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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller
Autoren: Hef Buthe
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dem die Farbe abblätterte. Wie hier alles abzublättern schien. Nur die Staatsmacht zeigte Fassade. Hoffentlich fand sich mal jemand, der denen den Kragen umdrehte. Aber nicht sofort. Erst wollte ich mein Anliegen geklärt wissen.
    Die Wachstube war genauso, wie ich sie in schlechten Filmen gesehen hatte. Vier Holzschreibtische aus Wehrmachtsbeständen. Quietschende Drehstühle aus denselben Beständen und demselben Material. Zwei Bakelit-Telefone mit Wählscheibe. Eines grau. Eines rot. Keine Sprechfunkgeräte. Die Obrigkeit hatte offensichtlich Angst, dass ihre Grenzer damit Kontakt in den Westen aufnehmen konnten. Also, Informationen alle schön an der Strippe weitergeben! Sonst laufen die Wachmänner uns auch noch weg. An der Garderobe baumelten ein paar Kalaschnikows. Drei Männer in Uniform. Einer rauchte. Einer las Zeitung, kaute dabei seine Wurststulle. Der dritte drückte sich vor einem Rasierspiegel Pickel im Gesicht aus.
    Ein mit »Plaste« bezogener Tresen, hinter dem sich alle verschanzten. Ein propangasbetriebener Ofen sorgte für eine tropische Temperatur, die wiederum für blinde Scheiben sorgte, an denen das Kondenswasser herabrann. Es müffelte nach Schweiß und Rauch.
    »Schichtführer, ich habe hier einen etwas renitenten Westler, mit dem ich nicht klarkomme. Der Mann kommt mir suspekt vor.«
    Der Angesprochene zog die Augenbrauen hoch. »Schon gut. Auf Posten zurück. Seinen Pass.«
    Mein Dokument wanderte über den Tresen. Der Stullekauende nahm es und reichte es an den Mann weiter. Jetzt waren auch noch Fettflecken darin.
    »Herr Peter Stösser ... das sind Sie?« Der Schichtführer erhob sich. Er versuchte seine Uniformjacke zu schließen. Ein Knopf sprang ab, der nächste hing an einem einzigen Faden. Er gab den Versuch auf und zog sich die Hosenträger zurecht. Auflösungserscheinungen an allen Ecken, tröstete mich mein Gefühl.
    »Das Foto stimmt aber nicht mehr mit Ihnen überein. Da werden Sie an jeder Grenze Probleme haben. Was sind Sie von Beruf?«
    Der Schichtführer blätterte in meinem Pass. Seine Stimme hatte einen wohltönenden Bass. Nicht unsympathisch. Ein glatt rasiertes, fleischiges Gesicht. Eine Nase, die schon in einige Gläser geschaut hatte. Ein Rest von Haaren, die sich wie ein weißer Lorbeerkranz um seinen Hinterkopf kringelten. »Was ist Ihr Beruf?«, wiederholte er.
    Was war mein Beruf? Es war eigentlich mehr eine Berufung. Was sollte ich sagen? Wenn die beiden Grenzer in ihre Listen schauten, dann wussten sie es. Ich stand bestimmt darauf als »Persona non grata«. Nicht erwünscht. »Journalist.«
    »Soso, Journalist«, meinte mein Gegenüber nickend und blätterte weiter in meinen Visa-Einträgen. »Sie sind viel herumgekommen. USA, Singapur, Hongkong, Malaysia, Indonesien, Japan, Sowjetunion.« Er klappte das Dokument zu. »Davon habe ich als junger Mann auch mal geträumt. Und was wollen Sie jetzt hier?«
    Seine blauen Augen fixierten mich. Es war kein feindseliger Blick. Sie strahlten einfach nur Neugier aus. So, als betrachte man eine seltsame Spezies im Käfig.
    Eine pampige Antwort kroch in mir hoch. In der Art: Das geht dich einen Scheißdreck an! Ich schluckte sie wieder herunter, bevor sie mir über die Lippen kam. »Ich suche jemanden.«
    Der Wachhabende richtete sich auf. Zündete sich eine neue Zigarette an. Sie roch nach schwarzem russischem Tabak. Billigware der übelsten Sorte. »Beruflich oder privat?«
    »Macht das einen Unterschied?«, wurde ich jetzt doch unfreundlich.
    Der Mann nickte. Reichte mir die Hand. Es war ein fester Händedruck. »Hauptwachtmeister Steiger«, stellte er sich vor. »Ja, das macht einen Unterschied. Journalisten haben wir nicht so gerne. Sie verstehen. Daher sind meine Leute auch etwas nervös. Aber privat ... da ließe sich drüber reden. Haben Sie Verwandte hier? Oder sonst jemanden, der Ihnen nahesteht?«
    Die beiden Figuren mit Zeitung und Rasierspiegel grinsten. Sagten aber nichts. Verwandte? Sollte ich jetzt lachen, heulen oder einen Wutanfall bekommen? Was ging das diesen Beamten an, wer mir wie nahestand?
    Halt die Klappe. Zügel dich, mahnte mein Bauchgefühl. Der Hauptwachtmeister baut dir eine Brücke. Und das meint er ehrlich.
    Hoffentlich hatte mein zweites Ich recht. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihm zu trauen oder jetzt einen Kampf mit mir selbst auszufechten. Denn meine Ratio war anderer Meinung. Der Mann war nicht wirklich freundlich. Er wollte nur keinen Ärger ...
    »Ich suche meine
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