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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
Autoren: Else Buschheuer
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Richtung. Man steckt nicht drin. »Der Broiler, Robert, das ist das Sinnbild für den Verfall der zeitgenössischen Kultur.« Robert schüttelt den Kopf und findet das »unzulässig verkürzt«. Er ist eben ein Fatzke. Festgefahren in seinen Gewohnheiten und vollkommen humorlos. Witze prallen an ihm ab wie an Supermans Cape. Frauen übrigens auch. In seine Wohnung lässt er mich nie rein, auch sonst keinen, und ich habe mit Dietrich zusammen schon oft gerätselt, warum. Irgendwo muss sie ja hin, Roberts Libido. Dietrich und ich haben die Theorie, dass Robert Krawollke, Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, nach Feierabend ein gefährlicherKiller ist. Schon des Namens wegen, der sich prima machen würde in einer Reihe mit Haarmann, dem Kopfab-Mörder, und der Bestie von Beelitz. Ein Killer, der heimlich auf Friedhöfen alte Frauen fängt, Ömchen. Solche mit adrettem weißem Dutt oder flauschiger Strickmütze, die dort mit ihren Gießkannen rumwuseln und Vatis Grab harken. Er betäubt die Ömchen, bringt sie nach Hause, schlachtet und filetiert sie. Ein Teil wird eingeweckt oder eingefroren, der Rest geräuchert. Dietrich malte in den schönsten Farben aus, wie Robert immer freitags auf dem Wochenmarkt am Wittenbergplatz steht, mit einem eigenen Stand und »Fangfrische Ömchen« ruft oder »Heute wieder Ömchen süßsauer«. Das ganze natürlich mindestens so laut wie Aale-Dieter vom Hamburger Fischmarkt.
    Dann geht plötzlich alles sehr schnell. Ich brülle:
    »Breeems!« Es quietscht, und mein Kopf ruckt heftig nach vorn.
    »Was is denn nuuu los!«, ruft Robert, nimmt den Fuß von der Bremse und tastet mit dem Zeigefinger, ob seine Lippe blutet.
    »Da! Siehst du? Da drüben! Ein Parkplatz!«
    »Du liebe Güte! Was soll denn das jetzt schon wieder?« Robert guckt wie jemand, der fest entschlossen ist, diesmal nicht nachzugeben. Er hat schon verschiedentlich Bekanntschaft mit meinem Parkzwang gemacht. »Bis zum Kino sind es noch mindestens zwei Kilometer!«
    »Park ein, sag ich!« Ich schreie und trample mit den Füßen. Robert fängt an, vor sich hin zu summen. Das macht er immer in Stunden der Not. Ich schüttele ihn so heftig, dass seine Brille auf der Nase tanzt. Der soll die Eier von einem Watussi abgebissen kriegen! Einen Augenblick kämpfe ich gegen den Impuls, das Kokosnuss-Wunderbäumchenvom Spiegel zu reißen und ihm in die Nase zu stopfen.
    »Weißt du was?«, ruft Robert und hält schützend die Hand vors Gesicht: »Du hast ’n Knall!« Er legt den Rückwärtsgang ein, fährt zurück und parkt ein.
    Ich bin plötzlich milde gestimmt. Ein Parkplatz! Meiner!

7. Tschüssi
    Der Abzug von der Hyundai-Fahrerin wird mir am nächsten Tag zusammen mit BILD und einer frisch gegrillten Ente vom Wienerwald per Boten geliefert. Ich zerre den toten Vogel noch im Flur aus dem Papier, reiße mit den Zähnen große Fleischstücke von den Knochen und verschlinge sie, hastig, bis zur Atemnot. Danach stopfe ich mir vier hart gekochte Ostereier von Rewe rein. Das Foto pinne ich an meine Kaminzimmerwand. BILD titelt: SEX MIT DEM ADOPTIVSOHN – NOBEL-PREISTRÄGER VERURTEILT. Dann
Seinfeld
gucken. Eine Bekannte sieht George nach dem Schwimmen nackt, und jetzt hat er Angst, dass sie ihrer Freundin, für die George heimlich schwärmt, erzählt, wie klein sein Schwanz ist. Das sah doch nur so aus, sagt George ängstlich zu Elaine, wegen des Schrumpfungsfaktors vom kalten Wasser, weiß doch jeder.
    Apropos kleine Schwänze. Ich rufe Dietrich an.
    »Was is jetzt mit Aids-Gala?«
    »Ach die! Wann denn?«
    »Morgen Abend.«
    Dann piept es im Hörer. Jemand klopft an. Eigentlich sollte jedem bekannt sein, dass ich um diese Zeit nichtrangehe. Jetzt kommt doch
Bärbel Schäfer
. Thema: »Ich kann schneller schmutzen als meine Putzfrau putzen.« Die Mehrheit der Menschheit kommt ohne Klopapier aus, und die Hälfte hat noch nie ein Telefonat geführt. Ich gehöre zur anderen Hälfte. Das Telefonieren ist ein unverzichtbarer Bestandteil meiner Arbeit. Die meisten Telefone bieten heute die Möglichkeit, anhand des Displays spontan zu entscheiden. Die Nummern der schlimmsten Nervensägen habe ich eingespeichert. Dann erscheint ein rot blinkendes
Danger
. Aber ich kann schließlich nicht für jeden Idioten einen Speicherplatz opfern. Für den Fall, dass ich also versehentlich rangehe, verfüge ich über einen Ausreden-Katalog. Die Stress-Variante: Genervt rufen: Wo bist du jetzt? Kann ich zurückrufen? Zack – auflegen! Das kann man
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