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Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)

Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)

Titel: Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Autoren: Dorothé Kanders
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waren weich, und er hatte das Gefühl, seitlich
wegzukippen, während er sich an der Mauer, die an dieser Seite des Tibers die
Brücke trug, hochzog.
    Wieder dieses Geräusch über ihm auf der Brücke. Ein
Kratzen? Ein Schleifen?
    Verdammt noch mal! Was ist da los? Er wischte sich über die aufgesprungenen Lippen.
Seine Zunge war trocken wie Pergamentpapier. Seine Hände zitterten, während er den
verschlissenen grauen Mantel enger um seinen Körper zog. Den hatte er von einem
Kumpel, der bei dem plötzlichen Wintereinbruch im Januar unter dieser Brücke
erfroren war.
    Aus der Ferne drang Straßenlärm zu ihm unter die
Brücke. Rom erwachte.
    Die leere Schnapsflasche klirrte, als er sie aufhob.
Die Treppe wankte wie ein Schiff, als er zu der Brücke aufstieg.
    Die Flasche gab keinen Tropfen mehr her. Du hättest
gestern Abend nicht alles trinken sollen. Aber der Alkohol war das Einzige,
was sein Herz noch wärmte.
    Normalerweise bekreuzigte er sich vor dem ersten der
vielen Steinengel, die oben auf der Engelsbrücke rechts und links auf der
Brüstung den Weg zur Engelsburg säumten. Trotz seines beschissenen Lebens
wollte er den Glauben an Gott nicht aufgeben.
    Ja, spinn ich denn?
    Er blieb auf der Brücke stehen.
    Sein Herz begann zu rasen.
    Das, was er im Licht der Laternen sah, gab es nicht! Das
bildest du dir ein.
    Die Szene vor ihm hatte etwas Unheiliges.
    Die Gestalt in der dunklen Mönchskutte stand reglos
auf der Brücke, ihm ihre linke Seite zugewandt. Ihr Profil war unter der Kapuze
verborgen. Vor ihren Füßen lag ein Mensch.
    Der Alte wagte nicht zu atmen, als die
Gestalt sich bewegte, ihm den Rücken zuwandte und Richtung Engelsburg
davonging.
    *
    »Genickbruch«,
sagte Commissario Bariello, als zwanzig Minuten später die Laternen auf der
Brücke verloschen, weil der Tag anbrach.
    Die Leiche zu seinen Füßen war entstellt. Er hatte
schon vieles gesehen, doch dieser Anblick pumpte ätzende Magensäure in seine
Kehle.
    Der Alte, ein Obdachloser, der die Leiche gefunden und
sie deswegen angerufen hatte, stand jetzt mit ängstlicher Miene zwischen zwei
Carabinieri am Ende der Brücke vor der Engelsburg.
    »Der Tote ist ein Priester, Carlo«, sagte Marisa.
    Berninis menschengroßer weißer Steinengel auf der
Brückenbrüstung mit der Dornenkrone in den Händen lächelte den Toten an. Der
Tote starrte zu dem Engel hoch.
    Fliegen umschwirrten den leblosen Körper, ein alter
Mann in einem dunklen Anzug mit weißem Priesterkragen; das Gesicht war mit
Totenflecken übersät, die Augen aufgerissen und der Unterkiefer mit zwei
eisernen spitzen Zinken durchbohrt, die ihm aus dem offenen Mund ragten. Der
Ringfinger seiner rechten Hand war ein blutiger Stumpf.
    Commissario Carlo Bariello strich sich über die
Halbglatze. »Nur möglicherweise ein Priester, Marisa. Der Priesterkragen allein
ist kein Beweis.«
    Marisa zeigte keine Regung, keinerlei Ekel;
Commissaria Marisa Capecci, seit acht Jahren Bariellos Kollegin bei der Polizia
di Stato, achtunddreißig Jahre alt, also zehn Jahre jünger als Bariello, ein
Profi und eine ausgefallene Schönheit mit einer Mähne aus kastanienrotem Haar
und vollen Lippen, die für seinen Geschmack viel zu selten ein Lächeln zeigten.
    Die Brechgeräusche des jungen Kollegen Visconti, der
über die Brückenbrüstung in den Tiber kotzte, hallten Bariello in den Ohren.
    Dottore di Lorenzo kniete neben dem Leichnam und
untersuchte ihn.
    »Post mortem?«, fragte Bariello.
    »Das kann ich noch nicht sagen, Carlo.« Di Lorenzo
richtete sich auf. »Entweder wurden ihm die Verstümmelungen vor dem Tod oder
sofort danach zugefügt.« Der Blick von Di Lorenzos dunklen Augen war
ausdruckslos wie immer, wenn er seine Arbeit tat. Dottore Di Lorenzo,
Gerichtsmediziner bei der Polizia di Stato, war die Sorte Mann, der man nachts
nicht allein auf der Straße begegnen mochte, durchtrainiert, einen Kopf größer
als Bariello, mit der Statur eines Profiboxers und der Miene eines
Menschenfeindes. Und irgendwie war er das auch.
    »Das spitze Ding in dem Mund des Toten ist ein
Folterinstrument, Carlo.« Marisas rauchige Stimme war wie Musik. »Eine eiserne
Ketzergabel, in früheren Jahrhunderten von der kirchlichen Inquisition benutzt,
um mutmaßliche Delinquenten dazu zu zwingen, dem Teufel abzuschwören.«
    Natürlich wusste sie das. Marisa hatte solche Dinge
wie ein Computer abgespeichert, obwohl Carlo Bariello in diesem Fall nicht
erwartet hätte, dass ausgerechnet sie als Jüdin detailliert über
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