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Runterschalten

Runterschalten

Titel: Runterschalten
Autoren: Wiebke Sponagel
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Klischees und Vorurteile, die Diskussion ums Runterschalten:
    Politisch aufgeladen, wird die eine Haltung zum potenziell gesellschaftszersetzenden Motiv, die andere zum Aushängeschild des RaubKapitalismus. Es würde wohl nicht schaden, diese polemische Aufheizung auch mal etwas runterzuschalten.
    Ein neuer Trend in der Personalarbeit macht in letzter Zeit von sich reden: Diversity Management, in angloamerikanischen Firmen längst etabliert, in Deutschland noch weitgehend Neuland („Cultural Diversity Management in Deutschland hinkt hinterher,“ Studie der Bertelsmann Stiftung, 2007). Interessanterweise scheint dieser Ansatz dem bisherigen Vorgehen, Anpassung bis zur Selbstaufgabe zu fordern, zu widersprechen: Hier steht auf einmal die Unterschiedlichkeit des sogenannten Humankapitals im Mittelpunkt. Es geht um Verschiedenheit in fast jeder Hinsicht – Religion, Alter, Studienabschlüsse, sexuelle Orientierung, Mann-Frau-Rollen, Kultur. Diese Unterschiedlichkeit gelte es zu nutzen und als Stärke anzusehen, fordert der Ansatz. Und weiter heißt es in der Studie:
    „In der Folge tauchen andere Qualifikationen, Lebensformen, Bedürfnisse, Werte und Erfahrungen auf. Diese heterogene Palette schlägt auf den Arbeitsmarkt durch und ist bei der Rekrutierung und im Einsatz von Arbeitskräften zu beachten.“
    Rufen die Firmenkultur-Macher da etwa nach Individuen, die auch anders denken und runterschalten wollen? Nach Menschen, die auf einer Dreiviertel-Stelle hundert Prozent leisten und pünktlich gehen? Die nicht bereit sind, einen Großteil ihrer Lebenszeit für Unternehmensziele zu „verkaufen“? Wer die Idee „Diversity Management“ konsequent weiterdenkt, käme zu diesem Schluss.
    Angeblich hat sich Diversity Management in den Unternehmen, die es praktizieren, inzwischen zum „betriebswirtschaftlichen Instrument“gemausert – es rechnet sich. Was sich rechnet, wird sich wohl auch verbreiten – auch wenn, wie viele vermuten, der rechnerische Nutzen nur in einer Image-Politur liegt.
    Aber nicht nur „Diversity Management“ könnte – theoretisch – ein Einfallstor für eine mehr am Individuum und seinen Bedürfnissen orientierte Unternehmenskultur werden. Ein Automobilbauer probiert jetzt schon aus, wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen könnte. „Band 2017“ heißt das Projekt, bei dem es um den Erhalt der Arbeitskraft älterer Mitarbeiter geht. Für sie bietet das Werk einen Raum für Gymnastik und Dehnungsübungen, einen Ruheraum und gedämpfte Böden an den Arbeitsplätzen. Gearbeitet wird am Band – es läuft schneller als die anderen, denn die Fehlerquote liegt wegen der Erfahrung der älteren Mitarbeiter bei null. Auch andere Hersteller und die Deutsche Bahn haben angeblich ähnliche Projekte ins Leben gerufen. Grund ist zwar nicht die Erkenntnis, dass es sich lohnt, schonender mit Mitarbeitern umzugehen – die ist eher ein Nebenprodukt. Es geht um die überalternde Gesellschaft, um das Nutzen der vorhandenen Potentiale. Aber dennoch: Wo früher das „Wegwerfprinzip“ herrschte, weil der Nachschub sicher war, hat jetzt ein Umdenken zum Erhalt des Vorhandenen eingesetzt. Immerhin.
    Unstrittig ist aber: In Unternehmen muss immer entschieden werden, welche Person auf welche Stelle in der Organisation gesetzt werden soll. Diese Aufgabe wird in Personalabteilungen erledigt und nicht oder nur teilweise von den Vorgesetzten, die mit den (neuen) Mitarbeitern zu tun haben. Wer also im Unternehmen bleiben will oder den Job wechseln will, um runterzuschalten, hat es mit Personalmanagern zu tun. Sie verkörpern das Unternehmen, sind sein Sprachrohr und seine Exekutive.
    Mit der Frage, wie das Runterschalten aus Unternehmenssicht bewertet wird, sollte man sich also an die wenden, die über Einstellungen und Kündigungen zu entscheiden haben. Ich habe zehn Unternehmen bzw. Personalabteilungen im Rhein-Main-Gebiet angesprochen. Nur eines davon war, und nur in anonymisierter Form, zu einem Interview bereit.
    Meine anderen beiden Interview-Partner haben einen eher externen Blickwinkel auf das Thema: einer als Interims-Personal-Manager, der viele Unternehmen von innen kennen lernt, der andere als „Headhunter“ an der Schnittstelle von Angebot und Nachfrage.
    Eine einheitliche Sicht aufs Runterschalten vermitteln diese Interviews nicht. Aus keinem der Gespräche lässt sich eine Art Empfehlung für Strategien zum Runterschalten in Unternehmen ableiten. Sie werden sehen, meine Ansprechpartner sind sich
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