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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
Autoren: Else Buschheuer
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gestört zu werden: »Hallo! Sie!« Ein dicker Mann mit Herren-Handgelenktasche tippt mich an und zeigt auf den Barhocker neben mir: »Sitzt hier jemand?« Das ist nun wirklich eine saudämliche Frage! Sitzt hier jemand? Die ist fast noch dämlicher als: Ist hier noch frei? Das sieht er doch, dieser rollende Arsch, dass da keiner sitzt!
    Ehe ich antworten kann, hat er sich schon draufgeastet und bestellt einen Dschuß = Juice = Saft. Ein Broiler also! Wie alle Adipösen riecht er leicht ranzig. Erst kürzlich habe ich gelesen, dass Fette nicht lange sitzen können. Sonst reiben sich die Schwarten wund. Mein Magen drückt von unten gegen mein Zäpfchen, aber ich bleibe höflich und frage, ob er nicht einen Stuhl weiter nach rechts rücken könne.
    »Warum?«
    »Ich brauche etwas mehr Platz!«
    »Aber hier war doch frei!«
    »Aber ich erwarte noch jemanden!«
    »Ach so! Na, sagen Sie das doch gleich, Jungefrau!«
    »Selber dumme Sau!«
    Schnaufend wechselt der Fette den Platz.
    Dietrich, der gerade ein Glas mit einem Geschirrtuch bearbeitet, wirft mir einen Blick zu.
    »Ich bin eben feinnervig«, flüstere ich entschuldigend. Dietrich lacht nicht. »Feun-Nervüg! Unfreundlich bist du! Vergraulst mir die Kundschaft! Das ist ein Geschäftsmann aus Rostock. Sehr solvent!«
    Wenn’s weiter nichts ist! Ich muss zwar jede Million zweimal umdrehen, aber solvent bin ich auch! Um Dietrich zu beschämen und weil ich eh schon lange kein Kleingeld mehr habe, schiebe ich ihm einen knisternden Hunderter hin. »Stimmt so!«, sage ich leutselig.
    »Hau bloß ab, doooh!«, ruft er mir nach, starrt den Schein an und murmelt: »Die Rückseite der Banknoten sollte man als Werbeflächen vermieten. Das entmystifiziert.«

4. Alles Schlampen außer Mutti
    Wochentags schlafe ich aus, rufe dann Fred an und bitte ihn, alle Termine abzusagen und die wichtigen Anrufe zu mir nach Hause umzuleiten. Es ist oft schon Mittag, wenn ich mit einem großen Topf schwarzen Kaffees und einem Headset in die Badewanne steige. Ich ziehe das Baden dem Duschen vor. Wie Winston Churchill schon sagte: Warum stehen, wenn man auch sitzen kann? Unteranderthalb Stunden fange ich gar nicht erst an. Das Headset, ein Kopfhörer mit angeschlossenem Mikrofon, ermöglicht das Telefonieren ohne Hände. Das ist der Kick: Nackt im Badeschaum sitzen, bis man verschrumpelt – und Millionendeals machen!
    Heute klingelt das Telefon ausnahmsweise nicht. Stattdessen erweist sich die Lektüre der BILD-Zeitung als sehr erbaulich: SACHSE IN LOS ANGELES ERSCHOSSEN – ER KONNTE KEIN ENGLISCH. Selber schuld, der Broiler! Warum fährt er nicht nach Limbach-Oberfrohna! Ich frottiere mich schlampig ab, schmeiße mich in meinen neuen Morgenmantel, reiße die Zeile raus und pinne sie an meine Kaminzimmerwand. Genau zwischen: ZU LAUT GESUNGEN – IMBISSBESUCHER MIT KEULE ERSCHLAGEN und DU SOLLST NICHT STINKEN IN DER S-BAHN: DAS 6. GEBOT SPALTET BERLIN. Dann aufs Bett und Fernseher an. Am liebsten bin ich zu Hause. Schließlich muss ja auch die 6000-Mark-Miete abgewohnt werden! Dann ist
Seinfeld -Zeit
.
Seinfeld
ist ein absolutes Muss. Ich bin hardcore addicted. Jerry Seinfeld findet ein Fungizid im Apothekenschrank seiner neuen Flamme und biegt im letzten Moment den Geschlechtsverkehr ab. Thema bei
Bärbel Schäfer:
»Hausfrauen fragen – Schwule antworten.« Ich verschlinge zirka 50 in Salzwasser gekochte Hühnerherzen aus der Gefriertruhe von Rewe. Dann simse ich Fred, dass ich später ins Büro komme.
    Höchstwahrscheinlich werde ich überhaupt nicht hingehen.
    Von der Straße dringt monströser Lärm nach oben. Berlin-Marathon oder so. Dietrich, der vor hundert Jahren zwei Semester Psychologie studiert hat, sagt, ich sei asozial, ich solle mal wieder unter Leute, »sonst wird das böse enden«. Ich habe mal drei Semester Medizin studiertund seither eine Keimphobie, die sich gewaschen hat. Unter! Leute! Das klingt schon so eklig! Misstrauisch werfe ich einen Blick vom Balkon. Unten herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Menschenmassen, Lautsprecher, überall Absperrungen. Polizei. Egal! Was soll’s! Ich lebe in einer großen Stadt. Und Ereignisse wie dieses gehören einfach dazu! Sicherheitshalber greife ich nach meinem Sagrotan-Spray und stecke es in die rechte Jackentasche. In der linken ist das Handy, denn ich gehe nie ohne Handy, nicht mal zum Briefkasten. Im Holster baumelt die Walther, zur Sicherheit. Derart gerüstet betrete ich den Lift.
    Für die Ouvertüre jedenfalls hat
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