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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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stieß, der in das Wasser rollte und das Bild, das Boas darin sah,
zerstörte, blickte er auf und sah sie in der Nähe stehenbleiben. Selbst in
seiner Verwirrung konnte er wahrnehmen, wie schön sie war.
    „Würdest du“, begann sie
zögernd. „Würdest du die Teilnahme einer Moabiterin annehmen?“
    „Ihr Moabiter habt meine Frau umgebracht“,
antwortete Boas scharf. „Warum solltest du mir Mitgefühl entgegenbringen?“
    „Ich bin eine Frau“, sagte sie
einfach.
    Boas sprach nicht, sondern
wandte sich um und blickte wieder auf das Wasser.
    „Sag mir“, fuhr Ruth fort,
„wenn sie am Leben wäre, würdest du sie in dein Haus zurücknehmen?“
    „Ich würde sie vor den Rat
bringen, damit sie für ihren Verstoß gegen die Gesetze Gottes gerichtet wird.“
    „Und dann?“
    „Würde sie gesteinigt werden.“
    „Gesteinigt, weil sie jemanden
liebte!“ rief Ruth aus. „Das ist grausam.“
    „Das Gesetz befiehlt es.“
    „Dann hasse ich euer Gesetz“,
brauste sie auf.
    „Die Gesetze Israels gehen dich
nichts an, Frau aus Moab“, sagte Boas kalt.
    „Aber ich habe ein Herz!“
antwortete sie leidenschaftlich. „Und ich kann es nicht ertragen, einen
Menschen zu sehen, der sich vom Haß verzehren läßt. Machlon sagt, du seist ein
Führer deines Volkes“, fuhr sie fort. „Aber wie willst du ein weiser Führer
sein, wenn du anderen kein Mitgefühl entgegenbringen kannst?“
    „Was würdest du von mir verlangen?
Daß ich sie beide in meinem Haus aufnehme?“
    „Laß die Zeit die Schmerzen
mildern, und dann heirate eine andere Frau“, sagte Ruth ernst. „Lerne sie zu
lieben und ihr bedingungslos zu vertrauen, und du wirst dich selbst
wiederfinden. Vielleicht schenkt sie dir gesunde Söhne...“
    Boas sprang auf. In seinem Zorn
erhob er die Hand, als ob er das Mädchen schlagen wollte, aber Ruth duckte sich
nicht, und er ließ seine Hand herunterfallen. Er starrte sie einen Augenblick
lang an, drehte sich dann plötzlich um und ging durch die Dunkelheit in
Richtung seines Zeltes davon.
     
    Die Moabiter verließen den Ort
bei Sonnenaufgang, als es sich im Lager der Israeliten gerade zu regen begann.
Hedak hatte sein Versprechen gehalten, und der Kämmerer hatte für Machlon und
seine Familie Lebensmittel und Geld hinterlassen, so daß sie sich unterwegs mit
dem Nötigen versorgen konnten. Boas trat auf Machlon zu, als dieser gerade den
Beutel, der das Geld enthielt, an seinem Gürtel befestigte.
    „Du kannst immer noch zu deinem
Volk zurückkehren, Machlon“, sagte er unvermittelt.
    „Ich habe mein Versprechen
gegeben“, erinnerte ihn Machlon.
    „Dieser Moabiterin?“
    Machlon blickte ihn überrascht
an. Es war ihm nicht bewußt gewesen, daß Boas seine nächtliche Unterhaltung mit
Ruth am Fluß bemerkt hatte. „Nein“, sagte er. „Prinz Hedak, dem Führer der
Moabiter.“
    „Hedaks Versprechen bedeuten
nichts. Ich kenne ihn seit langem.“
    „Aber mein Versprechen
bedeutet, daß ich es halten werde. Du hast deine Herden und deine Felder,
Boas“, fügte er hinzu. „Die Hungersnot ist natürlich auch für dich schlimm,
aber du wirst sie überleben. Für Schmiede gibt es keine Hoffnung, denn die
Leute haben kein Geld, um unsere Hacken, unsere Äxte und Pflugscharen zu
kaufen. Und der Rat kauft keine Lanzen für das Heer. Deshalb können wir kein
Korn kaufen. Wenn wir unsere Schmiedefeuer nicht nach Moab verlegen, kommen wir
alle um.“
    „Dein eigenes Volk kommt
vielleicht um, wenn du Schwerter für die Moabiter schmiedest.“
    „Ich habe nicht versprochen,
Schwerter zu schmieden“, antwortete Machlon fest. Aber bei seinen eigenen
Worten erinnerte er sich an das, was Ruth in der vorangegangenen Nacht zu ihm
gesagt hatte. Daß Hedak sie nur wegen seiner guten Schwerter nach Moab kommen
ließ.
    „Du weißt, ich würde in Juda
bleiben, Boas“, fuhr er fort. „Wenn ich nur genug zu essen finden würde, um
meinen Vater und meine Mutter vor dem Verhungern zu retten. Aber ich habe kein
Handwerk gelernt außer der Arbeit mit Hammer, Schmiedefeuer und Amboß, und ich
muß sie demjenigen verkaufen, der sie haben will.“
    „Was wird dein Vater sagen,
wenn du ein Moabiter wirst?“ wollte Boas wissen. „Wenn du dein Volk im Stich
läßt, um eine Moabiterin zu heiraten und die moabitischen Götter anzubeten?“
    „Es gibt keinen Gott außer dem
Allerhöchsten“, sagte Machlon ruhig. „Weder ich noch meine Familie werden uns
jemals vor einem anderen Gott beugen. Und was das Verlassen meines
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