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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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ihrem Großonkel Jimmy gehört hatte.
    Sam war damals gerade in der zweiten Klasse und dort der Star gewesen, weil er schon Bücher für Fünftklässler las. Zehn Jahre später konnte er sich immer noch genau daran erinnern, wie sein Klassenzimmer ausgesehen hatte.
    Er hatte nie wieder ein anderes zu Gesicht bekommen.
    ***
    Seit Clarence und die Jungs Montana verlassen hatten, tischte er immer wieder die gleiche Story auf. Seine Frau war bei der Geburt seines jüngeren Sohnes gestorben und danach hatte er sein Geschäft verloren. Riddle sah meist aus, als erhole er sich entweder gerade von einer Erkältung oder habe sich frisch eine zugezogen. Blinzelnd sah er in die Welt hinaus und natürlich empfand jedermann Mitleid mit der kleinen mutterlosen Familie.
    Clarence erzählte allen, dass er mit Autoteilen gehandelt habe. Kaum einer wollte Näheres dazu wissen, und das war gut so, denn im Grunde hatte er keine Ahnung von Autoteilen.
    Er habe die Krankenversicherungsprämien für seine Angestellten nicht mehr zahlen können, erklärte er, aber die Arbeiter seien ihm wichtiger gewesen als der Profit.
    Er legte sich ins Zeug, so lang es ging, aber irgendwann kamen dann doch die Behörden auf ihn zu und zwangen ihn, Insolvenz nach Kapitel 11 zu beantragen.
    Riddle hörte diese Geschichte zum ersten Mal als Kleinkind und dachte, es bedeute, dass man seinen Vater in einem Buch gefangen gehalten habe. Irgendwann musste er dort ausgebrochen sein und seitdem hasste er wohl alle Bücher, Lehrer und jede Art von Lernen.
    Er würde sich eher an das halten, was das Leben lehrt, erklärte Clarence seinen Jungs. Deshalb würde er sie auch nicht zur Schule gehen lassen.
    Aber im Grunde hasste Clarence nicht nur alle Lehrer, sondern das gesamte System.
    ***
    Seit Jahren schon schliefen die beiden Jungen bis in den Vormittag hinein. Jetzt, da sie älter waren, machte sich ihr Vater nicht einmal mehr die Mühe, sie mit Essen zu versorgen, und so wachten sie immer hungrig auf.
    Sam und Riddle hatten gelernt, sich während der Unterrichtszeit unsichtbar zu machen, denn natürlich wollten die Leute wissen, warum zwei Jungen einfach so herumstromerten, ohne etwas Vernünftiges zu tun. Außerdem war es günstiger abzuwarten, bis die Fastfood-Restaurants öffneten und sich genügend Müll angesammelt hatte.
    Mittlerweile war es ihnen zur Regel geworden, sich nicht eher auf den Weg zu machen, bis die Sonne hoch am Himmel stand, und beide wussten, dass sie sagen mussten, sie würden zu Hause unterrichtet, falls jemand nachfragte. Aber sonntags war alles anders. Sonntags konnten sie sich jederzeit blicken lassen.
    Und sonntags konnte Sam Musik hören.
    Sam zog sich die Schuhe an und warf einen Blick auf seinen kleinen Bruder, der in der Ecke auf der verschmutzten Matratze am Boden schlief. Riddles Atem ging wie gewöhnlich schwer und seine chronische Verschleimung produzierte einen Pfeifton, als brüte er wieder einmal einen neuen Bronchialinfekt aus.
    Sam überlegte, ob er Riddles Kopf noch etwas höher lagern sollte, weil das manchmal half, aber stattdessen hob er einen Stift vom Boden auf und schrieb mit großen Buchstaben auf einen Zettel:
    BIN BALD ZURÜCK.
    ***
    Sam war die First Unitarian Church gleich aufgefallen, als sie in die Stadt gekommen waren.
    Ob es auch eine Second und eine Third Unitarian Church gab? Fand hier vielleicht so eine Art Wettbewerb statt?
    Denn als er jetzt vor dem Backsteinbau in der Pearl Street stand, sah er, dass dieses Gotteshaus viel vornehmer und feiner war als die, die er sonst kannte. Die First Unitarians waren eindeutig die Gewinner. Ihr Parkplatz war voll und ihre Autos waren neu und sauber, was Sam gar nicht passte.
    Die Kirche befand sich im besten Viertel der Stadt und nichts an ihr sah nach Not oder Verzweiflung aus. An solche Orte setzte Sam keinen Fuß.
    Er wusste: Je weniger Geld die Leute hatten, desto mehr Instrumente spielten sie und desto mehr Essen fuhren sie auf. Und desto leichter fiel es ihm auch, sich in ihrer Nähe aufzuhalten.
    Aber Sam war heute schon sein ganzes Viertel abgelaufen und auch schneller gegangen als sonst, wenn Riddle an ihm klebte, und aus irgendeinem Grund hatte er sich dieses Mal weiter vorgewagt.
    Schon aus der Ferne hatte er die Orgel spielen hören und war gleich fasziniert gewesen. Jetzt sah er, dass das große Holzportal der Kirche offen stand.
    Er konnte also rein- und wieder rausgehen.
    Und vielleicht sogar einen kurzen Blick auf die Orgel werfen, die einen so
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