Ruht das Licht
fügte schnell hinzu: »Hier.«
»Doch«, sagte ich eindringlich.
Sie wirkte unsicher, blickte kurz zu Cole hinüber und dann wieder zu uns. »Wie sieht denn jetzt der Plan aus?«
»Plan?«, fragte ich. »Wofür?«
Isabel sah Cole an, dann, etwas länger, Grace und deutete schließlich mit dem Finger auf mich. Mit einem angestrengten Lächeln sagte sie: »Kann ich dich einen Moment sprechen? In der Küche?«
Grace hob matt den Kopf und sah Isabel fragend an, rückte dann aber von mir ab, sodass ich Isabel in die Küche folgen konnte.
Ich war gerade über die Schwelle, als Isabel mich auch schon mit giftiger Stimme anfuhr: »Ich hab dir doch gesagt, dass die Wölfe in der Nähe unseres Hauses waren und dass mein Vater nicht ihr allergrößter Fan ist. Warum hast du denn nichts unternommen?«
Meine Augenbrauen rutschten hoch bei diesem Vorwurf. »Wogegen denn? Das, was dein Vater heute gemacht hat? Das hätte ich verhindern sollen?« •
»Du hast hier die Verantwortung. Das sind jetzt deine Wölfe. Da kannst du doch nicht einfach hier rumsitzen.«
»Ich konnte ja nicht wissen, dass dein Vater wirklich da rausgehen und –«
Isabel unterbrach mich. »Jeder weiß, dass mein Vater auf alles losballert, was nicht zurückballern kann. Ich bin davon ausgegangen, dass du dich darum kümmerst!«
»Wie hätte ich die Wölfe denn von eurem Haus fernhalten sollen? Sie bleiben in der Nähe des Sees, weil man dort gut jagen kann. Ich habe nicht damit gerechnet, dass dein schießwütiger Vater auf sämtliche Jagd- und Waffengesetze pfeifen würde, um seinen Standpunkt zu vertreten.« Meine Stimme klang vorwurfsvoll, obwohl ich wusste, dass das unfair war.
Isabel lachte; es klang eher wie ein Bellen, kurz und humorlos. »Gerade du solltest am besten wissen, wozu er fähig ist. Ach ja, und wie lange willst du eigentlich noch so tun, als wäre mit Grace alles in Ordnung?«
Ich blinzelte.
»Deinen Dackelblick kannst du dir sparen. Ihr sitzt hier bloß rum, dabei sieht sie aus wie ’ne Krebspatientin oder so was. Und sie riecht genauso wie dieser tote Wolf. Also, was ist hier los?«
Ich zuckte zusammen. »Ich weiß es nicht, Isabel«, sagte ich. Meine Stimme klang müde, selbst in meinen Ohren. »Wir waren heute beim Arzt. Nichts.«
»Na dann bring sie ins Krankenhaus!«
»Was glaubst du denn, was die im Krankenhaus machen? Vielleicht, vielleicht untersuchen sie ihr Blut. Und was, meinst du, kommt dabei raus? Ich glaube kaum, dass ›Werwolf‹ in irgendeiner von ihren Tabellen vorkommt, und gegen ›riecht wie ein kranker Wolf‹ gibt es wohl leider auch kein Medikament.« Ich wollte nicht so wütend klingen; ich war nicht wütend auf Isabel – ich war wütend auf mich selbst.
»Und was hast du jetzt vor? Warten, bis irgendwas Schlimmes passiert, oder was?«
»Was soll ich denn machen? Sie ins Krankenhaus bringen und verlangen, dass sie ein Problem lösen, von dem sie noch nie zuvor gehört haben? Das in ihren Fachbüchern noch nicht mal erwähnt wird? Glaubst du nicht, dass ich mir schon den ganzen Tag darüber den Kopf zerbreche? Die ganze Woche? Glaubst du nicht, dass es mich umbringt, nicht zu wissen, was hier vor sich geht? Wir können uns nicht sicher sein. Es gibt keinen – keinen Präzedenzfall. So jemanden wie Grace hat es noch nie gegeben. Ich tappe hier vollkommen im Dunkeln, Isabel!«
Isabel stierte mich an; ich bemerkte, dass ihre Augen unter dem dunklen Make-up leicht gerötet waren. »Dann denk nach! Sei aktiv statt passiv. Überleg, woran dieser erste Wolf gestorben ist, statt Grace die ganze Zeit nur traurig anzustarren. Und was hast du dir eigentlich dabei gedacht, sie hierzubehalten? Mensch, ihre Eltern haben mir Nachrichten auf die Mailbox gesprochen, da gefriert einem das Blut in den Adern. Was meinst du, was passiert, wenn sie rausfinden, wo du wohnst, und hier auftauchen, während Cole sich verwandelt? Das wäre mal ein super Gesprächsaufhänger. Und wo wir gerade von Cole sprechen – weißt du eigentlich, wer er ist? Wo zum Teufel bist du mit deinem Kopf, Sam? Worauf wartest du?«
Ich drehte mich weg von ihr und verschränkte die Hände im Nacken. »Verdammt, Isabel. Was willst du eigentlich von mir? Was willst du?«
»Ich will, dass du erwachsen wirst«, fauchte sie. »Was hast du denn gedacht? Dass du einfach für immer und ewig im Buchladen arbeitest und mit Grace in deiner hübschen kleinen Traumwelt lebst? Beck ist nicht mehr da. Du bist jetzt Beck. Fang endlich an, dich wie ein
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