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0876 - Der Dämon von Nigeria

0876 - Der Dämon von Nigeria

Titel: 0876 - Der Dämon von Nigeria
Autoren: W.K. Giesa und Dirk van den Boom
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Mehrere Tage vorher.
    Sir Edward Malborough schwitzte.
    Das war im Grunde nichts ungewöhnliches: In Lagos, der westafrikanischen Metropole, herrschte um diese Jahreszeit eine Temperatur von um die 35 Grad mit einer fast hundertprozentigen Luftfeuchtigkeit. Verließ man das Haus, war man binnen einer Minute in Schweiß gebadet. Normalerweise linderte die Klimaanlage des Botschaftswagens die Hitze, aber nicht heute, und Malborough wusste nicht, warum.
    Sein Wagen stand in einer Blechlawine, einem der berüchtigten »go slow«, die vor allem zu Stoßzeiten den-Verkehr in der Millionenstadt fast völlig zum Erliegen brachten. Straßenhändler nutzten die Gelegenheit, ihre Waren an den Mann zu bringen. Sie turnten zwischen den wartenden, stinkenden Autos hin und her und verkauften Erfrischungen, Zeitschriften, erbauliche Literatur, Wandschränke, Matratzen und Büromaterial. Genug Zeit und ausreichend Stauraum vorausgesetzt, konnte man sich in einem »go slow« eine komplette Wohnungseinrichtung zusammenstellen und nebenbei noch den Kühlschrank füllen. Malborough widerstand der Versuchung, einen der Jungs heranzurufen und einen gekühlten Fruchtsaft zu erwerben. Sobald er das tat, würden Dutzende weiterer Händler zum kaufwilligen Oyibo strömen, in der Hoffnung, vom Segen auch etwas abzubekommen. Stattdessen nahm der Botschaftssekretär einen Schluck faden Wassers aus einer Plastikflasche und starrte in den Nacken des Fahrers, an dessen durchtränktem Kragen er erkannte, dass die Klimaanlage wohl ausgefallen sein musste.
    Wie zur Bestätigung seiner Gedanken drehte sich der Mann um und sagte mit einem bedauernden Unterton: »Der Wagen muss zum Service, Sir! Ich werde das gleich morgen erledigen!«
    Malborough stieß ein Grunzen aus, trocknete sich die Stirn mit einem Taschentuch. Sie standen mitten auf der Broad Street, unweit des First Bank Wolkenkratzers, und es bewegte sich immer noch nichts. Hupkonzerte dröhnten von der Marina herüber. Taxifahrer stiegen halb aus ihren Vehikeln und versuchten, den Grund für den Stau auszumachen. Malborough sah auf seine Uhr. Der Termin mit Vertretern der britisch-nigerianischen Handelskammer rückte immer näher. Wenn er jetzt ausstieg und zu Fuß bis zum Gebäude der nigerianischen Börse ging, in der das Treffen stattfinden sollte, konnte er es vielleicht noch einigermaßen pünktlich schaffen. Er würde vor Schweiß und Abgasen stinken, wenn er dort ankam, aber wahrscheinlich mit den meisten Anwesenden dieses Schicksal teilen.
    Malborough spürte, wie er Kopfschmerzen bekam. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Das verfluchte Klima machte ihm schon genug zu schaffen und der Botschaftsarzt war mit seinem Blutdruck auch nicht zufrieden. Einen Moment zögerte der Mann noch, dann lehnte er sich entschlossen nach vorne.
    »Ich gehe! Melden Sie sich bei der Botschaft und bringen Sie dann den Wagen in die Werkstatt!«
    Der Fahrer nickte nur und betätigte die Zentralverriegelung. Die Türschlösser des Rover sprangen auf. Malborough ächzte, öffnete die Tür und ließ für einen Moment den Schwall heißer, schwüler und von Abgasen geschwängerter Luft auf sich einwirken. Dann bahnte er sich einen Weg durch die wartenden Autos. Straßenhändler wurden auf ihn aufmerksam und strömten herbei, von den Straßenrändern folgten einige Bettler. Malborough tat, als würde er sie nicht sehen, den Blick auf ein fernes Ziel gerichtet, das nur er wahrnehmen konnte. Würde er nur mit einem der Hoffnungsvollen in Augenkontakt treten, war er verloren: Das wurde unmittelbar als Aufforderung verstanden.
    Schließlich hatte er den Bürgersteig erreicht. Er wandte sich nach links, hin zum Postzentralamt von Lagos, vorsichtig den zahlreichen kleinen Verkaufsständen ausweichend, die den ohnehin nicht großzügig bemessenen Bürgersteig nutzten, um allerlei Waren feilzubieten. Lagos war das ökonomische Zentrum nicht nur Nigerias, und wenn in einer Stadt das Wort »business« eine Bedeutung hatte, dann hier. Es gab nichts, was nicht verkauft wurde, und das an den unvorhergesehensten Stellen. Von Marmorbad bis zur AK 47 - mit etwas Geld und Ortskenntnis war alles erhältlich.
    Malborough blieb einen Moment stehen, als ihn Schwindel erfasste. Er fuhr mit dem bereits durchtränkten Taschentuch über seine Stirn. Schleier tanzten vor seinen Augen. Er biss die Zähne zusammen und gab sich einen Ruck. Dann setzte er seinen Weg fort.
    Der Brite bemerkte, wie sich sein Blickfeld langsam einengte. Er
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