch. Die Geste war ihr in den letzten Tagen zur zweiten Natur geworden. Die ganze Zeit hatte sie gedacht, dass das Kind in ihr ein Junge war, ein zweiter Jeremy, der ihr Bilder malen und ihr vorsingen würde. Noch ein Knirps, der mit stolzgeschwellter Brust seinen Freunden erzählen würde, dass seine Mutter eine Polizistin war. Noch ein junger Mann, der mit Frauen respektvoll umging. Noch ein Erwachsener, der von seiner alleinerziehenden Mutter wusste, wie schwierig es war, das schwache Geschlecht zu sein.
    Jetzt betete Faith, dass sie eine Tochter bekommen würde. Jede Frau, die sie bei diesem Fall kennengelernt hatte, hatte einen Weg gefunden, sich selbst zu hassen, lange bevor Tom Coldfield sie in die Finger bekam. Sie waren es gewöhnt, ihrem Körper alles zu entziehen, von Nahrung über Wärme bis hin zu etwas so Lebenswichtigem wie Liebe. Faith wollte ihrem eigenen Kind einen anderen Weg zeigen. Sie wollte ein Mädchen, das sie so erziehen konnte, dass es vielleicht eine Chance hatte, sich selbst zu lieben. Sie wollte sehen, wie aus diesem Mädchen eine starke Frau wurde, die ihren Wert in der Welt kannte. Und sie wollte, dass keines ihrer Kinder je einen Menschen kennenlernte, der so verbittert und geschädigt war wie Pauline McGhee.
    Will sagte zu Pauline: » Judith ist im Krankenhaus. Die Kugel hat ihr Herz knapp verfehlt.«
    Tränen traten Pauline in die Augen, und Faith fragte sich, ob es in ihr noch einen Teil gab, wie klein auch immer, der eine Beziehung zu ihrer Mutter wollte.
    Faith bot ihr an: » Ich könnte Sie zu Judith fahren, wenn Sie wollen.«
    Sie lachte schnaubend auf und wischte sich wütend die Tränen weg. » Bloß nicht. Sie war nie für mich da. Und jetzt werde ich mit Sicherheit nicht für sie da sein.« Sie schob sich ihren Sohn auf die Schulter. » Ich muss ihn nach Hause bringen.«
    Will sagte: » Könnten Sie vielleicht einfach …«
    » Einfach was?«
    Darauf hatte er keine Antwort. Pauline stand auf und ging zur Tür. Während sie nach dem Knauf griff, versuchte sie, Felix festzuhalten.
    Faith sagte: » Wahrscheinlich wird sich das FBI mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    » Das FBI kann mich am Arsch lecken.« Sie schaffte es, die Tür zu öffnen. » Und Sie ebenfalls.«
    Faith schaute ihr nach, wie sie den Gang hinunterging und sich Felix an die andere Schulter legte, als sie zu den Aufzügen abbog. » O Gott«, sagte sie leise. » Es ist schwer, Mitleid mit ihr zu haben.«
    » Sie haben genau das Richtige getan«, erwiderte Will.
    Faith sah sich nun wieder in Tom Coldfields Korridor, ihre Waffe an Paulines Kopf, während Tom sich am Boden aufbäumte. Sie waren nicht dafür ausgebildet, einen Verdächtigen kampfunfähig zu schießen. Sie waren dafür ausgebildet, eine schnelle Kugel mitten ins Herz zu schießen.
    Außer man war Amanda Wagner. Dann feuerte man eine einzelne Kugel, die genug Schaden anrichtete, um die Person zu Boden zu werfen, ohne ihr das Leben zu nehmen.
    Will fragte: » Wenn Sie es noch einmal machen müssten, würden Sie Pauline Tom umbringen lassen?«
    » Ich weiß es nicht«, gestand Faith. » Ich funktionierte auf
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