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Sanchas Hofnarr (German Edition)

Sanchas Hofnarr (German Edition)

Titel: Sanchas Hofnarr (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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von einer Woche. Ich flehte ihn an: „Führe mit mir die Geschichte von Floire und Blancheflor auf, danach sollst du frei sein!“
    Ro ç grinste vergnügt. „Du warst so vermessen, ihn mit Schmeichelei und Minnekram halten zu wollen?“
    „ Santa Senhora , ich muss selbst noch immer lachen, wenn ich an die Szenen denke, die ich mit ihm stundenlang eingeübt habe“, antwortete sie ihm. „ Floire, der Sohn eines Maurenkönigs liebt Blancheflor, die Tochter einer geraubten Christin. Als man die beiden gewaltsam trennt, sucht Floire fortan verzweifelt nach seiner Geliebten und findet sie irgendwo in der Stadt Babylon, kurz vor ihrer Hochzeit mit einem Emir. In der Nacht darauf verschafft sich Floire Zutritt zu Blancheflors Turmzimmer, wo man die Liebenden in inniger Umarmung ertappt - und zum Tode verurteilt.“
    „Der Emir jedoch“, fuhr Ro ç lachend fort, „gerührt von der großen Liebe der beiden, schenkt ihnen die Freiheit … Jedermann kennt dieses Abenteuer. Doch sprich nur weiter! Deine Geschichte erheitert mich.“
    „Nun, der gefürchtete Tag rückte näher, an dem ich Falk nicht länger festhalten konnte, ohne mich ungnädig zu erweisen.“
    Freundschaftlich fasste Ro ç nach ihrer Hand. „Warst du denn so einsam in Zaragoza?“
    Sie wiegte den Kopf. „Einsam? Eine gute Frage. Nein. Einsam war ich nicht. Ich hatte nur den inneren Halt verloren, war entmutigt, unglücklich, nachdem mir jemand kurz zuvor unwissentlich einen Spiegel vorgehalten hatte. Meine bis dahin sorglose Kindheit war plötzlich vorbei. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.“
    „Und was geschah dann, am Tag der Aufführung?“
    „Nun, ich hatte wie immer eine Klebsydra mitgebracht, eine Wasseruhr. Doch Falk und ich, wir waren so leidenschaftlich bei der Sache, dass wir nicht darauf achteten. Und mit einem Mal war es Nacht geworden und die Wachsoldaten suchten mit Fackeln die Gärten nach mir ab. Glaub mir, Ro ç , ich habe es noch heute im Ohr, wie Falk – er trug das bunte Narrenkleid - deklamierte:
    O, meine Blancheflor! Hab ich dich wieder?!
    Und ich antwortete:
    Mein Floire, dass du mich gefunden hast! Ein Wunder ist geschehen!
    Wir fielen uns gerade in die Arme, als das … „Wunder“ eintrat: Mit einem Knall wurde die Tür aufgebrochen – und Pedro stand vor uns.“
    Nun lachte Ro ç laut und herzlich. „Unglaublich! Dein Bruder muss außer sich vor Wut gewesen sein!“
    „Bei Gott, das war er“, Sancha nickte zerknirscht, „das Gewitter tobte und Falk landete schneller im Loch als er Amen sagen konnte.“
    „Ich, als König, hätte ihn noch in derselben Stunde gehängt!“, meinte Ro ç trocken. Er trank und stellte den Becher auf die bemalten Steinfliesen zurück. „Alles, was recht ist, Sancha, ich verstehe nicht, wieso man dich, eine Prinzessin, derart unbeaufsichtigt gelassen hat? Du warst doch erst elf Jahre alt, sagst du. Wo waren denn deine Damen?“
    D raußen heulte der Wind, die Dachsparren knarzten und ein Laden schlug …
    Sancha fröstelte plötzlich. Sie zog sich das seidene Hemd über den Kopf und schloss den Bettvorhang. „Das kann ich dir erklären. Zibelda, meine Amme, die mich sonst nie aus den Augen ließ, hatte sich am Morgen des Krönungstages meines Bruders das Bein gebrochen, und die Ehrendame, die mich beaufsichtigen sollte, geizte für gewöhnlich mit Worten und Taten. Kurz, sie war faul wie die Sünde, schlug sich täglich mit Churros, süßem Fettgebäck, den Bauch voll, worauf sie schläfrig wurde. Während sie am Nachmittag ruhte, schlich ich mich davon.“
    Ro ç gähnte verhalten. „Und die Königinwitwe, deine Mutter? Weshalb hat sie dich nicht beaufsichtigt?“
    „Weil sie zu dieser Zeit mit ihren Damen bereits im Kloster weilte, wohin sie sich nach dem Tod meines Vaters begeben hatte.“
    Der junge Graf verzog spöttisch das Gesicht. „Bei allen Heiligen, dorthin hätte ich auch dich gesteckt, Sancha, wenn ich dein Bruder gewesen wäre.“
    Sancha fauchte. „Meine Strafe war viel schlimmer! Ich musste es mir gefallen lassen, von Zibelda auf meine Jungfräulichkeit untersucht zu werden, obwohl ich Pedro und der Amme Stein und Bein schwor, dass mir dieser Alemanne nicht zu nahe trat. Doch man glaubte mir nicht. Als ich Falk in meiner Einbildung bereits am Turmgalgen baumeln sah, fiel ich ein weiteres Mal vor Pedro auf die Knie, flehte ihn um Gnade an und schrie unter wahren Tränenströmen: ´Ich lege die Hand für ihn ins Feuer! Hagelstein ist kein Mann. Er ist ein
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