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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
Autoren: Willibald Alexis
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bezahlt, und wenn er nicht wollte, da ist das Stadtgericht! Das weiß ich ja von meiner Cousine. Heirathen oder bezahlen! sagten der Herr Präsident. Da hat er auch gezahlt jeden Ersten, der Herr Hoflackirer, und wenn's bis zum Dritten nicht da war, auf der Stelle Exekution, jeden Monat. Beim zweiten hat er sich gar nicht erst verklagen lassen. Gleich gezahlt, o 's ist ein sehr reputirlicher Herr, das muß man ihm nachsagen, und wenn's dritte kommt, wer weiß, ob sie dann nicht schon unter der Haube ist. Denn seine Alte wird's ja nicht mehr lange machen, die hat er nur mit dem Geschäft geheirathet. Und warum sollte er sie nicht ins Haus nehmen? Ist ja sein purer Profit. Er kommt viel wohlfeiler fort, als wenn er Alimente zahlen muß. Aber ein Begräbniß wird er seiner Alten ausrichten – na, da könnte sich mancher Geheimrath schämen. Nein, das muß man ihm nachsagen, lumpen lässt sich der Herr Hoflackirer nicht; ist ein sehr reputabler Herr. – Und, wie gesagt, hübsch war die Marianne, so blaß und schön, und das Kind, blutroth hat's wie 'ne Schnur um den Hals gehabt.«
    »Und meine Kinder hat sie mitgenommen. Die unschuldigen Würmer! Sie Person Sie!«
    »Aber Herr Geheimrath, ich weiß auch nicht, wie Sie mir vorkommen. Es ist ja nur, daß die Kinder es einmal gesehen haben. Das ist ja fürs ganze Leben. So was kriegen sie nicht wieder zu sehen. Es soll ja kein Mensch mehr hingerichtet werden.«
    »Wer hat Ihr das wieder vorgeschwatzt?«
    »Sie können's mir ganz gewiß glauben, Herr Geheimrath. Das ist die letzte Hinrichtung, hat der König gesagt. Und sie haben ihn beinah zwingen müssen, daß er nur die Feder in die Hand nahm. Die junge schöne Königin hat geweint. Und da hat er sie gefragt: Aber Louise, warum weinst Du denn? Denn unter sich sagen sie immer du! und es kommt Einer zum Andern, ohne daß die Kammerherren anklopfen und sie melden, und darüber ist die Hofmarschallin, die alte Gräfin Voß, ganz aufgebracht. Aber das thut nun nichts. Es wird Alles noch ganz anders werden, sagen sie; und gar nicht wie beim Dicken. Die Livreen werden auch anders. Und alle Menschen sollen Brüder sein, und alle Frauenzimmer Schwestern ...«
    Der Geheimrath intonirte, wie durch eine Erinnerung geweckt, plötzlich das Lied, indem er mit den Fingern auf dem Knie den Takt schlug:
     
    »Wir Menschen sind ja alle Brüder.
    Vereinigt durch ein heilig Band,
    Du Schwester mit dem Leinwandmieder,
    Du Bruder mit dem Ordensband!«
     
    Das Kindermädchen warf einen schlauen Blick: »Gestern hinterm Gitterfenster auf dem Hofe – da sangen's Herr Geheimrath viel lauter.«
    Die Erwähnung schien dem Geheimrath unangenehm: »Das versteht Sie nicht. Es ist allerdings gegen die Humanität, einen Menschen ums Leben zu bringen. Aber, wie gesagt, das versteht Sie noch nicht, und das ist nur unter uns, und wie sollten wir denn die Spitzbuben los werden und die atrocen Menschen. Laß Sie sich also so was nicht einbilden, und die Königin –«
    »Ja, Herr Geheimrath, die Königin, das weiß ich expreß von Jemand, der es weiß, vom Commissar die Köchin, die hat beim Doktor, der die Hoflakaien kurirt, vorher gedient, und da hat sie's von der Mamsell, die beim Hofmarschall ist, mit eigenen Ohren gehört, zum König hat sie's gesagt, die Königin, sie könnte ihm ja keinen Kuß geben, weil seine Hände voll Blut wären, und nur diesmal, hat er gesagt, hätte er's thun müssen, weil's eine Kindesmörderin wäre, nämlich von wegen des Beispiels, weil's sonst Alle thäten. Aber dann soll Keiner mehr geköpft werden, und dies ist das letzte Mal, und darum verdienten's wohl die Kinder, daß ich sie hinführte, denn es soll auch gar kein Blut mehr fließen, und kein Krieg mehr sein, auf der ganzen Welt nicht, und der König hat's gesagt.«
    »Aber sage Sie mal, Sie ist doch eine vernünftige Person« – der Hausherr war aufgestanden, um ihr zu beweisen, daß sie diesmal unvernünftig sei. Das ist überall eine schwierige Aufgabe, wo die Person, welcher man es beweisen will, sich für vernünftig hält. Sie musste überdem eine gute Royalistin sein; denn auf die Vorstellung des Geheimrathes, daß so etwas gar nicht in des Königs Macht stehe, ja nicht in des Kaisers, auch nicht in der Macht des großen Feldherrn und Konsuls der Franzosen, erklärte sie, wozu denn ein König wäre, wenn er das nicht mal könne! Der König könne aber noch weit mehr, wenn er nur wolle; es gäbe aber Personen, die viel klüger sein wollten, als der König,
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