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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz
Autoren: Ines Eberl
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Klatschgeschichten so viel Geld einbrachten, dass sie ein Haus in Aigen kaufen konnte, war ihre Entscheidung für Hamburg wohl richtig gewesen. »So ein nettes Haus mit Garten. Erst mal als pied-à-terre . Und später ziehe ich mich vielleicht dort zurück und schreibe Bücher.« Sie tippte mit dem Zeigefinger auf das Tischtuch, als bearbeite sie eine Schreibmaschine. »Was hältst du davon?«
    »Gute Idee.« Bosch stippte die andere Hälfte seines Knödels in die Bratensauce. »Soviel ich weiß, ist Michi nach Wien gezogen und studiert dort. Aber wenn du willst, kann ich ja mal unsere Sekretärin fragen. Die hat bestimmt eine Adresse.«
    Katharina schenkte sich Mineralwasser ein. »Du hast keinen Kontakt mehr zu dem Mädel?«
    Bosch wollte gerade antworten, da bemerkte er, wie die Blondine vom Nebentisch ihn mit einem strahlenden Lächeln bedachte und sich dabei eine Haarsträhne hinter das Ohr schob. Ihr Begleiter war vollauf mit seinem Essen beschäftigt. Katharina grinste, und Bosch schob das letzte Stück Gänsebrust in den Mund. Die Leute am Nebentisch hatten sich anscheinend nichts zu sagen, wenn sie dauernd zu ihnen herüberstarren mussten. Eigentlich traurig.
    »Das Thema Salchenegger ist für mich erledigt.« Er legte das Besteck parallel auf den Teller.
    Katharinas grüne Augen funkelten im Kerzenlicht. Der Mann am Nebentisch hob die Hand, und ein Kellner eilte vorbei.
    »Salchenegger hat dich sehr enttäuscht, was?«
    Katharina wollte einfach nicht lockerlassen. Bosch vermied ihren Blick und schaute zum Fenster hinaus. Draußen hatte sich das Licht verändert. Es war diffuser geworden, und die Fassade der Kollegienkirche schimmerte jetzt grünlich. Er konnte den Mond noch immer wie hinter einem Schleier am Himmel stehen sehen, aber die kleinen Wolken über der Dachkuppel waren verschwunden. Leichter Schneefall hatte eingesetzt.
    »Auch«, sagte er schließlich.
    »Auch?«
    Er wandte sich vom Fenster ab. »Arnulf Salchenegger war ein Freund«, sagte er leise. »Dachte ich zumindest. Das … hat mich so getroffen. Sein ständiges Lob über meine künstlerische Arbeit. Meine Authentizität! Und immer so, dass ich nicht sicher war, ob er es ernst meinte oder nur höflich sein wollte.« Er schnippte mit den Fingerspitzen ein paar Salzkörner, die von seiner Brezel gefallen waren, über den Tisch. »Dabei hat er genau gewusst, wie gut meine Bilder waren. Er hätte mir helfen können. Aber ich war ja sein Sklave. Habe meine Malerkarriere vernachlässigt und seine Arbeit gemacht, während er von Kunststiftungen träumte und sich mit Gutachten eine goldene Nase verdiente.« Er tupfte einen Brezelkrümel, auf dem noch ein Salzkorn klebte, mit der Fingerkuppe auf und steckte ihn in den Mund. Es schmeckte weniger salzig als bitter.
    Der Kellner kam mit einem großen Silbertablett an ihrem Tisch vorüber. Darauf türmten sich drei goldbraune Berge, von Puderzucker überstäubt wie von frisch gefallenem Schnee. Unwiderstehlicher Vanilleduft breitete sich aus. Bosch sah den Salzburger Nockerln nach, die an ihm vorüberschwebten. Er gehörte zu den wenigen Salzburgern, die diese Nockerl liebten oder überhaupt aßen.
    »Sag bloß nicht, dass du dieses Zeug magst«, meinte Katharina. »Erzähl mir lieber, wie es mit deinen Bildern vorangeht.«
    Darüber wollte Bosch nun wirklich nicht reden. Er versuchte, das Thema mit einem Scherz zu beenden. »Höllenvisionen sind derzeit nicht im Trend.«
    »Verstehe.« Sie verzog keine Miene. Sein Witz war offenbar nicht angekommen. »Dann malst du eben mal was anderes. Irgendwas Nettes … Buntes …«
    »Was Buntes?« Ihm war nicht mehr nach Scherzen zumute. Er produzierte schließlich keine Dekoration, sondern schuf Kunst. Zumindest hatte er es einmal getan.
    »Ja, meinetwegen ein Stillleben, einen Blumenstrauß, Ansichten von Salzburg …« Sie ließ einfach nicht locker. »Du musst deiner Kunst eben eine neue Richtung geben.«
    »Ich male nicht mehr«, sagte Bosch leise.
    »Was?« Katharina legte eine Hand hinters Ohr, als habe sie ihn schlecht verstanden. »Sag das noch mal.«
    »Ich hab mit dem Malen aufgehört, endgültig.« Er fischte einen Zimtstern aus dem mit Keksen geschmückten Adventsgesteck und biss hinein.
    »Wünschen die Herrschaften noch Kaffee?« Florian war an ihren Tisch getreten. »Vielleicht ein Blick in die Dessertkarte?«
    »Für mich nur Kaffee, bitte«, sagte Katharina.
    Bosch schüttelte den Kopf. Kaffee war ihm heute Abend zu bitter. Außerdem würde
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