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Runenschild

Titel: Runenschild
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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noch nicht zurückgeschlagen, doch ihr Gesicht konnte er darunter deutlich
erkennen. Es war grau und blass, aber trotz aller Erschöpfung glitzerten ihre Augen jetzt spöttisch, was ihn erleichtert aufatmen ließ.
Es verging nur eine überraschend kurze Zeitspanne, bis
der Wirt zurückkam und das Essen brachte; halb gar gekochtes Schweinefleisch, Kohl und Brot, ein Fraß, den
Dulac zu Hause in Camelot nicht einmal einem Hund vorgesetzt hätte, den sie aber beide gierig hinunterschlangen.
Die ganze Zeit über spürte er die Blicke des Wirtes wie
die Berührung einer unangenehmen, schmierigen Hand
auf sich – und vor allem auf Gwinneth – ruhen, aber der
Fettsack war nicht der Einzige, der sie anstarrte. Das
knappe halbe Dutzend Männer an den beiden Nachbartischen hatte seine Unterhaltung längst wieder aufgenommen und ihrer Lautstärke und dem grölenden Gelächter
nach zu urteilen war der Krug Bier, der vor ihnen stand,
nicht der erste an diesem Abend. Dennoch sahen die Männer immer wieder in ihre Richtung, manchmal verstohlen,
zumeist aber ganz offen neugierig und abschätzend.
Nachdem sie fertig gegessen hatten, ging Dulac zur Theke und bat um einen Krug Wasser und zwei Becher.
Der Wirt machte ein Gesicht, als hätte er etwas Unanständiges von ihm verlangt, doch bevor er etwas dazu sagen konnte, mischte sich einer der Männer vom Nebentisch ein.
»Gib den beiden einen Krug Bier, elender Geizkragen«,
rief er. »Bei den Wucherpreisen, die du für deinen Fraß
verlangst, müsstest du ihnen eigentlich ein ganzes Fass
spendieren!«
Der Wirt spießte den Sprecher mit Blicken geradezu auf,
aber zu Dulacs nicht geringer Überraschung zapfte er tatsächlich einen Krug Bier und knallte ihn zusammen mit
zwei Bechern auf den Tresen vor sich. Dulac nahm den
Krug in die linke und die beiden Becher in die rechte
Hand und drückte alles an seine Brust, damit ihm nichts
entglitt, als er zum Tisch zurückbalancierte.
Während er den Männern, die ihm so unverhofft Schützenhilfe geleistet hatten, dankbar zunickte, nutzte er die
Gelegenheit, um sie genauer zu mustern.
Was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Es waren fünf
ausnahmslos große, kräftige Burschen, der jüngste gute
zehn Jahre älter als er selbst und der älteste noch kein
Greis, aber auch nicht mehr weit davon entfernt. Soweit er
erkennen konnte, hatten sie vernarbte Hände und den einen oder anderen Schmiss im Gesicht. Sie sahen ungepflegt aus, ihre Kleider waren schmutzig und an zahllosen
Stellen geflickt, aber als einer von ihnen aufstand und mit
seinem Becher in der Hand auf sie zukam, klaffte sein
Mantel auseinander und Dulac sah, dass er ein Schwert
darunter trug.
»Du darfst solche Kerle nie um etwas bitten, mein Junge«, sagte er, während er sich uneingeladen setzte. »Bei
solchen Leuten muss man fordern. Alles andere legen sie
als Schwäche aus, und dann hast du schon verloren.«
»Ich weiß«, antwortete Dulac. »Ich bin bei so einem
Menschen aufgewachsen.«
Er war nicht mehr Lancelot, sondern wieder Dulac, und
als solcher hatte er nicht einmal gelogen, auch wenn er
Tander Unrecht tat. Bei allem, was sein Ziehvater ihm
auch angetan haben mochte, hatte er doch ein ganz anderes Niveau als der schmierige Fettwanst hinter der Theke.
»Reisende müssen zusammenhalten«, antwortete der andere. »Woher kommt ihr?«
»Camelot«, entfuhr es Dulac. Gwinneth sah ihn einen
Moment lang fast entsetzt an, aber Dulac schenkte ihr einen weiteren beruhigenden Blick. Wenn er in den letzten
Monaten eines wirklich gelernt hatte, dann das Lügen, und
wenn er eines über das Lügen gelernt hatte, dann, dass
überzeugende Lügen möglichst viel Wahrheitsgehalt enthielten.
»Camelot?«, antwortete der andere. Er drehte den Kopf
und wandte sich an seine Kameraden. »Freunde, die beiden hier kommen aus Camelot. Dann habt ihr wirklich
eine lange Reise hinter euch«, fuhr er nun wieder an Dulac
und Gwinneth gewandt fort. Er stand auf und wirkte plötzlich sehr aufgeregt. »Kommt. Setzt euch an unseren Tisch.
Ihr müsst uns von Camelot erzählen. Habt ihr die große
Schlacht miterlebt?«
»Ich glaube nicht, dass …«, begann Dulac, aber der andere schnitt ihm mit einer harschen Handbewegung, wenn
auch lachend, das Wort ab.
»Papperlapapp! Ihr kommt an unseren Tisch und erzählt
uns von euren Abenteuern, und dafür spendieren wir euch
noch eine Mahlzeit.« Ohne Dulacs Antwort auch nur abzuwarten, drehte er sich zum Wirt herum.
»Bring
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