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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau
Autoren: Kerstin Gier
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gut gemacht«, fuhr ich fort. »Das findet der Graf im Übrigen auch. Natürlich war ich kein besonders schwieriger Fall. . . Gott, ich schäme mich so, wenn ich daran denke, wie leicht ich es dir gemacht habe.« Ich konnte ihn nicht mehr ansehen.
    »Gwendolyn . . .« Er unterbrach sich. »Es geht gleich los.
    Vielleicht sollten wir das Gespräch lieber nachher weiterführen. In Ruhe. Ich hab zwar noch keinen Schimmer, worauf du hinauswillst. . .«
    »Ich will nur wissen, ob das wahr ist«, sagte ich. Natürlich war es wahr, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. In meinem Magen kündigte sich der bevorstehende Zeitsprung an. »Ob du wirklich geplant hast, mich in dich verliebt zu machen, genauso wie du es vorher mit Charlotte getan hast.«
    Gideon ließ mich los. »Das ist ein blöder Augenblick«, sagte er. »Gwendolyn. Wir reden gleich darüber. Ich verspreche es dir.«
    »Nein! Jetzt!« Der Knoten in meinem Hals platzte und meine Tränen begannen zu fließen. »Es reicht, wenn du Ja oder Nein sagst! Hast du das alles geplant?«
    Gideon rieb sich über seine Stirn. »Gwen. . .«
    »Ja oder nein?«, schluchzte ich.
    »Ja«, sagte Gideon. »Aber bitte - hör auf zu weinen.«
    Und zum zweiten Mal an diesem Tag fiel mein Herz - diesmal nur die zweite Ausgabe, das Phantomherz, das vor lauter Hoffnung nachgewachsen war - über die Klippe und zerschellte am Grund der Schlucht zu Tausenden von winzig kleinen Splittern. »Okay, das war eigentlich alles, was ich wissen wollte«, flüsterte ich. »Danke für deine Ehrlichkeit.«
    »Gwen. Ich möchte dir gern erklären . . .« Vor meinen Augen löste Gideon sich in Luft auf. Ein paar Sekunden lang, während die Kälte zurück in meinen Körper kroch, starrte ich in das flackernde Licht der Fackel und auf den Totenkopf darüber und versuchte, meine Tränen zurückzudrängen, dann verschwamm alles vor meinen Augen.
    Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich an das Licht im Chronografenraum meiner Zeit zu gewöhnen, aber ich hörte Dr. Whites aufgeregte Stimme und das Reißen von Stoff.
    »Es ist nichts«, sagte Gideon. »Nur ein winziger Schnitt, es hat kaum geblutet. Dafür brauche ich nicht mal ein Pflaster. Dr. White - Sie können Ihre Adernklemmen weglegen! Es ist gar nichts passiert!«
    »Hallo Heuhaufenmädchen«, begrüßte mich Xemerius. »Du wirst nie raten, was wir herausgefunden haben! Oh nein! Hast du etwa schon wieder geweint?«
    Mr George packte mich mit beiden Händen und drehte mich einmal um die eigene Achse. »Sie ist unverletzt!«, sagte er mit Erleichterung in der Stimme.
    Ja. Wenn man mal von meinem Herzen absah.
    »Lass uns hier abhauen«, sagte Xemerius. »Torfkopfs Bruder und deine Freundin Leslie haben dir nämlich eine hochinteressante Mitteilung zu machen! Stell dir mal vor, sie haben herausgefunden, welche Stelle die Koordinaten aus dem Code des Grünen Reiters bezeichnen. Du wirst es nicht glauben!«
    »Gwendolyn?« Gideon sah mich an, als habe er Angst, ich könne mich seinetwegen vor den nächsten Bus werfen.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte ich, ohne ihm in die Augen zu schauen. »Mr George, können Sie mich bitte nach oben bringen? Ich muss wirklich dringend nach Hause.«
    »Natürlich.« Mr George nickte.
    Gideon machte eine Bewegung, aber Dr. White hielt ihn fest. »Wirst du wohl stillhalten!« Er hatte Gideons Jackenärmel und den des daruntergetragenen Hemdes komplett abgerissen. Der Arm war blutverkrustet und oberhalb davon, schon beinahe an der Schulter, war eine kleine Schnittwunde zu sehen. Der kleine Geistjunge Robert starrte ganz entsetzt auf das viele Blut.
    »Wer war das? Das muss desinfiziert und genäht werden«, sagte Dr. White finster.
    »Auf keinen Fall«, sagte Gideon. Er war blass geworden und von seiner Aufgekratzheit war nichts mehr übrig geblieben. »Das können wir später machen. Ich muss erst mit Gwendolyn reden.«
    »Das ist wirklich nicht nötig«, sagte ich. »Ich weiß alles, was ich wissen muss. Und jetzt muss ich nach Hause.« »Allerdings!«, sagte Xemerius.
    »Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte Mr George zu Gideon, während er nach dem schwarzen Tuch griff. »Und Gwendolyn sieht müde aus. Sie muss früh zur Schule.«
    »Genau! Und heute Nacht noch wird sie auf Schatzsuche gehen«, sagte Xemerius. »Oder was auch immer sich bei diesen Koordinaten finden wird . . .«
    Mr George verband mir die Augen. Das Letzte, was ich sah, waren Gideons Augen, die unnatürlich grün in seinem blassen Gesicht
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