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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Autoren: Berte Bratt
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einer von deinen todlangweiligen medizinischen Zeitschriften geblättert, da stand ein Artikel über Diätküchen und Diätköchinnen. Das heißt also, wissenschaftlich ausgebildete Köchinnen sozusagen, die in Krankenhäusern in der Diätküche arbeiten. Das wäre etwas, wozu ich Lust hätte.“
    „Im Ernst, Senta?“
    „Ganz im Ernst, Papa. Dazu habe ich wahnsinnige Lust.“
    „Aber Kind“, sagte Herr Rywig. „Du bist so vernünftig geworden, daß ich dich gar nicht wiedererkenne. Warte mal - ja doch, jetzt besinne ich mich wieder auf den Artikel. Er war aus Deutschland, nicht wahr? Von einem deutschen Fachmann geschrieben, nicht?“
    „Doch - ich glaube ja.“
    Dr. Rywig überlegte. „Ich habe mich ja ein wenig mit diesen Fragen befaßt, und wenn ich mich nicht irre, so ist Deutschland auf diesem Gebiet ziemlich weit vorgeschritten. Aber ich glaube, du bist noch zu jung dafür, Senta - ich vermute, daß man das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben muß?“
    „Ja, Papa - aber wenn ich in Deutschland ausgebildet werden soll, dann muß ich doch unbedingt zuerst eine Weile dort gewesen sein und mehr von der Sprache lernen, und außerdem kann es doch nichts schaden, wenn man neben all den chinesischen Raritäten, mit denen ich euch beglückt habe, etwas Küchenpraxis hätte. Zum Beispiel, wenn ich als - als - wie heißt doch das nun gleich, Sonja ist Mother’s help, wie nennt man das in Deutschland?“
    „Haustochter“, sagte der Vater.
    „Ja genau! Wenn ich also als Haustochter in einen Haushalt kommen könnte. Das kann doch nicht so schwer sein. Ich bin überzeugt, der Mangel an Hausangestellten ist dort genauso groß wie hier. Und wenn ich dann alles tue, um Deutsch zu lernen, und vielleicht im Jahr darauf als Schülerin in einer Diätküche anfangen könnte - “
    Im selben Augenblick schien sich der siebente Himmel selber vor Senta aufzutun; sie hörte tausend kleine goldene Engel aus den nüchternen Worten singen, die ihr nichtsahnender Vater aussprach:
    „Ich überlege gerade - jetzt haben wir ja diese ausgezeichnete Fährverbindung nach Kiel, das ist gar nicht weit. Dort ist eine Universitätsklinik, ich müßte mich doch sehr irren, wenn die nicht Diätschülerinnen aufnähmen. Dort sollen auch sehr viele norwegische Studenten sein... Weißt du was, Senta, ich glaube fast, ich setze mich mal mit einem Kollegen in Verbindung, der dort unten lebt, ich lernte ihn im vorigen Jahr auf einem Kongreß kennen.“
    Die Engel sangen und sangen, und Senta mußte an sich halten, um nicht ihrem Vater mit einem Wonneschrei um den Hals zu fallen.
    Katrin und Bernt wechselten einen raschen Blick, aber das taten sie so häufig, daß sich kein Mensch etwas dabei dachte.
    Beate lächelte. „Das war aber mal ein ereignisreicher Abend“, sagte sie. „Ein Mädel nach dem anderen kommt angesaust und hat seine Zukunftspläne fix und fertig. Was für Pläne noch dazu! Ich nehme den Hut vor euch beiden ab. Daß ihr so viel Vernunft in eurem Schädel habt, wenn’s darauf ankommt, das hätte ich nie gedacht.“
    Senta hatte fast ein bißchen ein schlechtes Gewissen. Aber dann tröstete sie sich selber, daß sie das im Grunde nicht nötig hätte. Es war die lauterste Wahrheit, daß sie gern diesen Beruf ergreifen würde, selbst wenn es nicht diesen Rolf in ihrem Dasein gäbe. Aber nun war er mal da; deshalb gab es selbstverständlich für Senta nur eine Stadt, wo sie eine gute Ausbildung erhalten konnte, und das war die Stadt, wo Rolf die seine erhielt.
    Das Schicksal sei bedankt für die Fähre nach Kiel, bedankt für die Universitätsklinik, bedankt für den Artikel in dieser todlangweiligen Zeitschrift!
    „Jetzt fehlt nur noch, daß Sonja nach Hause kommt und Krankenschwester werden will“, lachte Beate. „Dann ist wahrhaftig die ganze Sippschaft im Krankenhaus. Nein, stimmt ja, Hans Jörgen, du möchtest doch Architekt werden, hattest du das nicht gesagt?“ „Klar will ich das“, sagte Hans Jörgen. „Aber ich kann ja Krankenhäuser bauen, in denen all die anderen angestellt werden können.“
    „Ausgezeichnet, dann hätten wir das schönste Familienunternehmen“, lachte Herr Rywig. „Und du, Stephan? was willst du denn in unserem Krankenhaus werden?“
    Stephan blinzelte müde in die Luft und gähnte, so daß alle seine Mäusezähnchen ihnen entgegenglänzten:
    „Poffesser“, sagte er.

Examen bestanden!
    Keiner konnte begreifen, wo in der folgenden Zeit die Tage blieben. Sie verflogen wie der Wind. Der
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