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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer
Autoren: Ake Edwardson
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Soll ich im Herbst mit
zu dir nach Hause kommen 1 ?“
    „Die werden sich freuen“, sagte Micke, „noch ein Mund, der gestopft
werden muss.“
    „Wir können das Wasser vom Bach hertragen und es in den Wallgraben
kippen“, sagte Klops.
    Wir lachten ihn aus.
    Vor uns lag viel Arbeit. Bis jetzt hatten wir meistens am Hauptturm
gebaut. Darin sollte es einen großen Saal geben, in dem man Besucher empfangen
konnte, einen Wachturm und eine Waffenkammer. Und ganz oben das Zimmer des
Samurai, also meins. Und einen Saal für die Soldaten. Aber es gab noch viel zu
bauen: Torhaus, Seitenturm, Wachturm, einen inneren Burghof, die innere Mauer,
den äußeren Burghof, die Außenmauer und dann noch den Wallgraben.
    Die Truppe setzte sich aus Klops, Micke und Lennart zusammen, und
außerdem gehörten Janne, Sven-Äke und Mats dazu. Janne und Mats schliefen in
unserem Saal, Sven-Äke im Saal gegenüber. Er war auch ein alter Kumpel vom
letzten Sommer. Alle waren gute Soldaten, außer Klops vielleicht, aber er war
auf andere Art gut. Das war genau die richtige Anzahl. Vielleicht wäre es
praktisch gewesen, wenn wir beim Schlossbau mehr gewesen wären, aber dann
müsste man sich auch hinterher um sie kümmern. Wenn es zu viele waren, könnte
es eine Meuterei geben. Über zu viele kann man nicht bestimmen. Gleichzeitig
mussten alle die Chance haben, über sich selbst zu bestimmen. Und das war umso
schwerer, je größer die Truppe war.
    Ich hörte einen Vogel über dem See schreien, ein ungewöhnlicher
Schrei. Es klang, als würde er um Hilfe rufen. Ich stand auf und ging zum
Fenster. Draußen war es immer noch hell. Plötzlich hörte ich Lachen vom Hof.
Ich hakte das Fenster auf und lehnte mich hinaus. Vor der Baracke des Personals
standen einige der Betreuerinnen. Sie hatten sich fein gemacht, trugen Röcke
und so was. Jetzt lachten sie. Die Tür zur Baracke wurde geöffnet und von
drinnen ertönte Musik. Ich wusste, dass eine von ihnen einen Plattenspieler
hatte, auch wenn ich ihn nicht gesehen hatte. Zuerst hatte ich vorgehabt, ihn
zu klauen und ins Schloss zu bringen, aber dort gab es keinen Strom, deswegen
war es keine gute Idee.
    Jetzt hörte ich, dass sie Let's Twist Again spielten,
das war fast der einzige Song, den ich kannte. Der war gut. Ich hatte ihn im
Radio gehört. Plötzlich fiel mir ein, dass auf meiner Tüte Schokoladenbonbons
„Twist“ gestanden hatte, und das brachte mich auf die Idee,
hinunterzuschleichen und mir meine Schokoladenbonbons zurückzuholen, gleich
heute Nacht! Ich wusste, wo sie die Süßigkeiten verwahrten, wenn es noch welche
gab. Vielleicht hatten sie aber auch alles aufgegessen.
    Ich schaute zu den Betreuerinnen. Plötzlich sah eine zu mir herauf und
zeigte auf mich. Blitzschnell zog ich den Kopf zurück und schloss das Fenster.
Es klang, als würden sie noch lauter lachen. Mir gefiel es nicht, wenn
Erwachsene über mich lachten, das war irgendwie schlimmer, als wenn Kinder über
mich lachten.
     
    Ich lag im Bett und wartete ab, bis es richtig Nacht war. Draußen war
es jetzt still. Die Betreuerinnen waren in mehreren Autos weggefahren, die mit
laufenden Motoren auf sie gewartet hatten. Noch waren sie nicht zurückgekommen.
    Alle im Saal schienen zu schlafen. Ich stand auf und tappte barfuß
durch den Raum. Jemand schnarchte, ich dachte, es wäre Klops, aber ich täuschte
mich.
    „Wohin willst du, Kenny£“, flüsterte er und richtete sich auf. Es
klang, als würde er im Traum sprechen.
    „Ich schleich mal eben runter und schlage der Alten den Kopf ab“,
flüsterte ich zurück.
    Er kicherte.
    „Schlaf jetzt, Klops.“
    Leise schob ich die Tür auf. In der Halle war es dunkler als im
Schlafsaal. Es war die dunkelste Stunde der Nacht, aber bald würde es wieder
hell werden. Überall war es still.
    Ich schob mich an der Wand entlang zur Treppe, wo ich stehen blieb und
lauschte. Mein Wakizashi hatte ich dabei.
    Ein Samurai geht nirgendwo ohne sein kurzes Schwert hin. Das lange
Schwert trug man nur im Haus. Nachts legte der Samurai seine Schwerter unter
sein Kopfkissen, aber ich musste sie häufig unter einer Fußbodendiele im
Schlafsaal verstecken.
    Ich ging die Treppe hinunter. Einige Stufen knarrten, aber ich kannte
sie, schließlich war ich Stammgast hier. Ich kannte jeden Winkel in der ganzen
Bruchbude. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich nachts hinausschlich. Die
Nacht war die beste Zeit. Wenn man es richtig anstellte, war man gleichsam
unsichtbar.
    Dann stand ich unten zwischen
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