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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer
Autoren: Ake Edwardson
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zweimal.“
    „Erzähl's noch einmal. Ich glaub, danach kann ich schlafen.“
    Ich setzte mich auf seine Bettkante. Bevor Klops nicht schlief, würde
ich ja doch nicht einschlafen können.
    „Es war ein Kampf auf Leben und Tod“, begann ich und erzählte Klops
von dem berühmtesten Duell, das jemals zwischen zwei Samurai stattgefunden
hatte. 1612 begegneten sich Miyamoto Musashi und Sasaki Kojiro, die beiden
größten Krieger Japans.
    Musashis Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Als er sieben Jahre
alt war, starb auch sein Vater. Sein Onkel, der Priester war, nahm Musashi auf
und erzog ihn zum Samurai. Als er dreizehn war, tötete er seinen ersten Gegner
in einem Duell. Es war ein erwachsener Mann, ein erfahrener Krieger. Drei Jahre
später besiegte er einen richtigen Samurai. Danach ging er für immer von zu
Hause fort. Er wanderte im Land umher und suchte andere Samurai auf, mit denen
er sich duellieren konnte. Er war ein Wellenmann geworden.“
    „Warum wurden sie Wellenmänner genannt?“, fragte Klops.
    „Weil sie durchs Land strömten“, antwortete ich. „Und sie haben mit
Holzschwertern gekämpft?“, fragte Klops.
    „Nicht sehr viele“, sagte ich, „aber Musashi hat es getan.“
    „Wie wurde es noch genannt?“
    „Das Holzschwert? Das hieß Bokken.“
    „So eins wollen wir für mich machen, nicht?“
    „Ja.“
    „Die, die Holzschwerter hatten, besiegten die mit den Stahlschwertern,
nicht wahr?“
    „Manchmal.“
    „Musashi kämpfte am liebsten mit einem Holzschwert, oder?“
    „Ja.“
    Klops lächelte. Als wäre er schon Musashi, nur weil er ein Holzschwert
bekommen würde. Er war immer noch kindisch mit seinen zehn Jahren, aber
manchmal benahm er sich, als wäre er vier. Wie jetzt, als ich auf seinem Bett
saß wie ein Vater, der seinem Sohn eine Gute-Nacht-Geschichte erzählte.
    „Fang an, Kenny!“
    „Kein Samurai in ganz Japan hat so viele Duelle überlebt wie Musashi“,
sagte ich, „und als er Kojiro traf, war er achtundzwanzig.“
    „Das ist ja ziemlich alt“, sagte Klops.
    „Nein, nein, er war immer noch jung.“
    „Na gut.“
    „Kojiro kam aus einer der besten Fechtschulen“, fuhr ich fort, „und er
hatte alle besiegt, mit denen er sich duelliert hatte.“
    „Sonst hätte er ja wohl auch nicht mehr gelebt“, sagte Klops.
    „Genau. Also, Kojiro wurde für einen der grausamsten Samurai
gehalten, er wirkte fast übermenschlich. Er war ein Meister des Schwertes, es
war ein Stahlschwert. Seine Spezialität war etwas, das er Schwalbe nannte.
Dabei schlug er so blitzschnell von oben mit dem Schwert zu, dass es aussah wie
eine Schwalbe im Sturzflug.“
    „Oh“, sagte Klops, als hörte er die Geschichte zum ersten Mal.
    „In Musashi sah er seinen größten Feind.“
    Klops nickte. Ich konnte ihn in seinem Bett fast genauso deutlich sehen
wie am Tag. Draußen wurde es rasch heller. Bald war es Morgen. Drachenmorgen.
    „Es wurde beschlossen, dass der Kampf in der Stunde des Drachen
stattfinden sollte“, fuhr ich fort. „Das bedeutet, morgens um acht Uhr. Kurz
vor acht ruderten Kojiros Männer ihn zu einer schmalen Sandbank, die zwischen
den beiden größten Inseln im Süden Japans lag. Dort erwartete er Musashi. Es
blies ein kalter Wind. Minuten vergingen. Stunden vergingen. Aber Musashi kam
nicht.“
    „Ich weiß, was passiert ist“, sagte Klops. „Musashi hatte
verschlafen.“
    „Stimmt“, sagte ich. „Er hatte kaum Zeit sich zu waschen, da wurde er
zum Strand gefahren und zur Sandbank gerudert. Er war immer noch
schlaftrunken, döste wieder ein und wurde gerade noch rechtzeitig wach, um sich
aus dem einen Ruder ein Schwert zu schnitzen.“
    „Toll!“, sagte Klops.
    „Dann sprang er an Land. Kojiro verhöhnte ihn wegen des Ruders. Aber
Musashi zeigte damit nur auf Kojiros Hals und das war das Signal, dass das
Duell begonnen hatte. Sie umkreisten einander. Beide wussten, dass ein
winziger Fehler den Tod bedeuten würde. Nur die Wellen, die gegen den Strand
schlugen, waren zu hören und einige Vögel.“
    „Wie hier.“ Klops machte eine Armbewegung, die alles umfassen sollte.
„Heute Nacht.“
    Ich versuchte Geräusche von draußen zu hören. Vielleicht schrie ein
Vogel. Ich hörte keine Wellen. Heute Nacht war der See ruhig.
    „Sie standen einander gegenüber“, fuhr ich fort, „und plötzlich machte
Kojiro einen Ausfall mit dem Schwert.“
    „Die Schwalbe“, sagte Klops.
    „Er machte die Schwalbe, ja. Und im Bruchteil einer Zehntelsekunde
warf sich
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