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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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auf den Boden zu stellen, da zwängte sich ein alter Mann an mir vorbei und setzte sich neben mich.
    »Der Platz ist reserviert«, sagte ich schnell und packte ihn am Arm.
    Er riß sich los, brabbelte etwas auf Spanisch und drehte sich zum Fenster.
    Ich packte ihn erneut. »Stehen Sie auf«, sagte ich wütend.
    Jetzt fing er zu plärren an, während das Mädchen vorbeikam und etwas weiter vorn stehen blieb. »Hier ist noch ein Platz frei«, rief ich und zerrte den Alten hoch. Bevor sie sich umdrehen konnte, hatte sich die Stewardeß auf mich gestürzt und zog an meinem Arm.
    »Er hat sich auf meine Schreibmaschine gesetzt«, sagte ich und mußte hilflos mitansehen, wie das Mädchen ganz vorn einen Platz fand.
    Die Stewardeß faßte den Alten besänftigend an der Schulter und half ihm auf seinen Platz zurück. »Was sind Sie nur für ein brutaler Kerl?« fuhr sie mich an. »Ich sollte Sie rauswerfen!«
    Grummelnd ließ ich mich in meinen Sitz fallen. Der Alte starrte stur geradeaus, bis wir abhoben. »Mieser alter Sack«, knurrte ich in seine Richtung.
    Keine Reaktion. Schließlich machte ich die Augen zu und versuchte zu schlafen. Ab und zu warf ich einen Blick nach vorn auf die Blonde. Dann schalteten sie die Lichter aus, und ich konnte nichts mehr erkennen.
    Als ich wach wurde, dämmerte es. Der Alte schlief immer noch, und ich beugte mich über ihn, um aus dem Fenster zu schauen. Mehrere tausend Fuß unter uns lag der Ozean, dunkelblau und glatt wie ein See. Weiter vorn sah ich eine Insel, die grün in der frühen Morgensonne schimmerte, mit Stränden und braunen Sümpfen weiter im Landesinneren. Die Maschine setzte zur Landung an, und die Stewardeß sagte durch, daß wir die Gurte anlegen sollten.
    Kurz darauf schoß das Flugzeug dicht über Palmwäldern hinab und rollte vor dem großen Terminal aus. Ich wollte auf meinem Platz bleiben, bis das Mädchen vorbeikam, dann aufstehen und mit ihr zusammen über das Rollfeld gehen. Da wir beide die einzigen Weißen im Flugzeug waren, würde das ganz natürlich wirken.
    Die anderen Passagiere standen herum, quatschten, kicherten und warteten darauf, daß die Stewardeß die Tür öffnen würde. Plötzlich sprang der Alte auf und versuchte, wie ein Hund über mich hinwegzukrabbeln. Reflexartig stieß ich ihn zurück ans Fenster. Es gab ein dumpfes Geräusch, das die Menge verstummen ließ. Dem Mann schien jetzt übel zu werden und er versuchte wieder, an mir vorbeizukrabbeln. Dabei brüllte er hysterisch auf Spanisch.
    »Verrückter alter Sack!« schrie ich, drückte ihn mit der einen Hand weg und griff mit der anderen nach der Schreibmaschine. Die Tür war jetzt offen, und alle strömten ins Freie. Das Mädchen kam an mir vorbei. Ich versuchte sie anzulächeln und presste dabei den Alten immer noch gegen die Scheibe, bis ich rückwärts auf den Gang treten konnte. Er brüllte und ruderte hilflos mit den Armen und führte sich jetzt dermaßen auf, daß ich kurz davor war, ihm einen Handkantenschlag auf die Kehle zu verpassen, damit er endlich Ruhe gab.
    Schließlich kam die Stewardeß, gefolgt vom Copiloten, der wissen wollte, was ich mir eigentlich einbildete.
    »Er fängt immer wieder an, auf diesen älteren Herrn einzuschlagen – seit wir in New York gestartet sind«, sagte die Stewardeß. »Das muß ein Sadist sein.«
    Sie behielten mich für zehn Minuten da, und ich befürchtete schon, daß sie mich festnehmen lassen wollten. Ich versuchte alles zu erklären, aber ich war so müde und durcheinander, daß ich nicht wußte, was ich da sagte. Als sie mich endlich gehen ließen, schlich ich aus dem Flugzeug wie ein Verbrecher, blinzelte in die Sonne und überquerte schwitzend die Rollbahn Richtung Gepäckausgabe.
    Dort wimmelte es nur so von Puertoricanern, das Mädchen aber war spurlos verschwunden. Die Hoffnung, sie jetzt noch zu finden, schien gering – und selbst wenn, rechnete ich mir keine großen Chancen aus. Wenige Mädchen fühlen sich zu einem Mann hingezogen, der alte Menschen terrorisiert. Ihren Gesichtsausdruck hatte ich noch genau vor Augen, als sie sah, wie ich den alten Mann gegen das Fenster presste. Überhaupt war mir das alles zu viel. Ich beschloß, frühstücken zu gehen und mein Gepäck später zu holen.
    Der Flughafen von San Juan ist ein hübscher, moderner Bau, überall leuchtende Farben und sonnengebräunte Menschen und Latino-Rhythmen, die in der Halle von nackten Traversen herab aus den Lautsprechern dröhnen. Ich lief die lange Gangway
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