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Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe

Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe

Titel: Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
Autoren: Lynsay Sands
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Moment lang dachte sie, er würde ihr sagen, sie solle sich gefälligst um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Doch dann antwortete er, und die Worte kamen ihm über die Lippen, als hätte er schon lange auf diesen Augenblick gewartet.
    „Sie wollten mir einen Besuch abstatten. Ihr Besitz grenzte an meinen, und sie ritten herüber. Ein Wegelagerer hatte die Gegend zwar unsicher gemacht, doch bis dahin war noch niemand ernsthaft zu Schaden gekommen, sondern nur ausgeraubt worden, und das auch nicht in großem Ausmaß. Meine Schwester und ihr Gatte blieben zum Abendessen, und es war bereits dunkel, als sie die Rückreise antraten. Ich bot ihnen an, sie mit meiner Kutsche heimzubringen …“
    Er sprach nicht gleich weiter. Ein unbestimmbarer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht Bedauern? Schmerz? Zorn? „Ich hätte darauf bestehen müssen.“
    Schuldbewusstsein also. Seufzend lehnte sich Charlie zurück. Aber weshalb fühlte sich Radcliffe schuldig, wenn er von seiner Schwester sprach?
    „War sie jünger als Sie?“
    „Ja.“ Seufzend setzte er seinen Becher an die Lippen.
    „Und Ihre Eltern?“
    „Sie starben, als wir beide jünger waren – ich achtzehn und Mary zwölf.“
    „Dann haben Sie Ihre Schwester aufgezogen und bis zu ihrer Hochzeit für sie gesorgt?“
    Er warf ihr einen überraschten Blick zu. „So ist es. Woher wusstest du das?“
    Charlie zuckte die Schultern. „Wer außer Ihnen hätte es tun sollen? Sie erwähnten doch niemanden sonst“, sagte sie geistesabwesend. Mit den Gedanken war sie bei dem eben Gehörten. Jetzt kannte sie den Grund für sein Schuldbewusstsein: Er schien zu glauben, er hätte seine Schwester im Stich gelassen.
    Wahrscheinlich hatte er auch deshalb Beth und ihr seinen Schutz angeboten. Dass Beth ihn an Mary erinnerte, hatte er ja selbst gesagt. Die vergangene Nacht musste ihm ähnlich erschienen sein wie jene, die seiner Schwester den Tod gebracht hatte – ein Mann und eine Frau allein in der Nacht auf einer Landstraße. Ja, jetzt war ihr klar, weshalb er ihnen hatte helfen wollen.
    Radcliffe blickte düster drein. Wahrscheinlich machte es ihn verlegen, und es ärgerte ihn, dass er so viel preisgegeben hatte. Offensichtlich war es ihr gelungen, ihm mehr zu entlocken, als er seit vielen Jahren je einem Menschen anvertraut hatte.
    „Kannst du schießen?“ fragte er plötzlich ungehalten. „Oder hat es dir noch niemand beigebracht?“
    Charlies kurzes Schweigen war Radcliffe Antwort genug. Er erhob sich. „Euer Onkel wird es euch sicherlich nicht gelehrt haben. Einen Mann, der seine Nichte an Carland verkauft, schert es wohl kaum, ob sein Neffe sich verteidigen kann oder nicht.“
    Er lächelte Charlie zu. „Komm mit“, befahl er schroff.
    Charlie kletterte hinter dem Tisch hervor und folgte dem Lord gehorsam.
    „Wo wart ihr denn?“ Beth eilte herbei, als Charlie und Radcliffe zwei Stunden später den Gasthof betraten.
    Charlie las die Besorgnis in der Miene ihrer Schwester, doch Radcliffe beantwortete ihre Frage.
    „Ich habe deinem Bruder das Schießen beigebracht.“
    Beth staunte. „Wirklich? Wie ist es denn gelaufen?“
    Charlie lachte in sich hinein, als Radcliffe nicht gleich antwortete. Sie wusste, dass man sie nicht gerade als Naturtalent bezeichnen konnte. Nicht ein einziges Ziel hatte sie getroffen. Überraschenderweise hatte Radcliffe mit ihr nicht die Geduld verloren, sondern sie immer wieder ermutigt und ihr am Ende versichert, dass sie noch besser werden würde, wenn sie nur genug übe. Wenn sie sehr viel übe …
    „Was deinem Bruder an Treffsicherheit fehlt, macht er mit seinem Enthusiasmus wieder wett. Er wird es noch lernen. Er braucht nur Übung“, erklärte Radcliffe schließlich, und Charlies Kichern wurde zu lautem Gelächter bei seinem Versuch, sich diplomatisch auszudrücken.
    Als er über ihre Erheiterung leicht lächelte, verneigte sich Charlie etwas spöttisch vor ihm, nahm Beth am Arm und führte sie in den Raum, in dem sie zuvor gespeist hatten. „Ich fürchte, als Mann bin ich ein kompletter Versager“, vertraute sie ihrer Schwester beim Gehen an. „Ich könnte auf zehn Schritt Entfernung nicht einmal das Stalltor treffen.“
    Beth schaute zweifelnd drein und brach dann in Lachen aus. So erreichten sie den Tisch.
    Radcliffe war dem Pärchen gefolgt und lächelte nun wie ein gütiger Monarch auf seine Schutzbefohlenen hinunter. Er setzte sich ihnen gegenüber, hörte zu, wie Charles von den Ereignissen dieses Nachmittags
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