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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller
Autoren: Hef Buthe
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Meine Neugier hatte mich zur Eile getrieben. Der Taxifahrer und der Kuchen ließen mich nichts Gutes ahnen.
    Die Nachbarin schielte kurz durch den Türspalt und entfernte die Kette. Legte den Finger vor die Lippen. »Nicht so laut. Sie schlafen noch.« Sie nahm mir nickend die Tüte ab und flüsterte: »Die Frauen sind total erschöpft. Kommen Sie.«
    Vorsichtig öffnete sie ihre Schlafzimmertür. Im Halbdunkel der zugezogenen Vorhänge schnarchten tatsächlich zwei Frauen Arm in Arm in einem alten Doppelbett.
    »Wann sind die denn gekommen?«
    Die alte Dame lächelte und machte Frühstück in der Küche.
    »Irgendwann in der Nacht. Die beiden Frauen haben an Ihrer Tür geklingelt. Sie waren ja nicht da. Was sollte ich machen? Ich konnte sie doch nicht vor der Tür stehen lassen, bis der Hausmeister dumme Fragen stellt.« Sie schmunzelte und brühte Kaffee auf. »Und ich habe wie immer vor dem Fernseher geschlafen. Kein Problem für mich. Seit dem Tod meines Mannes schlafe ich nicht gerne im Bett.«
    »Sie können doch nicht wildfremde Leute hier schlafen lassen. Sie sind leichtsinnig«, tadelte ich sie.
    »Wieso wildfremd? Ich habe mir die Pässe zeigen lassen und sie einbehalten. Also hatte ich ein paar Stunden gute Unterhaltung. Sehr interessante Frauen. Mein Gott, was die schon alles erlebt haben.« Sie belegte weiter Brötchen und plapperte wie ein Wasserfall.
    »Darf ich die Pässe mal sehen?«, unterbrach ich sie beim Butterschmieren.
    »Klar. Liegen im Besteckkasten hinter Ihnen. Kommt Ihnen da etwas komisch vor? Es fehlt aber nichts bei mir. Ich habe gleich nachgesehen.«
    Ich griff hinter mich. Zog die quietschende Schublade auf. Das waren keine normalen Reisepässe. Sie waren vom Oberkommando der US-Brigade Berlin ausgestellt. Somit eher militärische Dokumente.
    Major Micky Bloomberg, Medical Doctor, stand in einem. Der andere war schon verwunderlicher.
    The-Maria Stoesser, Geburtsort: US Air Force, Flug X302. Es folgten die falschen Geburtsdaten, die wir auf dem Flug nach Bangkok dokumentiert hatten. The-Maria war demnach auf dem Hoheitsgebiet, besser im Hoheitsgebiet, der US Air Force geboren. Die heimfliegenden Soldaten hatten es bekundet.
    Dass die Daten gefälscht waren, wusste ich. Aber was sollte der Militärpass? Da schien Micky getrickst zu haben. The-Maria hatte in Ostberlin einen vietnamesischen Pass gehabt. Sonst wäre ein Studium in der DDR nicht möglich gewesen. Lief Kleiner Drache inzwischen auch mit meinem Familiennamen durch die Landschaft und köpfte Menschen? Das konnte mehr als übel für mich werden.
 
    »Ach, Knackarsch lässt sich nach zwanzig Jahren mal wieder sehen. Was treibt dich denn hierher? Die Sorge um deine Tochter wohl nicht.«
    Micky ließ sich an den Frühstückstisch fallen und nahm die Pässe an sich. Sie hatte etwas abgenommen. Oder die Militäruniform mit den Rangabzeichen eines Majors war gut geschnitten.
    »Bin ich froh, wenn ich mal wieder ein amerikanisches Frühstück bekomme. Immer diese Brötchen mit Käse und Wurst. Das verleidet mir den ganzen Tag.«
    »Was willst du hier?«, antwortete ich in Viet.
    Unsere Gastgeberin musste nicht alles verstehen. Sonst schrieb sie mir noch einen Leserbrief über und gegen mich.
    »Du bist ein Rabenvater und ich immerhin die Patin deiner Tochter«, kam es in Englisch zurück. »Wenn du mal einen Blick über deinen Schreibtischrand geworfen hättest, müsstest du wissen, dass wir in Westberlin noch eine US-Brigade haben. Und bei der war ich vier Jahre leitende Ärztin. Reicht das?«
    »Nein. Das reicht nicht«, konterte ich in Viet.
    Micky mümmelte lustlos ein Brötchen.
    »Frau Nachbarin. Haben Sie Eier und Speck im Kühlschrank? Entschuldigen Sie, wenn wir uns in verschiedenen Sprachen unterhalten. Die Majorin hat mir mal in Vietnam das Leben gerettet.«
    Die alte Dame lächelte. »Das macht nichts. Ich weiß doch, dass diese reizende Dame perfekt Deutsch spricht. Sie versteht mich. Das ist wichtig. Plaudert nur in euren Sprachen weiter. Ja, ich habe Eier und Speck. Soll ich Speckeier machen? Ach, herrje, dann muss ich mir Eier aufschreiben. Sonst kann ich keinen Kuchen mehr backen. Man vergisst alles so schnell.«
    Micky strahlte und schob die Brötchen von sich.
    Mir war auch nach einer Portion. Es roch herrlich nach Erinnerungen. Aber Micky war unerbittlich. Sie aß die sechs Eier mit Speck direkt aus der Pfanne und allein. Grunzte zufrieden, legte ihre Doughnutbacken zufrieden auf den Kragen und zündete sich ein
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