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Sandra und das Haus in den Hügeln

Sandra und das Haus in den Hügeln

Titel: Sandra und das Haus in den Hügeln
Autoren: Margot Kreuter
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daß Jutta-Judith tatsächlich mit den anderen ins Erdgeschoß ging.
    Sandra huschte in den Schlafsaal und schob innen den Riegel vor die Tür.
    Sie war allein! Allein, zum ersten Male, seit sie von Joschi getrennt worden war.
    Sie stürzte zum Fenster, um zu prüfen, ob es eine Fluchtmöglichkeit gab.
    Doch die Bäume, die sie vielleicht für ihren Abstieg hätte benutzen können — obwohl ihr allein schon bei dem Gedanken daran grauste — , standen zu weit vom Haus entfernt. Und hinunterzuspringen wagte Sandra erst recht nicht. Der Abstand bis zum Boden erschien ihr lebensgefährlich hoch.
    Sie lief zurück und öffnete Deboras Schrank. Da Sandra gesehen hatte, wo Debora das Wäschestück verbarg, über dessen Herunterfallen sie so erschrak, brauchte sie nicht lange danach zu suchen.
    Ein Griff — und Sandra hielt den vermeintlichen Leibschutz in der Hand. Er war aus einem groben, gelblichen Baumwollstoff gearbeitet, dick wattiert und an einem Ende offen wie eine Tasche. An den Seiten befanden sich vier breite Bänder.

    Sandra legte sich den Leibschutz um die Nieren und schnürte die Bänder um ihren Bauch.
    Der wattierte Teil reichte ihr vom halben Rücken bis über die Taille. Sandra schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn.
    Sie nahm den Leibschutz ab und legte ihn auf ihren Bauch.
    Und da wußte sie es: Deboras aufgetrieben erscheinender Leib war dadurch zustande gekommen, daß sie dieses Polster um den Bauch geschnürt trug. In der Öffnung, die wie der Beutel eines Känguruhs gearbeitet war, ließ sich bequem und zuverlässig verbergen und forttragen, was nicht gefunden werden durfte. Wer würde es schon wagen, eine Frau, die aussah, als ob sie schwanger sei, einer Leibesvisitation zu unterziehen? Keine Verkehrsstreife besaß diese Unverfrorenheit!
    Auf diese Weise also hatten sie die Kassen und vermutlich noch andere Dinge auf dem Weihnachtsmarkt gestohlen und fortgetragen, während die anderen Sendboten für Verwirrung sorgten und die Leute mit ihrem Tanzen ablenkten. Nachdem Rocho Debora mit der Beute in Sicherheit gebracht hatte, folgten die anderen Sendboten ihnen mit einem zweiten Auto über einen anderen Weg nach Hause.
    Ärgerlich dachte Sandra daran, daß sie gestern ahnungslos mit dem geraubten Geld in dem Kleinbus gefahren war. Und sie hatte geglaubt, das leise Klirren, das sie jedesmal hörte, wenn der Bus durch ein Schlagloch holperte, käme von den lockeren Stoßstangen des alten, verbeulten Wagens.
    Dabei war es Diebesgut gewesen, das in Deboras Bauchladen klimperte!
    Die Türklinke wurde heruntergedrückt. Gleich darauf hämmerte jemand gegen die Tür.
    Sandra stopfte blitzschnell die Leibbinde an ihren Platz zurück. Sie schloß Deboras Schrank, öffnete ihren eigenen und streifte ihren Pulli über den Kopf.
    „Aufmachen! Sandra, bist du da drin?“ rief Gefion.
    Sandra warf ihren Pulli ins Wäschefach, riß Jasmins Blusevom Kleiderbügel und stürzte, in die Blusenärmel schlüpfend, zur Tür.
    „Weshalb schließt du dich ein?“ fragte Gefion erstaunt.
    „Weil ich mich umziehen wollte“, erwiderte Sandra und bemühte sich um einen gelassenen Ton, damit Gefion ihr die Aufregung über ihre Entdeckung nicht anmerkte.
    Mit zitternden Fingern knöpfte Sandra die Bluse zu.
    „Dazu brauchst du die Tür nicht zu versperren!“
    „Und wenn einer der Jungen hereingekommen wäre?“ gab Sandra vor, obwohl sie nicht prüde war und neugierige Jungenblicke nicht fürchtete.
    „Sie betreten unsere Schlafräume nicht.“
    „Konnte ich das wissen?“ Sandra stopfte den Blusenbund in ihre Jeans.
    „Und überhaupt“, fuhr Gefion fort, „wir leben hier wie Brüder und Schwestern. Die Jungen denken sich nichts dabei, wenn sie uns nackt sehen.“
    Meinst du! dachte Sandra.
    „Komm jetzt!“ drängte Gefion ungeduldig. „Die Meditationsstunde hat angefangen. Du wirst hinterher einen Rüffel vom Hausvater kriegen. Sei froh, wenn du ohne Bestrafung davonkommst.“
    „Wieso? Noch bin ich kein Sendbote “, hielt Sandra ihr entgegen.
    „Aber du möchtest einer werden.“
    Ich werde mich hüten! dachte Sandra, während sie hinter Gefion die Treppe hinunterlief.
    Vorsichtig, um kein Geräusch zu verursachen, öffnete Gefion die Tür zum Versammlungsraum und wies Sandra mit einer Kopfbewegung an, in der hinteren Reihe des Halbrunds ihren Platz einzunehmen, während sie selbst auf Zehenspitzen nach vorn zum Hausvater schlich.
    Sie beugte sich zu ihm hinab und flüsterte ihm leise etwas ins
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