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Santiago, Santiago

Santiago, Santiago

Titel: Santiago, Santiago
Autoren: Hans Aebli
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Yvon, Paris, und von A.G. Cobas S.A., Barna, reproduziere.
Schließlich möchte ich all jenen Personen, die mich bei der Abfassung und der Herstellung dieses Buches beraten und unterstützt haben, herzlich danken. Mein Dank geht vor allem an meine Frau Verena, an Dr. P. Stehlin, Drs. P. und S. Bonati, Dr. R. de Quervain und Frau lic. phil. Marianne Reußer, die das Manuskript gelesen und mir wertvolle inhaltliche und sprachliche Hinweise gegeben haben, und an das Geographische Institut der Universität Bern, seinen gegenwärtigen Direktor, Prof. Dr. Klaus Aerni, und an den Kartographen, Herrn A. Brodbeck, die die Herstellung der schönen Karte ermöglicht haben, sowie ein neues Mal an meine Verlagspartner im Hause Klett, die dieses schriftstellerische Unternehmen mit Wohlwollen und Kompetenz begleitet haben.
Aber genug der Vor-Worte. Jetzt heißt es:
Santiago Santiago...
 
Burgdorf/Bern, im November 1989                              Hans Aebli
     

Die neue Lebensform: Unterwegssein
1. Tag: Von Le Puy nach Saint-Privat-d’Allier 1
 
Wir fühlen uns noch gar nicht als Pilger, wie wir am frühen Morgen des 20. Juli mit unseren Rucksäcken vors Hotel treten. Auch was wir da sehen, ist kaum dazu angetan, unseren Schritt in die neue Lebensform zu unterstützen. Vor uns liegt das biedere Bahnhöflein von Le Puy, der kleinen Provinzstadt im französischen Zentralmassiv. Ein Taxi und zwei oder drei Lieferwagen stehen davor, ganz auf ihre weltlichen Geschäfte eingestellt. Die Straße, die zur Altstadt hinunterführt, steht dem Geiste der Pilgerschaft ebenso fern: Garagen, Fabrikvertretungen, billige Cafés.
Wir selbst brauchen Zeit für die Umstellung. Gestern erst sind wir mit der Bahn hier angekommen, und praktische Fragen aller Art haben uns seither beschäftigt: Ist unsere Ausrüstung auch vollständig? Wie weit voraus und wo sollen wir für Unterkunft sorgen? Werden uns Gefahren drohen? Was dagegen tun?
Den äußeren Weg werden wir wohl finden. Wir sind hierher gefahren, weil in Le Puy der bezeichnete Wanderweg beginnt, der über 1453 Kilometer dem mittelalterlichen Jakobsweg folgt, und wir haben die dazugehörigen Wanderführer 2 schon zu Hause genau studiert.
Aber es geht nicht nur darum, den äußeren Weg zu finden. Wir möchten auch einen inneren Weg gehen. Das ist wahrscheinlich der schwierigere Teil des Unternehmens. Wir wollen nicht einfach einen »alten Menschen« ablegen. Wir verstehen uns auch nicht als Aussteiger, sondern werden in drei Monaten zu Hause weiterfahren, wo wir die Dinge haben stehen lassen. Wir möchten die kommende Zeit jedoch nutzen, um über uns und die Welt — die materielle und die geistige — etwas tiefer und vielleicht auch ganzheitlicher nachzudenken, als es uns bisher gelungen ist.
Wo also den eigentlichen Weg beginnen? Wir wollen es wie die Pilger des Mittelalters halten und zur Kathedrale Sainte-Marie hinaufsteigen. Zwar wird uns dort zur frühen Stunde niemand verabschieden. Aber wir werden von den hohen Bogen ihrer Westfassade über die Dächer der Altstadt zu den Höhen hinüberblicken, durch die der Jakobsweg in die Weiten Frankreichs und Spaniens führt, und wir werden uns kurz zu sammeln suchen.
Es ist noch nicht ganz sieben Uhr, wie wir oben ankommen. Wir sind allein mit der alten Kirche. Der Tag ist noch jung, der Himmel schon hell, die Gassen liegen noch im Schatten. Aus einzelnen Kaminen steigt ein dünnes Räuchlein, wohl aus Backstuben, vor denen Bäckersfrauen ihre Läden öffnen.
- Laß die Reise gelingen, lieber Vater im Himmel.
Dann steigen wir über die breite Treppe vor der Kirche in die steile Gasse hinab, die durch die Altstadt führt, und wechseln hinüber zur »Place du Plot«, an dessen Brunnen die Pilger ihre Kürbisflaschen zu füllen pflegten. Dann durch die Rue Saint-Jacques — die Jakobsstraße — hinaus und über das Boulevard, das die alten Stadtgräben deckt: man kennt die Wege der Pilger durch Le Puy noch heute und weiß, wie sie aus der Stadt gezogen sind. Wir folgen ihrem Aufstieg aus dem Talkessel der Loire und wandern gegen die Hochebene des Velay hinauf.
Auf halber Höhe blicken wir auf die Stadt zurück. Die Kathedrale hebt sich klar vom Morgenhimmel ab. Da ist auch noch einmal die große Marienstatue auf dem alten Vulkankegel über den Häusern und, etwas abgesetzt, der andere steile Kegel mit der uralten Kirche von Saint-Michel-de-l’Aiguilhe.
Dann knirscht der Weg im Takt der Schritte unter unseren Füßen.
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