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Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
Autoren: Annette Lies
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ansprach. Der Mann musterte meine Kleidung und brummte wütend: »Was meinen’s denn, junge Dame, wie spät mir’s haben?!«
    Da ich inzwischen gelernt habe, dass diese Tonlage oftmals nichts weiter ist als der charmante Lokalkolorit urbayerischer Herzlichkeit, antwortete ich beschwingt, mit Blick auf meine Armbanduhr: »Ähm, genau 10:30 Uhr.«
    Das Paar sah mich an, als wäre ich nicht ganz zurechnungsfähig, bevor der Mann mit dem Pinselhut halb zu mir, halb zu seiner Frau, polterte:
    »Na, des is ja koa Wunder net, dass mir immer so spät die Post kriagn – wenn’s jetzt erst zum Austragen ofangt!« Dann hob er drohend seinen Zeigefinger. »Des Oane, des sog i Eahna, Frollein – wenn Siiiie noch oamoi des Packerl zruck mit zur Post nehma, statt des bei de Nachbarn abzugebn, dann kriag’ses aber mit mia zum tua!«
    An diesem Tag beschloss ich, nur noch gut getarnt das Haus zu verlassen, soweit eben möglich, wenn man sich adrett geschminkt, mit hochgesteckten Haaren und auffällig in Red-Carpet-Red lackierten Nägeln zur Arbeit begeben muss.
    Aber heute freue ich mich auf die Arbeit! Es ist doch irgendwie immer wieder ein schönes Gefühl, an grauen verregneten Novembertagen hoch über der Wolkendecke die Sonne zu sehen, während alle anderen Menschen in ein tristes Büro verschwinden und sich mittags schnell einen Salat holen müssen. Zur selben Zeit esse ich nämlich hoch über Genf ein verschmähtes Business-Tablett mit leckeren exquisiten Ingwer-Scampi-Spießen, das wieder mal ein Fluggast als »widerliche Zumutung« hat zurückgehen lassen, samt Schokoladenmousse mit Pistazien-Splittern.
    Während der Flieger sich dann sanft in eine Kurve über den Alpen legt und ich in schneebedeckte Täler und durchaus auch oftmals freundliche, mir wohlgesinnte Gesichter sehe, bin ich irgendwie … glücklich.
    Positiv gestimmte Menschen dieses Schlages fragen mich dann gerne: »Dürfte ich ein Glas stilles Wasser haben? Und, falls das nicht zu unverschämt ist, auch noch ein Glas Orangensaft? Ich habe so einen Durst …«
    Derart netten und bescheidenen Menschen erfülle ich dann nicht nur zu gerne ihre Wünsche, sondern schenke auch noch auf der Stelle nach und frage, ob sie darüber einen Kaffee oder einen Tee möchten.
    Überhaupt tue ich im Prinzip alles für nette Menschen. Da gebe ich auch gerne mal private Kaugummis, Taschentücher, Zeitschriften oder ein originalverpacktes Paar Stewardessen-Ohrstöpsel heraus.
    Und so ein schöner Tag wird heute, das spüre ich!
    Die Bahn erreicht den Besucherpark.
    Ich trete hinaus auf den Bahnsteig, mit jeder Menge anderer Stewardessen, Piloten, Cargo-Personal und Büroangestellten von Skyline. Sie alle eilen zügig zur Rolltreppe, die sie durch den Sky Walk , eine gläserne Röhre, ins Dienstgebäude führt.
    Einen kurzen Moment lang bleibe ich stehen und atme die Landluft ein, die am Flughafen immer kälter und klarer ist als in der Stadt. Jetzt freue ich mich so richtig auf einen schönen Latte macchiato an der Sky Bar, in der Kantine!
    Leise quietschend fährt die S-Bahn hinter mir an. Hektisches Getrappel und Stimmen ertönen, kaum, dass auch ich mich in Bewegung setze. Erschrocken drehe ich mich um und sehe mich einem amerikanischen Rucksackpärchen, zwei Frauen mit vorwurfsvollem Blick und einer Traube anderer Reisender gegenüber.
    »Excuse me, is this the terminal?«
    »Hier ist ja gar nicht der Flughafen!«
    »Heiner, hier mussten wir nicht aussteigen, das war eine zu früh!«
    »Die nächste kommt erst wieder in zwanzig Minuten!«
    »Ja, aber die Stewardess ist doch auch hier raus!«
    »Des Oane, des sag i Eahna, Frollein! Wenn mir unsern Flug verpassen, dann zahlen Sie des aber! Sie haben uns alle irregeführt!«

18.
    »Und, wie lange willst du
das machen?«
    »Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?«
    »Was haben Sie?«
    »Möchten Sie etwas Alkoholisches oder nicht Alkoholisches?«
    »Weiß nicht.«
    »Also, ich hätte für Sie Orangensaft, Apfelsaft, Tomatensaft, Rotwein, Weißwein, Cola, Coke Zero, Ginger Ale, Tonic Water, Bitter Lemon …«
    »Was noch?«
    »Gin Tonic, Bloody Mary, Whisky, Bier, Kaffee, Tee …«
    »Ein stilles Wasser, bitte.«
    (MUC – JFK, IAD – MUC, LIS – FRA, GRU – MUC …)
    »Ich glaube, ich muss den Job wechseln.«
    »Du musst vielmehr nur deine Einstellung zu deinem Job wechseln.«
    Ich komme gerade aus der Praxis von Dr. Renner, sitze in der Küche meiner Schwester wie ein kleines Häufchen Elend und starre auf meine neuen
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