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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Erwachsener zu benehmen, oder du verlierst alles. Glaubst du vielleicht, mein Dad lässt euch in Ruhe, jetzt, wo er einen erledigt hat? Dann lass dir von mir gesagt sein: Nein, tut er nicht. Und was, glaubst du, wird passieren, wenn die Leute erst rausfinden, wer Cole ist? Wenn das, was auch immer mit diesem Wolf passiert ist, mit Grace passiert? Und du bist gestern in einem Aufnahmestudio gewesen? Ich fass es nicht.«
    Ich drehte mich wieder zu ihr um und sah ihr ins Gesicht. Sie hatte ihre Hände zu Fäusten geballt. Ich wollte sie fragen, ob sie das alles tat, weil Jack gestorben war und sie es nicht mit ansehen konnte, wie mit jemand anderem dasselbe passierte. Oder ob es daran lag, dass ich überlebt hatte und Jack nicht. Oder war es, weil sie jetzt zu uns gehörte und unwiederbringlich an mich und Grace und Cole und die anderen gebunden war?
    Letztendlich war es gar nicht wichtig, warum sie hier war oder warum sie das alles sagte. Denn ich wusste, sie hatte recht.
COLE
    Ich sah auf, als ich die erhobenen Stimmen aus der Küche hörte;
    Grace und ich wechselten einen Blick. Sie stand vom Sofa auf und setzte sich mir gegenüber an den Tisch, ein Glas Wasser und ein paar Tabletten in der Hand. Sie schluckte die Tabletten und stellte das Glas auf den Tisch. Das Ganze schien sie ziemlich viel Mühe zu kosten, aber ich sagte nichts, weil sie auch nichts sagte. Sie hatte dunkle Schatten unter den Augen und ihre Wangen glühten rot vor Fieber. Sie sah erschöpft aus.
    Im Zimmer nebenan wurden Sams und Isabels Stimmen wieder lauter. Ich spürte die Spannung in der Luft, als wären wir alle durch Drähte miteinander verbunden.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass das alles wirklich passiert«, sagte ich.
    »Cole?«, fragte Grace. »Weißt du, wie es weitergeht, wenn die Leute irgendwann rausfinden, dass du hier bist? Wenn ich dich das fragen darf.« Sie stellte die Frage vollkommen schlicht und offen. Keinerlei Wertung oder Vorwurf wegen meines berühmten Gesichts.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Meine Eltern haben mich schon vor langer Zeit aufgegeben. Denen wäre es egal. Aber den Medien sicher nicht.« Ich dachte an diese Mädchen, die mich mit ihren Handys fotografiert hatten. »Die Medien würden sich darauf stürzen. Mercy Falls wäre auf einen Schlag berühmt.«
    Grace atmete aus und legte eine Hand auf ihren Bauch, ganz vorsichtig, als hätte sie Angst, dass ihre Haut nachgab. Hatte sie die ganze Zeit schon so ausgesehen?
    »Willst du gefunden werden?«, wollte Grace wissen.
    Ich sah sie an und hob eine Augenbraue.
    »Okay«, sagte sie und überlegte. »Beck hat wahrscheinlich gedacht, du wärst die meiste Zeit ein Wolf.«
    »Beck hat gedacht, ich würde mir das Leben nehmen«, stellte ich richtig. »Ich glaube nicht, dass er viel weiter gedacht hat. Er hat einfach versucht, mich zu retten.«
    Nebenan sagte Sam irgendwas Unverständliches. Isabel erwiderte: »Ich weiß, dass Grace und du über alles sprecht, warum also nicht darüber?«
    In diesem einen Moment, als sie das sagte, wie sie es sagte, so als täte ihr dieses Wissen weh, wirkte es, als wäre Isabel in Sam verliebt. Der Gedanke an diese Möglichkeit löste ein sonderbares, taubes Gefühl in mir aus.
    Grace sah mich bloß an. Sie musste es gehört haben. Aber sie behielt ihre Reaktion für sich.
    Jetzt kamen Isabel und Sam wieder ins Wohnzimmer; Sam sah aus wie ein geprügelter Hund, Isabel frustriert. Sam stellte sich hinter Grace’ Stuhl und legte eine Hand in ihren Nacken. Es war eine simple Geste, die weniger besitzergreifend wirkte als einfach nur – verbunden. Isabel starrte auf diese Hand, genauso wie ich vermutlich.
    Ich schloss die Augen und machte sie wieder auf. Dazwischen sah ich Victor. Und ich konnte einfach nicht mehr – nicht mehr ich sein.
    »Ich gehe ins Bett«, verkündete ich.
    Isabel und Sam funkelten einander wieder an, ein lautloser Streit schwelte noch immer zwischen ihnen. »Ich fahre nach Hause. Grace? Rachel hat deinen Eltern erzählt, dass du bei mir bist. Ich hab ihnen dasselbe gesagt, aber ich weiß, dass sie mir nicht geglaubt haben. Willst du wirklich heute hierbleiben?«
    Grace griff nur nach oben und hielt sich an Sams Handgelenk fest.
    »Tja, das heißt dann wohl, dass ich hier die Stimme der Vernunft bin«, fauchte Isabel. »Welche Ironie. Die unerhörte Stimme der Vernunft.«
    Sie stürmte aus dem Zimmer. Ich wartete eine Sekunde, dann folgte ich ihr hinaus in die schwarze Nacht. An der Tür ihres

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