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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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Schwert, das
Machlon geschmiedet hat“, sagte er und zog seine eigene Waffe. Jeder konnte
sehen, wie viel feiner die Klinge war im Vergleich zu Hedaks Schwert, obwohl
sie die gleiche Länge hatte.
    Und das Metall wies nur wenig
Hammerschläge auf der glänzenden Fläche auf. Ruth lehnte sich nach vorn, um besser
sehen zu können. Ihr Schleier flatterte vor ihrem Gesicht im Abendwind, der die
Bäume bewegte.
    Selbst Hedak war von der Waffe
beeindruckt. „Wann könnt ihr Heschbon erreichen, wenn ich euch sicheres Geleit
Zusage?“ fragte er Machlon.
    Der junge Schmied blickte zu
Noëmi hinüber, die neben Elimelech kniete. „Mein Vater ist krank und hungrig“,
sagte er. „Gib uns zu essen, und wir werden den Weg so schnell wie möglich
hinter uns bringen.“
    „Mein Kämmerer wird euch
versorgen, und ich werde an der Straße entlang den Befehl hinterlassen, daß ihr
ungehindert passieren könnt“, versprach Hedak. „Ihr habt eine Woche, um die
Stadt zu erreichen. Seht zu, daß ihr keine Zeit vertrödelt.“
    Als Machlon die Zelte für die
Nacht auf schlug, dachte er nicht an Glühöfen, Schmiedefeuer oder Schwerter.
Sein Tagtraum galt einem Mädchen, dessen Haar mit dem Feuer der Sonne
wetteiferte und dessen schlanke Gestalt auch ein rauher Reisemantel nicht hatte
verbergen können.
     
     
     

4
     
     
    Die Kochtöpfe waren gescheuert,
und das Feuer war bis auf ein paar glühende Kohlen niedergebrannt, als Machlon
sich erhob, um Boas zu suchen, denn der israelitische Hauptmann war nicht
einmal zum Essen erschienen. Als er sich im fahlen Licht des aufgehenden Mondes
seinen Weg am Flußbett entlangbahnte, hörte er ein Zischeln.
    „Schwertschmied!“ Es war eine
Frauenstimme, und Machlons Herz machte einen Satz.
    „Schwertschmied“, klang es
erneut. Jetzt sah er sie im blassen Mondlicht. Sie saß auf einem breiten
Felsblock auf der anderen Seite des Flusses und planschte mit ihren nackten
Füßen in einer kleinen Wasserlache.
    Er ging zum Ufer hinab. „Hast
du mich gerufen?“ fragte er im gleichen Flüsterton wie sie.
    „Komm her, ich möchte mit dir
reden.“
    Machlon streifte seine ausgetretenen
Sandalen ab und watete durch das seichte Wasser hinüber zu dem Felsblock, auf
dem sie saß. „Ich suche Boas“, erklärte Machlon. „Er ist nicht zum Abendessen
gekommen.“
    „Er ist drüben, auf der anderen
Seite.“ Sie deutete flußabwärts dahin, wo Boas am Ufer saß, regungslos wie eine
Statue.
    „Er hat sich schon seit langer
Zeit nicht gerührt“, fügte Ruth hinzu. „Was ist nur mit ihm los?“
    „Die Tote war seine Frau.“
    „Oh! Hat er sie sehr geliebt?“
    „Sie war seine Frau“,
wiederholte Machlon, als ob dies die Frage beantwortete.
    „Dann kann er sie nicht sehr
geliebt haben“, stellte Ruth sachlich fest. „Sonst wäre sie doch bei ihm
geblieben.“
    „Ich weiß nichts über die
Liebe“, gestand ihr Machlon. „Meine Augen haben immer nur die Kohlen und das
Eisen im Schmiedefeuer gesehen.“
    „Immer?“ fragte sie lächelnd.
    „Bis heute“, wagte er
zuzugeben.
    „Du bist recht offen, aber es
gefällt mir. Wie heißt du?“
    „Machlon.“
    „Ich heiße Ruth. Wenn du nach
Heschbon kommst, können wir vielleicht Freunde werden.“
    „Ich hoffe es“, sagte er
eifrig.
    Sie lächelte. „Danke, Machlon.“
Ihre Augen wandten sich der einsamen Gestalt über dem Fluß zu. „Warum sitzt er
wie ein Stein am Fluß und redet sich ein, daß er alle Frauen hassen muß, weil
eine ihn betrogen hat?“
    „Ich hoffe, daß er bald
einsieht, wie unrecht er hat“, sagte Machlon. „Boas ist ein guter Führer, wenn
auch ein wenig zu streng. Er verdient es, glücklich zu sein.“
    „Nur eine andere Frau kann ihn
glücklich machen“, sagte Ruth mit vollkommener Überzeugung. „Und er muß sie so
sehr lieben, daß er ihr für immer vertraut.“
    „Du magst recht haben. Ich
kenne nicht viele Frauen. Und keine wie dich.“
    Sie legte ihre Hand auf seinen
Arm. „Wir sehen uns vielleicht wieder, Machlon, wenn ihr nach Heschbon kommt.
Ich gehöre zu den Dienerinnen des Königs und unseres Gottes.“ Ruths
Gesichtsausdruck wurde ernst. „Hedak wird es nicht mögen, wenn er uns zusammen
sieht. Deshalb höre, was ich dir sage. Er läßt dich nach Moab kommen, weil
deine Schwerter besser sind als die der moabitischen Schmiede. Wenn du nach
Heschbon kommst, schlage deine Wohnung nicht innerhalb der Mauern auf. Nimm
eine der Höhlen auf dem Hügel außerhalb der Stadt in der Nähe der Statue
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