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Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)

Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)

Titel: Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Autoren: Dorothé Kanders
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Das war er seiner Tochter schuldig. Seinen Instinkt,
dass an der Sache etwas faul war, verdrängte er, und dass er die Nummer Zwei
auf einer Liste war, konnte er nicht ahnen, einer Liste, die eine einzige
Handschrift trug: tödlichen Hass.
    Das Brummen der Mopeds, der Lärm der Autos,
menschliche Stimmen und Hundegebell ertönten von den Grundfesten der mächtigen
Mauer zu ihm hoch, die oben den Passetto di Borgo zwischen ihren Zinnen trug;
Il Passetto – Der Durchgang – seit anno 1527 von den Päpsten als Fluchtgang aus
dem Vatikan zur nahen Engelsburg genutzt.
    Achthundert Meter war der Gang oben auf der Mauer
lang. Aber für einen siebzigjährigen herzkranken Mann wie Kardinal Martinez war
dieser Weg vom Vatikan zur Engelsburg unendlich, schier unüberbrückbar.
    Die winzigen Schweißtropfen kitzelten auf seiner
Stirn. Der dunkle Anzug, den er trug, war bereits durchgeschwitzt. Sein krankes
schwaches Herz raste.
    Einen Schritt nach dem anderen; einen nach dem
anderen. Wie eine glitzernde Schlange lag der Passetto di Borgo vor ihm. Die
Mittagssonne malte die Mauerzinnen rechts von ihm als Schatten auf den Boden.
    Sein rechtes Bein knickte weg. Die Mauerzinne fühlte
sich warm an, als er stehenblieb und sich hustend dagegen lehnte. Natürlich war
es ein Fehler gewesen, niemandem von der Entführung seines Kindes zu erzählen.
    Dort war das Tor auf der Rückseite der Engelsburg. Es
dauerte nur einen Augenblick, bis er es geöffnet und durchschritten hatte.
    Wo waren die Touristen? Eigentlich hatte er erwartet,
bereits den ersten zu begegnen, wenn er den Wehrgang auf der breiten Mauer
betrat, die die Burg umgab.
    Links hinter den Zinnen sah er Rom. Rechts von ihm lag
die Burg, ein kraftvolles zylindrisches Monument über fünf Etagen, auf dessen
Dach eine meterhohe Statue des Erzengels Michael stand.
    Er stolperte den Wehrgang auf der Mauer entlang,
gelangte nach rechts über eine Brücke in die Burg und glaubte, sein Herz würde
versagen, während er sich durch die finsteren Gänge in die dritte Etage
vorkämpfte.
    Niemand war hier. Aber aus allen Winkeln schienen
lange Schatten zu kriechen, so, als würde der Teufel selbst seine Krallen
ausfahren. Die kleinen Figuren der Grotesken-Malerei an den Wänden im Saal des
Apollos in der dritten Etage schienen sich zu bewegen, schadenfroh zu lachen,
zu schreien, zu laufen und hässliche Grimassen ziehend in einem wilden
fiebrigen Tanz hin und her zu schwingen.
    Die Hitze des römischen Frühlings traf Martinez wie
ein Schlag, als er in den Innenhof, den Cortile del Teatro, hinausstolperte.
    Zuerst sah er nur die blendende Helligkeit. Doch
allmählich erkannte er die ehemaligen Gefängniszellen vor ihm am Rand des
Innenhofs und links einen Brunnen vor aufgeschichteten Kanonenkugeln.
    Er hatte sein Ziel erreicht. In diesem Brunnen sollte
er einen Hinweis auf den Verbleib seiner Tochter finden.
    Der Brunnenrand glühte wie heiße Kohle, als er sich
darauf setzte. Aber was wog dieser Schmerz schon gegen die Sorge um sein Kind.
    Der Brunnen war höchstens einen halben Meter tief, und
aus dem Schatten im Innern kristallisierte sich ein Gegenstand heraus.
    O mein Gott! Die
Spieluhr. Die Spieluhr seiner Tochter, bernsteinfarben, glänzend wie vor
vierzig Jahren. Trotz der Schatten im Brunnen zeichnete sich das weiße Kreuz
auf dem Deckel deutlich ab. Der Anblick war wie eine heiße Hand, die sich um
Martinez' krankes Herz legte. Die Erinnerung sprudelte hoch wie das Magma eines
Vulkans, das nur unter einer dünnen Kruste begraben gewesen war.
    Die Spieluhr war sein Geschenk. Vor über vierzig
Jahren hatte er sie der Mutter seines Kindes übergeben, bevor er sie
alleingelassen hatte, nur mit dem winzigen Kind in ihrem Bauch.
    Damals als junger Priester hatte er geglaubt, das
Richtige zu tun. Doch jetzt offenbarte ihm die Melodie, die erklang, als er in
den Brunnen griff und den Deckel der Spieluhr einen Spaltbreit öffnete, seine
innere Zerrissenheit.
    Vorsichtig nahm er die Spieluhr in die Hand und
klappte den Deckel ganz zurück.
    Nein!
    Die Spieluhr fiel ihm aus der Hand, und ihr Inhalt,
der blutverklebte Kardinalsring, der noch an dem dazugehörigen faulig
riechenden Finger steckte, fiel auf den Brunnenrand und rollte auf den Boden.
Das weiße Kreuz auf dem Deckel der Spieluhr zerbarst, als sie krachend daneben
landete. Die Melodie verstummte.
    Martinez zitterte. Was soll das?
    Ein Geräusch in einer der ehemaligen Gefängniszellen
am Rande des Innenhofes vor ihm ließ ihn
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