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Sandra und das Haus in den Hügeln

Sandra und das Haus in den Hügeln

Titel: Sandra und das Haus in den Hügeln
Autoren: Margot Kreuter
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    Ach, so hast du dir das gedacht! Das hast du ja prima hingebogen, dachte Sandra.
    Laut sagte sie: „Mein Bruder wird eine Möglichkeit finden, mich abzuholen. Darf ich ihn anrufen?“
    Der Hausvater schüttelte bekümmert den Kopf. „Das Telefon ist gestört, mein Kind. Der Schnee wird dafür verantwortlich sein. Du mußt dich noch eine Weile gedulden. Der Herr wird alles ordnen“, sagte er salbungsvoll.
    Ohne Sandras fälliges „Halleluja!“ abzuwarten, das auch nicht erfolgte, drehte der Hausvater sich um. Im Fortgehen klatschte er in die Hände und rief: „Judith soll in mein Büro kommen!“
    Sandra wollte ihm nachlaufen.
    Doch Rocho trat ihr in den Weg. „Ich habe etwas zu lesen für dich herausgesucht, Schwester. Diese Broschüre, von dem Gründer unserer Kolonie verfaßt, wird dich erbauen und in deinem Entschluß, unsere Familie als deine Familie anzunehmen, bestärken.“
    „Vielen Dank. Ich lese es zu Hause“, erwiderte Sandra.
    Rocho lächelte hintergründig, während er zu dem Gong ging und die Familie zum Frühstück zusammenrief.
    Auf dem Weg zur Küche traf Sandra auf Camilla.
    Das Mädchen, von dessen Stöhnen Sandra in der Nacht aufgewacht war, schien noch immer über Leibschmerzen zu klagen. Ihr Gesicht schimmerte grünlich. Ihre dunkel umschatteten Augen lagen tief in den Augenhöhlen. Sie hielt ihre Hände auf ihren Magen gepreßt und schleppte sich kraftlos vorwärts.
    Sandra hielt sie an. „Warum bist du nicht im Bett geblieben? Durftest du nicht?“ erkundigte sie sich mitleidig.
    Camilla schüttelte den Kopf.
    „Hast du schon etwas gegessen?“
    Wieder das müde Kopfschütteln.
    „Aber weshalb denn nicht? Der Hausvater hat es doch erlaubt“, sagte Sandra verständnislos.
    „Erst zum Frühstück“, flüsterte Camilla mit schwerer Zunge. Sogar das Sprechen schien sie anzustrengen.
    „Sag bloß, vorher haben sie dir nichts gegeben!“ empörte sich Sandra. „Weshalb fährst du nicht zu deiner Familie? Du bist krank, Camilla. Du mußt zu einem Arzt.“
    „Aber ich bin doch bei meiner Familie“, flüsterte Camilla mühsam.
    „Nein, das bist du nicht!“ widersprach Sandra energisch. „Du bist hier im Hause der Sendboten. Wo wohnen deine Eltern? Soll ich sie benachrichtigen? Hast du Geschwister?“
    „Hier. Tausend Geschwister in der ganzen Welt. Brüder...“
    „Worauf wartet ihr?“ rief Rocho an der Küchentür.
    Sandra lief zu ihm. „Camilla ist krank. Es geht ihr furchtbar schlecht. Bitte, unternimm etwas!“
    „Es gibt keinen Platz und es wird nie einen Platz geben für die Schwachen. Nur die Starken verändern die Welt. Der Schwache hat kein Recht, zu leben. Das ist Naturgesetz“, belehrte sie Rocho streng.
    „Willst du damit sagen, daß ihr Camilla fallen laßt?“ fragte Sandra ungläubig.
    „Die Kraft unserer positiven Gedanken, die wir auf sie konzentrieren, wird ihr helfen“, erwiderte Rocho salbungsvoll.
    „Idiot!“ fauchte Sandra. Sie schob den verdutzten Rocho beiseite und stapfte wütend zum Frühstückstisch.
    Daniel winkte ihr zu. „Setz dich neben mich!“ rief er.
    Sandra lief zu ihm. „Camilla geht es schlecht. Rocho macht sich nichts daraus. Bitte, Daniel, tu du etwas für sie“, flehte sie ihn an.
    Doch Daniel reagierte genauso mitleidslos wie Rocho.
    „Das macht das lange Fasten“, erklärte er ungerührt. „Den meisten von uns ist es so ergangen. Sie darf nur jetzt nicht gleich voll zulangen. Das verträgt ihr Magen nicht. In zwei Tagen fühlt sie sich wieder okay. Wenn nicht…“ Er hob die Hände mit einer Geste, die besagte: Dann hat sie Pech gehabt.
    Sandra wollte ihm diese Kaltschnäuzigkeit nicht glauben. „Es mag sein, daß ihr es überstanden habt. Aber eine strenge Fastenkur ist nicht für jedermann geeignet. Manche bringt es in Lebensgefahr. Ich habe von einem Mädchen gelesen, das daran gestorben ist“, hielt sie ihm vor.
    „Dann hatte sie nicht den rechten Glauben. Dann sollte es wohl so sein“, erwiderte Daniel lächelnd und wechselte das Thema. „Wie fühlst du dich heute morgen? Hattest du eine Vision?“ fragte er gespannt.
    Sandra starrte ihn mit offenem Mund an. „Eine was?“
    „Eine Vision.“
    „Wieso sollte ich eine Vision gehabt haben? Was meinst du damit? Willst du wissen, ob ich geträumt habe?“
    „Nicht direkt. Eine Vision ist mehr als ein Traum“, sagte der hübsche Daniel ganz ruhig. „Vielen von uns hat der Herr in der ersten Nacht, die wir in diesem Haus verbrachten, im Schlaf
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