Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
Maßnahmen nicht gefruchtet. Bislang fand man keine Spur Ihres Herrn Sohnes, und man hat mir zu verstehen gegeben, daß man es nicht für wahrscheinlich hält, in naher Zukunft mehr Erfolg zu haben, zumal niemand weiß, welches Ziel er bei seinem Ausfluge angestrebt hatte.
    Ihr Sohn nutzte eine Nacht, in der mich eine heftige Influenzaattacke ans Bett fesselte, um sich davonzustehlen, obzwar ich strikteste Anweisung erteilt hatte, unsere Unterkunft nicht zu verlassen. Leider bemerkte der Wirt seine Abwesenheit erst spät am nächsten Morgen und informierte mich, daß das Bett Ihres Herrn Sohnes unberührt war. Sein Gepäck und ein großer Teil seiner Barschaft waren noch vorhanden, was mich zu dem Schlusse kommen ließ, daß er nicht etwa versucht hat, seine Reise ohne seinen Schulmeister fortzusetzen. Er muß im Sinne gehabt haben wiederzukommen. Lediglich sein dunkler Mantel sowie – und dies ist so über alle Maßen beunruhigend – die Pistole, die er unbedingt auf die Reise mitnehmen wollte, waren aus seiner Kammer verschwunden, außerdem hat er einen Laib Brot und etwas Käse aus der Küche entwendet.
    Ich werde vor Ort bleiben und weiterhin jedwede Möglichkeit, den Jungen doch noch zu finden, wahrnehmen, bis ich von Ihnen weitere Anweisungen erhalte. Ich will allerdings nicht verhehlen, daß die Einheimischen, die ihre wilden Berge kennen und respektieren, sagen, es sei äußerst gefährlich, nachts durch die Wildnis zu streifen. Sie sind jedoch von so abergläubischem, einfachen Wesen, daß sie Gefahren nicht nur in der wilden Natur erkennen wollen, sondern auch in der Hinterhältigkeit verschiedenster Zauberwesen, die, wie sie meinen, in Bergen und Wassern ihr Unwesen treiben und unvorsichtige Menschen ins Verderben locken.
    Ich muß Ihnen nicht sagen, daß ich an solchen Hokuspokus nicht glaube. Doch wächst in mir die Befürchtung, daß wir den jungen Mr. McMullen mit konventionellen Mitteln nicht mehr zu finden vermögen. Es ist mir nur allzu verständlich und deutlich, daß Sie die ausgefallenen Talente Ihres Herrn Bruders gar zu gerne ignorieren würden, so wie seine ganze Profession, allein, ich denke, als letztes Mittel sollte man vielleicht auf seine Fähigkeiten zurückgreifen.
    Ich habe die Hoffnung noch nicht vollständig aufgegeben. Der Gemeindepfarrer und die Dorfbewohner haben angeboten, für die wundersame Rettung Mr. McMullens jr. zu beten, und obgleich diese Leute nur Katholiken sind, war ich so frei, diese Geste dankend anzunehmen. Man muß schließlich höflich bleiben.
    Es bleibt mir nur zu beteuern, wie unglücklich ich über diese Entwicklung bin. Seien Sie versichert, daß ich alles in meiner Macht Stehende versucht habe und auch weiterhin versuchen werde, um den Verbleib Ihres Sohnes zu ergründen. Doch wenngleich ich mich nur schwerlich mit dem Gedanken abzufinden vermag, wird man vielleicht der schrecklichen Wahrheit ins Auge blicken müssen: Wahrscheinlich ist er verloren. Ich kann nur aufrichtig hoffen, daß Sie diese Tragödie nicht meiner Nachlässigkeit anlasten wollen. In der Tat habe ich alles getan, um seine eigenwillige Wildheit zu zügeln. Sie mögen sich daran erinnern, daß ich von Anfang an den Zeitpunkt für eine Kontinentalreise für noch verfrüht hielt.
    Ich harre dringend Ihrer Antwort
    Hochachtungsvoll
    Stephen Swithin
    Hauslehrer

Kapitel 1
    Professor Hardenburg war sich der moralischen Implikationen bewußt. Doch es war nicht seine Entscheidung, und so konnte er sie ignorieren. Er hatte sie delegiert. Eine Idee hatte er gehabt, mehr nicht. Sie Wirklichkeit werden zu lassen, hatten andere entschieden.
    Die Maschine war fast fertig. Eine Vision aus Stahl, Messing und Glas. Eine kleine Lokomotive mit zwei Parabolschirmen.
    Als ihm die Idee dazu gekommen war, hatte er nicht geglaubt, daß der Apparat sich tatsächlich bauen ließe. Er war eine Theorie, eine plötzliche, wunderbar zerstörerische Idee.
    Doch wer sagte, daß diese Maschine die Menschheit nicht voranbringen würde? Hardenburg baute sie für sein Land, finanzierte sie aus geheimen Geldquellen, die ein hoher Beamter des Kriegsministeriums aus dem Waffenbudget abgezweigt hatte. Diese Quellen waren so geheim, daß nicht einmal Seine Majestät Kaiser Franz Joseph davon wußte, so wie er auch von diesem Projekt nichts ahnte. Die österreichischen Truppen schossen noch immer mit Musketen. Armeereformen waren aufgeschoben. Doch Hardenburg hatte das Geld, an einer Entwicklung zu arbeiten, die konventionelle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher