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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Autoren: Berte Bratt
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offenbarte. Wenn man sich vorstellte, was es in einem einzigen Tropfen Blut alles gab, in einem fast unsichtbaren Stückchen Mark -
    Welche Verantwortung eine Laborschwester hatte! Wie viel hing davon ab, daß sie ihrer Sache sicher war, daß sie ihre Untersuchung mit der allergrößten Genauigkeit durchführte - und wie unentbehrlich ihre Arbeit für die Ärzte war! Sie versuchte, das auszudrücken, und Fräulein Haraldsen nickte.
    „Ja, es ist eine interessante Arbeit, ich möchte mit niemandem tauschen. Wenn man Nachtdienst hat, ist es natürlich ein bißchen langweilig, vor allem, wenn nicht das geringste los ist. Aber heute habe ich erstens diese Untersuchungen gehabt und dann noch die angenehme Gesellschaft.“
    „Ist das - ist das sehr schwer zu erlernen?“ fragte Katrin ein wenig bänglich.
    „Wie man’s nimmt - es erfordert eine außerordentliche Sorgfalt und Konzentration, und fleißig muß man sein - nein, ich möchte nicht gerade sagen, daß es schwer ist, nicht schwerer, als daß ein normal veranlagter Mensch es bewältigen kann. Haben Sie etwa ein Auge auf diesen Beruf geworfen?“
    „Ja“, sagte Katrin mit fester und sicherer Stimme. „Das habe ich.“
    „Zeigen Sie mir mal Ihre Hände“, sagte Fräulein Haraldsen.
    Bernt lächelte und wechselte einen raschen Blick mit Katrin. Sie streckte die Hände aus. Starke, schlanke Hände, biegsam, ruhig und sicher.
    „Gut“, sagte Fräulein Haraldsen. „Sind Sie geschickt mit den Fingern?“
    Bernt lachte. „Sie sollten mal sehen, wenn sie für Stephan ein Spielzeug heilmacht“, sagte er. „Und Nägel einschlägt und -.“
    „Hör auf, Bernt.“
    „Kommen Sie, ich zeige Ihnen die ganze Anlage“, sagte Fräulein Haraldsen. „Ich habe grade Zeit dazu. Dies ist nun allerdings ein kleines Laboratorium, in den großen Krankenhäusern sieht die Sache ganz anders aus. Manche haben ihre eigenen pathologischen Institute
    - aber ein bißchen können Sie hier bei uns auch schon sehen.“
    Katrin schaute sich um. Mit großen Augen betrachtete sie die Zentrifuge, alle Apparate für Blutuntersuchungen, zum Färben von Präparaten, den großen Sterilisator - sie trat von einem zum anderen, begriff nur einen Bruchteil dessen, was Fräulein Haraldsen erklärte, war aber glühend interessiert.
    „Wie lang ist die Ausbildungszeit für eine Assistentin?“ fragte sie zuletzt.
    „Zwei Jahre als Lehrling in einem pathologischen Institut oder
    einem Labor. Und nebenbei ein Haufen theoretischer Unterricht.“
    „Muß man dazu das Abitur haben?“ fragte Katrin weiter.
    „Nein, mittlere Reife genügt.“
    Katrin stand eine Weile still da. Sie merkte, daß Bernt mit Fräulein Haraldsen sprach. In diesen Sekunden, diesen wenigen Minuten war es, als schlösse sich in ihr selber der Kreis und irgend etwas käme ins Lot. Unbestimmte Brocken von Zukunftsplänen, halbe Wünsche, dreiviertel durchdachte Möglichkeiten - alles fügte sich zusammen, alles wurde mit einem Male klar - leuchtend klar.
    Sie drehte sich langsam um, ihr ganzes Gesicht strahlte.
    „Ich glaube, wir müssen gehen, Bernt“, sagte sie. „Dein Vater ist wahrscheinlich bald fertig.“ Sie reichte Fräulein Haraldsen die Hand.
    „Tausend Dank, Fräulein Haraldsen. Es war riesig interessant und ich freue mich sehr, daß ich das alles gesehen habe.“
    Denn jetzt war die Zeit vorüber, da Katrin keine anderen Ausdrücke kannte als „das war gar nicht ohne“ oder „das war ja doll“. Dies hier war nicht doll, sondern hochinteressant - Katrin hatte gelernt, die Wörter richtig anzuwenden. Draußen im Wagen saß sie und wartete, den Kopf gegen Bernts Arm gelehnt.
    „Bist du jetzt sicher, Katrin?“ fragte Bernt.
    „Ja, Bernt“, sagte Katrin, und ihre Stimme klang gedämpft, es war eine neue Stimme, die Stimme eines erwachsenen, nachdenklichen Menschen. „Ich bin nie in meinem Leben so sicher gewesen. Denk bloß, wenn ich mein Leben damit verbracht hätte, an schmutzigen Automotoren zu schrauben, anstatt den Ärzten zu helfen, etwas so - so Nützliches wie dies hier zu arbeiten.“
    „Nun - es ist schließlich auch nützlich, Motoren zu reparieren“, meinte Bernt.
    „Ja, aber das können viele andere auch tun. Doch diese Arbeit, siehst du - die erfordert wohl, ja, die erfordert ein echtes Interesse und sichere Hände. Beides habe ich - und außerdem betrachte ich es als eine Aufgabe, verstehst du - nein, als eine lange, unendliche Reihe von Aufgaben. Jedesmal, wenn ich eine Probe unters
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