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Sag's Nicht Weiter, Liebling

Sag's Nicht Weiter, Liebling

Titel: Sag's Nicht Weiter, Liebling
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keine Angst. Aber in den letzten Jahren bin ich immer nervöser geworden. Ich weiß, dass das total unlogisch ist. Ich weiß, dass täglich Tausende von Leuten fliegen und dass es fast sicherer ist, als im Bett zu liegen. Mit dem Flugzeug abzustürzen ist weniger wahrscheinlich, als … als in London einen Mann zu finden oder so.

    Trotzdem. Ich mag es einfach nicht.
    Vielleicht trinke ich einfach schnell noch einen Wodka.
     
    Als mein Flug aufgerufen wird, habe ich noch zwei Wodkas getrunken und bin schon viel besser drauf. Lissy hat schließlich Recht. Immerhin habe ich Eindruck gemacht, oder? Sie werden sich auf jeden Fall an mich erinnern. Auf dem Weg zum Gate klammere ich mich an meiner Aktentasche fest und fühle mich fast schon wieder wie eine souveräne Businessfrau. Ein paar Leute lächeln mich an, als sie an mir vorübergehen, und ich lächle voller Herzlichkeit und Freundlichkeit zurück. Na also. Die Welt ist doch gar nicht so schlecht. Man muss nur positiv denken. Schließlich kann ja im Leben alles Mögliche passieren. Man weiß nie, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet.
    Am Eingang zum Flugzeug steht die Stewardess mit dem Mozartzopf, die vorhin an der Bar saß, und kontrolliert die Boarding Passes.
    »Ach, hallo«, sage ich und lächle, »was für ein Zufall!«
    Die Stewardess starrt mich an. »Hi. Ähm …«
    »Ja?«
    Warum guckt sie so betreten?
    »Verzeihung. Es ist nur … wissen Sie, dass …« Sie deutet hilflos auf meine Seidenbluse.
    »Was denn?«, frage ich freundlich, schaue an mir herunter und erstarre vor Schreck.
    Irgendwie sind mir unterwegs Knöpfe aufgegangen. Drei Knöpfe stehen offen, und die Bluse klafft vorne auseinander.
    Mein BH guckt heraus. Mein rosa Spitzen-BH. Der, der in der Wäsche ein bisschen scheckig geworden ist.
    Deswegen haben die Leute mich angegrinst. Nicht weil die Welt so schön ist, sondern weil ich die Rosa-Flecken-BH-Frau bin.

    »Danke«, murmle ich und knöpfe mir mit zitternden Fingern und vor Scham brennendem Gesicht die Bluse zu.
    »Es war nicht Ihr Tag heute, oder?«, fragt die Stewardess mitfühlend und nimmt mir den Boarding Pass ab. »Tut mir Leid, ich habe das vorhin zufällig mitgehört.«
    »Ist schon okay.« Ich versuche ein Lächeln zustande zu bringen. »Nein, es war nicht gerade der beste Tag in meinem Leben.« Sie schweigt kurz, als sie meinen Boarding Pass überprüft.
    »Wissen Sie was?«, sagt sie dann leise. »Soll ich Sie nicht eine Klasse hochstufen?«
    »Bitte?« Ich bin ganz perplex.
    »Das täte Ihnen doch heute sicher gut.«
    »Echt? Aber … können Sie mich denn so einfach umsetzen?«
    »Wenn Plätze frei sind, schon. Wir machen das ganz diskret. Und es ist ja nur ein kurzer Flug.« Sie lächelt mich verschwörerisch an. »Aber erzählen Sie es nicht weiter, ja?«
    Sie führt mich in den vorderen Teil des Flugzeugs und zeigt auf einen großen, breiten, bequemen Sitz. Ich bin noch nie hochgestuft worden! Ich kann es noch gar nicht glauben, dass sie das wirklich für mich tut.
    »Ist das die erste Klasse?«, flüstere ich und lasse die gedämpfte, luxuriöse Atmosphäre auf mich wirken. Rechts klappert ein Mann im eleganten Anzug auf einem Laptop, und in der Ecke stöpseln zwei ältere Damen Kopfhörer ein.
    »Business Class. Auf diesem Flug gibt es keine erste Klasse.« Sie spricht in normaler Lautstärke weiter. »Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
    »Es ist perfekt. Vielen Dank.«
    »Gern geschehen.« Sie lächelt mich an und geht weg, und ich schiebe meine Aktentasche unter den Vordersitz.
    Wow. Das ist wirklich herrlich. Große, breite Sitze und
Fußstützen und all so was. Das wird von Anfang bis Ende eine höchst angenehme Erfahrung, sage ich mir fest. Ich greife nach dem Gurt, schnalle mich lässig an und versuche, das besorgte Flattern meines Magens zu ignorieren.
    »Möchten Sie ein Glas Champagner?«
    Meine Freundin, die Stewardess, strahlt mich an.
    »Das wäre wunderbar«, sage ich. »Danke!«
    Champagner!
    »Und Sie, Sir? Champagner?«
    Der Mann neben mir hat bisher nicht einmal aufgesehen. Er trägt Jeans und ein altes Sweatshirt und guckt aus dem Fenster. Als er sich umdreht, um zu antworten, sehe ich kurz dunkle Augen, Bartstoppeln und tiefe Sorgenfalten auf seiner Stirn.
    »Nein, danke. Nur einen Brandy. Danke.«
    Seine Stimme ist trocken, und er hat einen amerikanischen Akzent. Fast hätte ich ihn höf lich gefragt, wo er herkommt, aber er wendet sich sofort wieder ab und starrt weiter aus dem
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