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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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folgte.
    Hedak stieg vom Pferd und ging
hinüber zu der Stelle, an der die beiden Leichen lagen. „Wer sind sie?“ fragte
er.
    „Sie war meine Frau“, sagte
Boas. „Den Mann kannte ich nicht. Aber er ist ein Moabiter, er trägt das
Zeichen eures Gottes auf der Stirn.“ Er deutete auf den kleinen blauen Kreis
Moabs, der auf der Stirn des Toten direkt unter dem Haaransatz eintätowiert
war.
    „Es scheint, du bist betrogen
worden, Boas“, sagte Hedak verächtlich. „Selbst wenn ich sie umgebracht hätte,
müßtest du mir eigentlich dankbar sein, daß du gerächt worden bist.“
    „,Mein ist die Rache, spricht
der Herr’“, gab Boas heftig zurück. „Aber diesmal behalte ich sie mir selbst
vor für eine Zeit, in der wir uns nicht auf geschütztem Boden gegenüberstehen.“
    „Wie du wünschst.“ Hedak hob
die Schultern. „Diesen Mann hätte ich sowieso getötet. Wir wollen keine
israelitischen Spione nach Moab eingeschleust haben, nicht einmal Frauen.“
    „Leugnest du noch immer, daß du
sie getötet hast?“ rief Joseph aus, unfähig, seine Empörung länger zu
unterdrücken. „Eine Sklavin lag im Sterben, als wir diesen Platz erreichten.
Sie sagte, Moabiter seien die Mörder gewesen.“
    Hedaks Hand fuhr nach dem
Schwert. „Wagst du es, mein Wort gegen das einer toten Sklavin abzuwägen?“
stieß er wütend hervor. „Dort drüben in Moab ist kein neutraler Boden. Wir
können uns mit Schwertern oder Lanzen einigen, was immer du vorziehst.“
    Joseph griff nach seiner Lanze,
denn nur Boas trug unter den Israeliten ein Schwert. Aber Boas hielt ihn mit
einem Wort zurück. „Halt, Joseph“, sagte er ruhig. „Dies ist eine Sache, die
zwischen Hedak und mir selbst zu bereinigen ist, und zwar zu einer anderen
Zeit.“
    Hedak blickte sich um. Als er
die Familie des Elimelech mit ihren beladenen Kamelen und Maultieren sah, sagte
er: „Dies sind keine Krieger. Wer sind sie?“
    „Friede sei mit dir, edler
Prinz“, sagte Machlon höflich und trat vor. „Dies ist mein Vater, Elimelech,
und meine Mutter, Noëmi. Mein Name ist Machlon, und Kiljon hier ist mein
Bruder. Wir sind auf dem Weg in eure Hauptstadt Heschbon.“
    „Hättet ihr es gewagt, nach
Moab hinüberzugehen?“ fragte Hedak ungläubig.
    „Wir sind Schmiede“, erklärte
Machlon. „Und wir nehmen das Recht auf sicheres Geleit in Anspruch, das allen,
die dieses Handwerk ausüben, garantiert ist.“
    „Seid ihr auch Zauberer?“ Das
traditionelle Recht des sicheren Geleits wurde sowohl Zauberern als auch
Schmieden gewährt, denn einfache Leute betrachteten die Fähigkeit, Metall zu
härten, als eine Art Magie.
    Machlon schüttelte den Kopf.
„Unsere Zauberei liegt in den Blasebälgen und in der Kohle, in der Mischung von
Erden und dem Härten von Metall, nicht in irgendwelchen magischen Künsten.“
    Hedak runzelte die Stirn.
„Kannst du ein Schwert so härten, daß die Klinge scharf bleibt?“
    „Ich gelte als der beste
Schwertschmied in Israel“, bestätigte Machlon. „Aber ich ziehe es vor,
Pflugscharen und Hacken zu machen.“
    Hedak spuckte verächtlich vor
dem jüngeren Mann zu Boden. „Die Schmiede von Moab machen Schwerter für
Krieger.“ Er zog sein eigenes Schwert und hielt es in die untergehende Sonne.
Die Waffe war lang und schwer, das Metall rauh, und die Hammerschläge, die sie
geformt hatten, waren deutlich zu sehen. „Ich will meine Waffe mit deiner
messen, Schmied“, prahlte er, „wenn du so stolz auf deine Arbeit bist.“
    Machlon lächelte und schüttelte
den Kopf. „Ein Sklave kann ein Schwert führen, aber nur ein geschickter
Handwerker kann es formen und seine Schneide härten.“
    Hedaks Augen wurden schmal. Er
war es gewohnt, daß die Leute sich vor ihm duckten, aber dieser große Israelit
in dem schäbigen Gewand zeigte keine Furcht, obwohl er den Kampf ablehnte.
„Zeig mir eines deiner Schwerter“, forderte der moabitische Prinz.
    Machlon schien ihn jedoch nicht
gehört zu haben, denn er hatte gerade Ruth auf ihrem Pferd am Rande der
Lichtung, in der sie alle standen, bemerkt. Sie hatte die riesige Kapuze, die
ihren Kopf bedeckt hatte, abgenommen und löste den durchsichtigen blauen
Schleier von ihrem Gesicht. Und als sie das volle kupferrote Haar schüttelte,
bot sie einen so schönen Anblick, daß jeder Mann sie ansehen mußte, und sei es
mitten im Kampf.
    „Zeig mir eines deiner
Schwerter, Israelit“, befahl Hedak dem jungen Schmied noch einmal. Aber es war
Boas, der antwortete.
    „Ich trage ein
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