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Runterschalten

Runterschalten

Titel: Runterschalten
Autoren: Wiebke Sponagel
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überwiegend Mütter, die das machen, die 15 oder 20 Stunden arbeiten – die können immer 15 bis 25 Prozent draufhauen, das funktioniert. Es gibt Unternehmen, die das sogar personalplanerisch in der Kapazitätsplanung einsetzen. Die sagen: Da hole doch mal drei Mütter zurück, das bringt ja mehr, drei mal ein Drittel Teilzeit, als wenn wir einen Neuen einstellen. Aber das ist ja jetzt ein Missbrauchsmodell.
    Viele Unternehmen halten Teilzeit für unpraktikabel. Sie sagen: „Wie stellen Sie sich das vor, das funktioniert doch nicht, solldie Übergabe dann jeden Tag um 12.30 Uhr stattfinden?“ Das sind Killerargumente, die auch immer sehr emotional geprägt sind. Sie zeigen, dass es offensichtlich nicht gelingt, intelligente Arbeitszeitmodelle zu entwickeln. Natürlich ist die Arbeitswelt nicht überall teilzeitfähig, aber das sind wenige Bereiche. Mit anderen Worten, das sind Ausreden. Und es gibt in den Betrieben überall dasselbe Thema, nämlich, dass die Frauen sich untereinander sehr wohl organisieren könnten und sozusagen nächsten Mittwoch starten könnten. Aber die Hemmblöcke, die sind woanders! Sonst würde ich sagen, ist das Teilzeitprinzip das flexibelste, auch von der Gesetzgebung hier in Deutschland, für ein Runterschalten. Weil dabei alle Teilzeitmodelle, die nur denkbar sind, auch machbar sind. Die Begrenzung liegt beim Unternehmen.
    Elternzeit für junge Väter hat den Vorteil für die, die es wahrnehmen, den Kündigungsschutz zu bieten. Allerdings ist die gesellschaftliche Akzeptanz da auch noch nicht überall da.
Ist Runterschalten aus Unternehmenssicht überhaupt wünschenswert?
    Das hängt vom Menschenbild ab. Man kann sagen, dass der Mensch leistungsfähiger ist, wenn ihm die Arbeit Freude macht, und die Arbeit macht Freude, wenn es daneben auch noch andere Dinge gibt. Nach meinem Dafürhalten ist es nicht schwer, das in Unternehmen durchzusetzen, nur fehlt die Akzeptanz. Nur der ist anerkannt, der bis zum Herzinfarkt rödelt. Ich habe schon Begräbnisse von Managern zwischen 50 und 60 erlebt, aus großen Unternehmen, bei denen hunderte von Menschen dabeistehen, und man über die unmenschliche Arbeitswelt spricht. Aber man hätte das ja zum Anlass nehmen können, etwas zu ändern. Das passiert nicht.
    Ich will damit sagen, dass ich persönlich das Runterschalten wünschenswert finde, und die Unternehmen haben alle Instrumente an der Hand, das Runterschalten für diejenigen zu ermöglichen, die das möchten, ohne dass es prinzipiell eine Leistungseinbuße gibt. Das behaupte ich jetzt mal. Aber es wird eben nicht gemacht
Angenommen, bei Ihnen bewirbt sich jemand mit eindeutig höherer Qualifikation auf einen Durchschnittsjob. Er gibt als Begründung an, dass er „runterschalten“ will. Kann er diesen Job aus Ihrer Sicht bekommen oder gibt es Hinderungsgründe?
    Natürlich weckt das einen Grundverdacht. Man wird den Bewerber vielleicht fragen, ob er das wirklich ernst meint. Man unterstellt, dass die Person wegen zu geringer Auslastung irgendwann nicht mehr dabei ist. Das ist aber eine Unterstellung aus Ignoranz. Ansonsten würde das ein Arbeitgeber mitmachen, obwohl es gesellschaftlich eher nicht erwünscht ist.
Ist das Runterschalten aus Ihrer Sicht ein „Karriereknick“?
    Ja. Aber von einer Belegschaft ist ja sowieso nur ein Promillesatz überhaupt an Karriere interessiert. Für die gilt aber bestimmt, dass es ein Knick ist. Gesellschaftlich und innerbetrieblich ist das Runterschalten nicht erwünscht. Selbst leitende Angestellte könnten ja nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz Teilzeit machen, aber dazu kommt es nicht.
Sollte sich ein Bewerber dazu bekennen?
    Das ist hochriskant, weil man nicht weiß, wer einem gegenüber sitzt. Ich habe dann das Problem, das meine Einstellung nicht gesellschaftsfähig ist. Ich stelle mich mit dieser Thematik bloß. Deswegen würde ich sagen, nein, lieber nicht.
Glauben Sie, dass Unternehmen von Menschen, die runterschalten, auch profitieren können?
    Ja, das glaube ich, denn ich bin der wenig populären Ansicht, dass Betriebstreue und Loyalität Tugenden sind, die auch einen Leistungswert haben. Wenn ich also als Arbeitgeber meine Arbeitnehmer in ihren Wünschen mehr ausbalanciere, wird dernormale Arbeitnehmer, der das nicht ausnutzt, das auch honorieren. Mir fällt dazu noch die Thematik Pflegezeitgesetz ein. Also ein Gesetz, das davon ausgeht, dass in den nächsten Jahren der Betreuungsaufwand für den ältesten Teil unserer Bevölkerung
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