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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller
Autoren: Hef Buthe
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des Lichtkastens.
    »Beide Leichen wurden im Abstand von einem Meter gefunden. Aber es kann nicht nur ein Mörder gewesen sein. Selbst mit solch einem scharfen Schwert nicht. Sehen Sie.«
    Sein Finger fuhr über die Bilder.
    »Der Vorteil eines solchen scharfen Schnitts ist der, dass man ohne Probleme die Schlagrichtung nachvollziehen kann.«
    Ich sah nichts. Nur ein paar verbliebene Wirbel.
    »Es müssen zwei Mörder zur selben Zeit gewesen sein. Einer war Linkshänder. Der andere Rechtshänder. Das sehen sie hier an der Schnittrichtung. Ein Schlag wurde von ...«
    Ich hörte nicht mehr zu. Der Pathologe dachte falsch. Das Schwert wurde beidhändig geführt, links wie rechts. Es gab nur eine Person, die gleichzeitig zwei Köpfe vom Rumpf trennen konnte. The-Maria war fast genau so groß wie ich. Und sie war eine Khmer, wie ihre Mutter, Kleiner Drache. Gnadenlos in der Durchsetzung ihrer Ziele.

EPILOG
 
    26. D EZEMBER 1995
 
    Dieses unglücksbeladene Datum hatte mich die letzten Jahre verschont. So, als schöpfe es Luft für eine gewaltige Katastrophe. Ich fühlte, dass da noch etwas schlummerte. Meine Vergangenheit ließ nicht locker.
    Die vergangenen Jahre war nicht viel passiert. Arbeit. Kneipe. Schlafen und das Ganze von vorne. The-Maria hatte mir regelmäßig Fotos geschickt, die ihr neues Leben zeigten. Auf der Rückseite hatte sie dazu kurze Kommentare gekritzelt.
    1991 Sanitätshelferin in einem US-Militärcamp.
    1992 Sanitäterin.
    1993 Ausgebildete Krankenschwester.
    1994 waren die Fotos zahlreicher geworden. Sie war im vietnamesischen Roten Kreuz. An Ihrer Seite Kleiner Drache, die eineinhalb Köpfe kleiner als The-Maria war, und Micky Bloomberg. Hintergrund der Markt von Chau Doc. Dabei waren Fotos vom neuen Haus zwischen den Reisfeldern. Ein Toyota-Pick-up. Fotos von den Feldern mit vier Büffeln. Ein fester Verkaufsstand auf dem Markt und ... ein Foto von Kamikaze. Er hatte dieses Jahr das Wasserpuppenspiel als Meister gewonnen.
    Und ich? Ich hatte die Feiertage mal wieder wie gehabt verbracht. Mit nichts außer schlechtem Wetter und schlechter Laune. Meine Nachbarin hatte das handgeschriebene Kochbuch ihrer Mutter rauf und runter gekocht und gebacken. Dabei wurde ich immer fetter.
    Mein Gefrierschrank quoll mit Resten der letzten Weihnacht über. Die alte Dame dachte in ihrer Welt des Kochens nur in Großfamilienportionen.
    Nun war ich auf dem Heimweg aus meiner Stammkneipe und hoffte, niemandem mehr im Treppenhaus zu begegnen.
    Die Staatsmacht hatte 1990 nach der Obduktion von Minsky und Schikowski und meiner Aussage, wie ich an die Fotos gekommen war, von mir abgelassen.
    Heute hatte sie mich wieder eingeholt. Der Verlag hatte mich mit sofortiger Wirkung freigestellt. Ich war faktisch arbeitslos. Von irgendwoher war das Original meines Vertrags als Stasi-Spitzel aufgetaucht. Ich war als Meinungsbildner nicht mehr tragbar für die Öffentlichkeit.
    Müde schloss ich den Eingang auf.
    »Herr Stösser. Das schleppe ich Ihnen aber nicht in den vierten Stock«, knurrte mich der Hausmeister an.
    Vor mir stand eine Holzkiste. Mehr als einen Meter lang und fünfzig Zentimeter breit. Absender war eine Spedition in Vietnam.
    Ich prüfte das Gebilde. Es war unhandlich, aber nicht zu schwer, um es allein die Treppe hinaufzuschaffen. Der Hausmeister sah amüsiert zu, wie ich das Monstrum die Treppen hinaufwuchtete.
    Die Türen der Nachbarn öffneten sich. Gelächter auf jedem Stock. Ich schleppte die Kiste wie einen Sarg an meinem Abschleppseil Stufe für Stufe hoch. Oben keuchte ich und setzte mich erst einmal darauf. Versuchte mit zitternder Hand mein Schlüsselloch zu finden.
    »Kann ich helfen?« Meine Nachbarin stand im Nachthemd über mir. »Haben Sie noch einen Whiskey? Mein Cognac ist alle.«
 
    Die Kiste stand mitten in meinem Wohnzimmer. Die Nachbarin hatte sich einen Morgenmantel übergeworfen und beobachtete gespannt, wie ich den Kasten öffnete. Der erste Eindruck war nur Reisstroh als Verpackungsmaterial. Ich wühlte darin herum. Bekam ein Gebilde zu fassen.
    Es war der fünfzig Zentimeter messende Drache, mit dem Kleiner Drache bei unserer ersten Bekanntschaft vor dem Hotel in Saigon im Springbrunnen geübt hatte. Es folgten Fotos über Fotos. Alle in Goldrahmen gefasst. Der Familienschrein war wieder komplett und ich nicht ausgestoßen.
    »Da ist aber noch etwas in der Kiste«, sagte meine Nachbarin und schenkte mir ein Bier ein. »Sie dürfen nicht so viel Schnaps trinken. Das tut Ihnen nicht
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