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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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Straße hingen. Die Luft war heiß, und eine leichte Brise trug einen Geruch von Schweiß
und Abfällen mit sich. Musik und Stimmengewirr drang aus offenen Fenstern. Die Gehwege waren so schmal, daß man aufpassen mußte, um nicht im Rinnstein zu landen. Obsthändler versperrten die Straßen mit Holzkarren und verkauften geschälte Orangen für fünf Cents das Stück.
    Ich spazierte eine halbe Stunde lang umher, betrachtete die Auslagen von Geschäften, die »Ivy League«-Mode verkauften, spähte in üble Spelunken voll von Huren und Seeleuten, wich den Menschen auf den Gehwegen aus und dachte, ich würde jeden Moment umkippen, wenn ich nicht gleich ein Restaurant fand.
    Schließlich gab ich es auf. In Old San Juan schien es keine Restaurants zu geben. Der einzige Laden, den ich sah, hieß »New York Diner« und hatte geschlossen. In meiner Verzweiflung winkte ich mir ein Taxi und sagte dem Fahrer, er solle mich zur DAILY NEWS bringen.
    Er starrte mich an.
    »Die Zeitung!« brüllte ich und schlug die Wagentür hinter mir zu.
    »Ah, sí«, murmelte er. »EL DIARIO, sí.«
    »Nein, gottverdammt«, sagte ich. »Die DAILY NEWS – die amerikanische Zeitung – El NEWS.«
    Er hatte nie davon gehört, also fuhren wir zur Plaza Colón zurück. Ich beugte mich aus dem Fenster und fragte einen Cop. Der wußte es auch nicht, aber schließlich kam ein Mann von der Bushaltestelle herüber und erklärte uns den Weg.
    Wir fuhren auf einer gepflasterten Straße einen Berg hinunter ans Wasser. Nichts deutete auf eine Zeitung hin, und ich hatte den Verdacht, daß er mich nur hierher brachte, um mich loszuwerden. Wir bogen um eine Ecke, und plötzlich stieg er auf die Bremsen. Gleich vor uns war so etwas wie ein Bandenkrieg im Gang. Ein kreischender
Mob versuchte in ein altes, grünliches Gebäude einzudringen, das wie ein Lagerhaus aussah.
    »Mach schon«, sagte ich zu dem Fahrer. »Da kommen wir leicht dran vorbei.«
    Er murmelte etwas und schüttelte den Kopf.
    Ich schlug mit der Faust auf seine Rückenlehne. »Mach endlich! Keine Fahrt – kein Geld.«
    Er murmelte wieder etwas, schaltete aber in den ersten Gang, manövrierte den Wagen auf die andere Straßenseite und hielt so viel Abstand wie möglich zwischen uns und dem Mob. Er stoppte, als wir direkt vor dem Gebäude waren, und ich sah, daß es sich um eine Bande von vielleicht zwanzig Puertoricanern handelte, die einen hochgewachsenen Amerikaner in braunem Anzug angriffen. Der wiederum stand auf den Stufen und schwang ein großes Holzschild wie einen Baseballschläger.
    »Ihr miesen kleinen Penner!« brüllte der Amerikaner. Eine verschwommene Bewegung, dann hörte ich einen dumpfen Schlag und Geschrei. Einer der Angreifer stürzte mit blutendem Gesicht zu Boden. Der Amerikaner zog sich, immer noch sein Schild schwenkend, in Richtung Eingangstür zurück. Zwei Männer versuchten, es sich zu schnappen, und er schlug dem einen so auf die Brust, daß der die Stufen herunterfiel. Die anderen hielten Abstand, schrien und drohten mit den Fäusten. Der Amerikaner knurrte sie an: »Kommt schon, ihr Penner – holt es euch!«
    Keiner rührte sich. Er wartete einen Moment, dann hob er das Schild über die Schulter und warf es mitten in die Menge. Es traf einen Mann in den Bauch, der auf die anderen stürzte. Ich hörte lautes Gelächter, dann verschwand der Amerikaner im Gebäude.
    »Okay«, sagte ich zu meinem Fahrer. »Das wär’s – fahren wir.«
    Er schüttelte den Kopf und zeigte erst auf das Gebäude, dann auf mich. »Sí, está NEWS.« Er nickte, dann zeigte er wieder auf das Gebäude. »Sí«, sagte er düster.
    Mir dämmerte, daß wir uns vor der DAILY NEWS befanden  – meinem neuen Zuhause. Ich warf noch einen letzten Blick auf den stinkenden Mob und beschloß, wieder ins Hotel zu fahren. In diesem Moment hörte ich ein neues Geräusch. Ein Volkswagen hielt hinter uns. Drei Cops stiegen aus, schwangen ihre schweren Schlagstöcke und schrien etwas auf Spanisch. Einige aus dem Mob rannten los, andere blieben, um zu diskutieren. Ich schaute noch einen Moment zu, dann gab ich dem Fahrer einen Dollar und flitzte ins Gebäude.
    Auf einer Tafel stand, die Nachrichtenredaktion der NEWS befinde sich in der ersten Etage. Ich nahm den Fahrstuhl und rechnete schon damit, auszusteigen und mich inmitten der nächsten Gewaltszene wiederzufinden. Doch die Tür öffnete sich zu einem dunklen Flur, und etwas weiter links waren nur die üblichen Geräusche einer Lokalredaktion zu
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